Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
Hemden machen?«, fragte Lahm spitz. »Sie standen dir so gut.«
Schuster warf ihm einen finsteren Blick zu. Dann straffte er sich. Zum Teufel, er war lange genug nachtragend gewesen. Lahm würde sich nicht ändern, aber er selbst könnte es wenigstens versuchen. »Wenn du welche haben möchtest ...«
Dabei grinste er seinen Kollegen an.
Der blinzelte etwas verblüfft, dann musste auch er grinsen.
»Und keine Mützen mehr?«, fragte Grätsch schmunzelnd.
»Man soll nie ›nie‹ sagen.«
Am Nachmittag standen Schuster und Lahm in der Schießhalle.
Lahm setzte seine Ohrschützer auf und legte an.
»Donnerwetter!«, staunte Schuster. »Nicht schlecht für einen Kriminalhauptkommissar.«
Er hatte lästern wollen, und er wunderte sich selbst. Vielleicht lag es an seinem neuen Outfit. Er hatte sich äußerlich verändert, und offenbar war es ihm gelungen, dabei auch ein paar schlechte Eigenschaften abzustreifen.
Er stülpte seine Schützer auf und schoss ebenfalls dreimal hintereinander. Nicht ganz so gut wie sein Kollege eben, aber ganz passabel.
Lahm legte wieder an – und traf.
Sein Gesicht war steinern.
Dann schoss Schuster wieder und nickte zufrieden. Gar nicht übel.
Lahm steckte seine Waffe ein und ging ohne ein weiteres Wort hinaus.
Schuster lief gemütlich hinter ihm her.
Sein Kollege blieb abrupt stehen.
»Deine verdammte gute Laune geht mir auf den Geist!«, pflaumte er ihn an. »Ich hatte einen Scheißtag, eine Scheißnacht, und dieser Tag fängt nicht viel besser an!« Damit rannte er weiter.
Schuster folgte ihm. »Was ist passiert?«
Wieder bremste Lahm scharf ab, sah seinen Kollegen dann eine Weile nachdenklich an.
Schuster rutschte das Herz in die Kniekehle. Hatte er irgendwas ausgefressen? Musste sein Kollege etwas ausbaden, das eigentlich auf seine Kappe ging?
Manchmal passierte es, dass einer sich für etwas anpfeifen lassen musste, was er selbst nicht verbockt hatte. Und meistens stellte man sich als Blitzableiter zur Verfügung. Es war nicht selten vorgekommen, dass zum Beispiel Staatsanwalt Südmersen seinen Unmut an jemandem ausließ, der ihm zufällig über den Weg lief. Man blieb stehen, ließ die Schimpftirade über sich ergehen, versprach Besserung und ging seiner Wege. Südmersen war ein weitaus umgänglicherer Zeitgenosse, wenn er ordentlich Dampf abgelassen hatte, egal wen es gerade traf. Und die Kollegen hatten sich allesamt angewöhnt, ihn anzulächeln und ihre Ohren auf Durchzug zu stellen.
Um ehrlich zu sein, Schuster hatte es bisher herzlich wenig ausgemacht, dass sein Kollege Lahm eventuell etwas ausbaden musste, das er selbst verbockt hatte. Dass es ihm heute nicht egal war, verblüffte ihn selbst am meisten.
Florian Lahm betrachtete Schuster noch immer. Schließlich seufzte er. »Meine Freundin hat mich verlassen. Sie hat gesagt, ich wäre nicht beziehungsfähig und so. Und dass es keine Frau länger als drei Monate mit mir aushalten würde.«
»Drei Monate?« Schuster biss sich sofort auf die Lippen.
Lahm warf ihm einen vielsagenden Blick zu.
»Tschuldigung.« Schuster versuchte ein zerknirschtes Grinsen.
»Sie sagt, ich wäre mit meinem Job verheiratet und hätte gar kein Interesse an einer ernsthaften Beziehung. Das ist aber völliger Blödsinn!«
Lahm wollte abwinken, besann sich dann aber offenbar anders. »Alles, was ich will, ist eine ernsthafte Beziehung.« Er seufzte. »Ach, warum erzähle ich dir das alles?«
Schuster grinste. »Du meinst, ich hab selbst genug Probleme mit den Frauen, was? Stimmt. Das hab ich. Ich hab meine Ehe nicht auf die Reihe gekriegt. Ich hab Probleme nicht nur mit den Frauen, sondern auch mit mir selbst, das wolltest du doch sagen?«
Lahm blickte etwas betreten zu Boden. »Steht dir übrigens ziemlich gut, dein neuer Look«, murmelte er dann.
»Danke.« Schuster wusste, dass es aufrichtig gemeint war. Sein Kollege hatte noch nie irgendetwas Nettes zu ihm gesagt. Das hier war eine Premiere.
»Weißt du was? Ich denke gar nicht daran, meinen ganz privaten Traum von einer glücklichen Beziehung aufzugeben.«
Als er es ausgesprochen hatte, war er selbst überrascht.
Er stutzte und kratzte sich verwundert am Kopf. »Tja, sieht so aus, als hätte ich mich gerade selbst ertappt.«
Lahm sah ihn verwirrt an. »Wobei?«
»Bei einem Eingeständnis.« Das musste reichen.
Bereits auf dem Flur hörte er sein Telefon.
Er stürzte durch die Tür und riss den Hörer von der Gabel.
»Ich bin’s«, sagte eine
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