Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)
Speicher steht, abgekoppelt. Zwei Arbeiter mit qualmenden Kippen im Mundwinkel laden Schläuche und Helme aus einem uralten Ford-Bus. Beide tragen den gleichen weißen Overall wie der Kerl mit den Dreadlocks. Ein giftgrünes Logo auf dem Laster zeigt drei Buchstaben: « KSD ». Darunter steht in Großbuchstaben «Kietzel Sandstrahlarbeiten Dresden».
«Śpiesz się Tommasz. I przynieś wąż!»
Außer Tomasz verstehe ich kein Wort von dem, was da aus dem Walkie-Talkie krächzt. Das kleine Funkgerät baumelt an einer Kordel um seinen Hals, als er im Laderaum des Lkw verschwindet.
Rainer taucht neben mir auf: «Kurwa, Tomasz! Nicht diesen! Den Luftschlauch sollst du mitnehmen!» Dann dreht er sich lachend zu mir: «Der versteht manchmal seine eigene Muttersprache nich.» Dabei gibt er Tomasz einen Klaps auf den Arm.
Peter kommt mit einem hochgewachsenen, kräftigen Herrn aus dem Haupteingang. Der Mann trägt Bluejeans und ein weißes Jackett mit Camp-David-Emblem auf der Brusttasche.
«Das ist Nick, mein, äh, Assistent», stellt Peter mich vor.
«Hallo, Volker Kietzel.»
Das ist also der Boss. Jetzt weiß ich auch, wem der 911 er gehört. Dafür hätte mir nicht einmal das dezente Porsche-Logo auf seiner aerodynamischen Brille auffallen müssen.
«Wir müssen mal eben ein bisschen Platz schaffen in der Einheit fünf am Ostgiebel, für die Kessel und den Sand von Volker. Räum ma alles in eine Ecke und deck dat gut ab mit Plane. Dat wird ’n bisschen staubig heute. Ne, Volker?»
Mal eben ein bisschen Platz schaffen? Jaja, Peter! Wie stellt der sich das vor? Die Wohneinheit fünf im Erdgeschoss steht voll. Die noch nicht eingebauten Fensterrahmen lehnen an der Mauer zur Wasserseite. Wo ich sie auch stehen lassen werde. Holzbretter und -reste liegen überall verstreut herum. Auch noch okay. Da wären eben bloß noch die 30 -Kilo-Konsolen für die Balkone, die sich mitten im Raum zu einem Berg türmen. Das ist das Problem.
Als ich gerade beginne, die Konsolen in die Ecke zu den Fensterrahmen zu tragen, rollt auch schon der Lieferant für den Strahlsand an. Palettenweise lädt er die 25 -Kilo-Säcke vor den Eingang am Ostgiebel. Rainer überwacht das Ganze in seinem Raumanzug, kratzt sich an den Dreadlocks und zündet sich eine Kippe an.
Am Lkw von Kietzel mühen sich derweil Rainers Kollegen – inzwischen habe ich erfahren, dass sie Adam und Pawel heißen – mit den Kesseln ab. Mit ganzer Kraft rollen sie die schweren Geräte auf die Laderampe und ziehen sie langsam über die unebene Fläche ins Hauptgebäude.
«Aaahhh, Kurwa!», flucht Pawel als sie vor dem Eingang an die Stufe stoßen.
«Soll ich helfen?», frage ich, aber Pawel guckt mich nur blöde an.
«Ja, bitte», antwortet mir dafür Adam höflich. «Entschuldige, der kann kein Deutsch.»
Deswegen muss er mich ja trotzdem nicht so dumm-grimmig anglotzen. Wir bugsieren das Ding zu dritt ins Innere.
«Da ist noch Strahlsand vom letzten Mal drin, deshalb ist der so schwer», erklärt Adam, «aber der zweite Kessel ist leer, den schaffen wir alleine. Danke.»
Der Berg aus Konsolen lichtet sich langsam. Zum Glück sind die Fenster hier noch nicht eingebaut, und so bringt der über das Wasser hereinwehende Wind angenehme Abkühlung.
Das hohe Arbeitstempo der Truppe aus Dresden ist beeindruckend, verglichen mit all den anderen Firmen der letzten Monate. Aus dem dritten Stock werden bereits die Schläuche abgeseilt, wo Adam und Pawel sie direkt mit den Kesseln verbinden.
Zu meiner Überraschung erblicke ich Volker am Fenster, wie er mit kräftigen Bewegungen die Schläuche nach unten lässt. Aha, der Porsche fahrende Chef packt also mit an. Er trägt jetzt Arbeitskleidung und hat sich ein Tuch um den Kopf gebunden.
Als ich dazustoße, steht Volker vor dem Kompressor und füllt den Tank aus einem dieser olivgrünen Benzinkanister, die ich eigentlich nur aus Kriegsfilmen kenne, wo sie meistens hinten an den offenen Militär-Jeeps hängen. Dazu passend fällt mir jetzt erst auf, dass auf seinem Kopftuch die amerikanische Flagge prangt.
Adam und Pawel tragen Sandsäcke herein und füllen damit die Kessel. Ich bin neugierig und halte kurz die Hand in den herausfließenden Sand. Grobe, schwarze Körner stauen sich in meiner Handfläche. Sie schimmern wie Kohle im hereinfallenden Sonnenlicht.
«Ganz schön grobkörnig, oder?», frage ich Adam.
«Ja, das ist ein Millimeter. Wir strahlen heute nur Stahl, dafür brauchste das.»
Während wir
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