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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Lieder
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wieder hingefahren, hatte sich umgesehen und in jede Einfahrt gestarrt, als würde Freddy Krueger persönlich dort wohnen.
    Er fühlte sich schuldig am Verschwinden seines Kollegen, auch wenn das völliger Unsinn war.
    Später hatte er sich total betrunken und sich beim Zubettgehen dermaßen den Kopf am Bettpfosten gestoßen, dass er am nächsten Tag eine Riesenbeule am Hinterkopf hatte.
    Geschlafen hatte er nicht.
    Jetzt saß er am Schreibtisch, hatte seinen Kopf daraufgelegt und die Augen geschlossen.
    Dann setzte er sich ruckartig auf. Irgendjemand musste Schuster oder seinen Mazda doch gesehen haben! Niemand verschwand einfach so von der Bildfläche! Irgendwer hielt Schuster fest, aber wo und warum?
    Er nahm den Telefonhörer und wählte eine Nummer. »Ich würde gern einen Aufruf in Ihrer Abendsendung starten ...«
    Der Mann stand vor Schuster, in der Hand eine Flasche Wasser.
    »Möchten Sie diese Flasche Wasser, Heiner?« Er lachte. »Oh, ja, ich weiß, wie durstig Sie sind. Wissen Sie was, Heiner, ich gebe Ihnen die Flasche. Die ganze Flasche.« Er holte kurz aus und schlug Schuster halbherzig mit dem Handrücken ins Gesicht.
    Schusters Kopf flog etwas zur Seite, aber sofort hatte er wieder die Flasche im Visier.
    »Sie sind langweilig!« Der Mann stieß abfällig die Luft aus und wandte sich ab.
    Die Wasserflasche stellte er auf die Erde, genau neben Schusters rechten Fuß. »Genießen Sie Ihr Wasser.« Wieder lachte er und verschwand aus dem Zimmer.
    Schuster ruckte stöhnend auf seinem Stuhl hin und her. Mit dem rechten Fuß tippte er an die Flasche, bis sie umfiel. Es klirrte leise, und die Flasche rollte etwas zur Seite.
    Er sah ihr nach, verfolgte sie mit den Augen, bis sie still lag. Er fing an zu brüllen und zu schreien. Es klang nicht nach ihm, mehr hörte es sich nach einem wilden Tier an.
    Er sah allerdings auch nicht mehr aus wie er selbst. Seine schweißnassen Haare klebten ihm wirr am Kopf, seine Augen waren fiebrig-glasig mit tiefen Schatten darunter. Seine Lippen waren verkrustet, seine Wangen tief eingefallen.
    Schließlich warf er sich nach vorn. Der Stuhl kippte um.
    Mit der Nase zuerst landete Schuster auf dem Teppich, rollte sich zur Seite und schlug seine Stirn auf die Flasche. Diese rollte ein Stück von ihm weg, und er robbte hinterher.
    Das Wohnzimmer war mit mehreren dicken Teppichen ausgelegt, darunter hellbraune Terrazzo-Fliesen.
    Als die Wasserflasche vom Teppich kullerte, landete sie mit einem leisen »Pling« auf eben diesen Fliesen.
    Schuster setzte alles auf eine Karte: Er hob seine gefesselten Hände etwas an, sodass sie die Flasche am Hals greifen konnten. Und dann wälzte er sich herum, hob die Hände mit der Flasche darin an und schmetterte sie mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, auf den Boden.
    Es schepperte und klirrte und machte so ein Getöse, dass er wusste, dass der Mann es gehört haben musste.
    Schuster hatte also nur wenig Zeit. Er robbte zu der Wasserlache, die sich zwischen den einzelnen Glasscherben gebildet hatte und fing an, so viel Wasser wie möglich aufzulecken. Winzige Glasstückchen gerieten in seinen Mund, er spürte sie kaum. Dass er sich auch die rissigen Lippen an den Scherben aufschlitzte, interessierte ihn ebenso wenig.
    Als der Mann ins Zimmer trat, erblickte er Schuster bäuchlings auf den Fliesen, wie ein Hund die Wasserpfütze vom Boden leckend.
    Der Mann prügelte ihn windelweich, anschließend fasste er ihn unter die Arme und schleifte ihn ins Nebenzimmer.
    Dort lag Schuster jetzt auf seiner Matratze und lauschte der Stille. Er war merkwürdig klar bei Verstand. Vielleicht war das Fieber endlich zurückgegangen.
    Er hatte sich die Mundschleimhaut und die Speiseröhre mit den Glassplittern, die er geschluckt hatte, aufgeschlitzt. Aber sein Durst war nicht mehr ganz so schlimm wie sonst.
    Das war es wert gewesen.
    Sehr wahrscheinlich hatte der Mann ihm mindestens eine Rippe gebrochen, als er ihn getreten hatte. Sein Husten erinnerte ihn bei jedem Anfall daran.
    Er war überzeugt davon, dass er hier nicht mehr herauskommen würde. Aber dem Mann würde er es nicht leicht machen, das hatte er sich geschworen.
    Er stöhnte, als er versuchte, sich zu bewegen.
    Mit dem Gesicht voran fiel er auf die schmuddelige Matratze.
    Manchmal, wenn er wach lag – ob es Tag oder Nacht war, wusste er nicht –, dachte er darüber nach, sich einfach aus dieser Welt zu verabschieden. Er könnte sein Gesicht so lange auf die stinkende Matratze pressen,

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