Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
versah, hatte sie sich an seine Brust geworfen und drückte ihr Gesicht in seinen Pulli, an dem Dutzende von Katzenhaaren klebten.
»Sie ... weinen doch nicht etwa?« Es hatte fürsorglich klingen sollen, hörte sich aber wahrscheinlich nur verzweifelt und hilflos an. Er hatte keine Ahnung, wie er sich verhalten sollte. Etwas unbeholfen klopfte er ihr auf den Rücken, so wie man es bei einem Säugling macht, der ein Bäuerchen machen soll.
Sie schluchzte hemmungslos, dann machte sie sich wieder steif und blickte ihn entschuldigend an. »Schon wieder ... vorbei. Tut mir leid.«
Er blinzelte irritiert und zutiefst verunsichert.
Besser, er ließ den Bullen raushängen. Cool und ganz Herr der Lage. »Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, ihn endlich anzuzeigen?«
Bevor sie darauf antworten konnte, kam jemand die Treppe hoch.
Ein älterer, gut aussehender Herr blieb vor ihnen stehen. Er stutzte kurz, trat noch etwas näher und betrachtete Jana.
»Du hast ja geweint.«
Sie nickte.
»Was ist denn passiert?«
»Es ist ... wegen Lars.« Ihre Stimme kippte wieder etwas.
»Himmel noch mal, wann zeigst du den Kerl endlich an?«
Der Mann sah Schuster an. »Verzeihung, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt: Claas Meinert.«
Schuster nickte ihm zu. »Schuster. Heiner Schuster.«
»Claas ist mein Nachbar«, erklärte Jana mit leiser, noch etwas brüchiger Stimme. »Wir wohnen Tür an Tür.«
Schuster hatte das Gefühl, er könnte sie nun allein lassen.
»Ich bringe Ihren Exfreund zu den Kollegen. Ich habs satt, ihn dauernd hier vor Ihrer Tür einzusammeln.«
Jana nickte. »Sie haben ja recht, ich sollte ihn anzeigen.«
»Allerdings«, sagten Schuster und Meinert wie aus einem Mund. Sie musterten sich und lächelten.
Schuster verabschiedete sich und wollte zu seinem Wagen laufen, als Jana ihn an der Schulter berührte. »Warten Sie ... Ich wollte heute Abend etwas kochen. Darf ich Sie einladen? Claas kommt auch. Stimmt’s, Claas?« Sie drehte den Kopf und sah Meinert fragend an.
Der nickte. »Gern, wenn du mich einlädst.«
Er wandte sich an Schuster. »Jana kocht ausgezeichnet.«
Schuster suchte nach einer Ausrede, ihm fiel aber spontan keine ein.
»Um sieben?« Sie lächelte ihn an.
»Ich weiß nicht ...«
»Kommen Sie ... sagen Sie ja. Sie würden sich ein wunderbares Essen durch die Lappen gehen lassen«, sagte Meinert.
Schuster seufzte verhalten. »Also schön. Um sieben.«
Dann fiel ihm plötzlich Hektor ein. Hektor, der sehr wahrscheinlich noch wütender als wütend war, weil er seit einiger Zeit in diesen engen Korb gezwängt war.
»Gott, ich hab den Kater ganz vergessen ...«
»Welchen Kater?«, fragte Jana.
»Hektor. Ich muss ihn ins Tierheim bringen.« In wenigen Worten erklärte er, wer Hektor war und wie er an ihn geraten war.
Meinert schmunzelte und zwinkerte Jana zu. »Wolltest du dir nicht wieder eine Katze zulegen?«
Sie seufzte. »Schon ...«
»Die arme Katze müsste ins Tierheim.« Meinert gluckste, als er Janas Gesicht sah.
»Ich sollte vielleicht gleich sagen, dass Hektor ein etwas ... launischer Zeitgenosse ist«, warf Schuster ein. »Er will nur seine Ruhe, und wenn man ihm irgendwie auf die Nerven geht, kann er ziemlich unangenehm werden. Dann kratzt er schon mal.«
Meinert zuckte die Achseln. »Eine ganz normale Katze also.«
Schuster musste lachen. »So ganz normal wohl nicht.«
Jana seufzte leise. »Na schön, ich werde ihn mir ansehen.«
Schuster seufzte ebenfalls, wenn auch aus anderem Grund.
Auf dem Revier lief Schuster als Erstes hinunter zum Doc. Es wäre zwecklos, so zu tun, als würde er nicht an das Waschbecken denken. Seitdem er Kohlhardt in sein Auto verfrachtet hatte, hatte er an nichts anderes gedacht.
Stello stand am Mikroskop.
»Tag, Doc.«
Stello fuhr mächtig zusammen. »Gott, irgendwann bescherst du mir noch einen Herzinfarkt!«
»Entschuldige.« Schuster blieb in der Tür stehen. Er blickte nach links zum Waschbecken. Es glänzte und funkelte.
»Kann ich mir mal die Hände waschen?«
Stello drehte sich verwundert um. »Ist euer Bad geschlossen?«
Schuster schwitzte etwas. »N...nein, aber ich ... ich würde sie gern desinfizieren, du weißt schon ...«
»Von mir aus.« Stello sah wieder in sein Mikroskop, murmelte irgendwas und kritzelte auf einen Block. »Wo du schon mal da bist: Ich hab das Ergebnis der Haarprobe.«
»Das ging aber fix.« Schuster sah Stello abwartend an.
»Negativ.«
»Verdammt.« Kohlhardt konnte also nicht der
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