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Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)

Titel: Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Grünke
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bisschen Glas. Aber weißte wat, die Scheiße kommt aus Spanien, und man kann so ’n Teil auch nur da wieder bestellen. Dat Scheiß Ding kostet mit Transport fast 10 000  Euro!»
    «Was? Ist ja unglaublich. Wieso stellt man nicht Laternen von einer deutschen Firma auf?» Das frage ich mich bis heute.

    Eine Woche später. Es ist das erste Mal, dass ich in Hans’ weißem Mercedes mitfahre. Wir transportieren Stahlträger.
    Früher im Münsterland, wo ich aufgewachsen bin, haben wir uns immer über die Niederländer lustig gemacht, die in der Sperrmüllwoche zu Hunderten mit Bullis und Kleinlastern durch die Wohngebiete fuhren und alles mitnahmen, was auch nur ein Fünkchen Metall an sich hatte. Vor allem Kühlschränke, Fahrräder und Kabel häuften sich auf den Ladeflächen.
    25  Jahre später sitze ich nun hier und fahre Metall zum Schrottplatz. Nur dass die ganze Angelegenheit etwas professioneller wirkt, in Hans’ blitzeblankem Sprinter mit den mächtigen Stahlträgern im Gepäck. Die kleinen Stücke haben wir in den Bus gehievt, die langen liegen gestapelt auf dem Anhänger, den wir hinter uns herziehen. Neukölln kommt näher, wenn auch ganz langsam, denn wegen der immensen Last fährt Hans nicht schneller als 40  Stundenkilometer.
    Peter hatte die Träger im Winter eigenhändig rausgeschnitten, und seitdem lagen sie monatelang auf der Baustelle rum. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass dieses abgeflexte Eisen bares Geld bedeutet. Für mich war das einfach nur Abfall für den Container. Bis Hans eines Tages meinte, ich solle Peter mal fragen, ob wir den Stahl abfahren können. Da würde was bei rausspringen.
    Peter war’s egal. Alle paar Wochen kam ein seltsamer Kerl vorbei, der alle herumliegenden Metallreste einsammelte. Und ob der die Träger nun wegbringen würde oder wir: Hauptsache, die Dinger waren endlich verschwunden. Als Arbeitszeit würde er uns den kleinen Ausflug aber nicht anrechnen. Also Feierabend um 12  Uhr, und dann los.
    «Mittach können wir nich machen. Der Schrottplatz macht um halb fünf zu, wir schaffen dat sonst nich. Gleich ’ne Stulle unterwegs, dat muss reichen.»
    Ich stutze kurz, aber dann fällt mir ein, dass wir die ganze Aktion ja zweimal durchziehen müssen. Der Rest der Stahlträger liegt noch oben im vierten Stock. Deshalb wird es zweifellos knapp, alles rechtzeitig abzuliefern. Und wie wir die schweren Kolosse von da oben runterkriegen, ist mir zu diesem Zeitpunkt auch noch ein Rätsel.
    Hans hingegen ist wie immer zuversichtlich.
    «Gibt’s was Neues vom Flughafen?»
    «Ach, ich hab jetz gelesen, dass der sogar erst im Sommer 2013 fertig werden soll. Aber wahrscheinlich brauchen die noch viel länger, diese Idioten.»
    «Ja, Hans, das könnte gut sein. Diese Inkompetenz ist wirklich unglaublich!»
    «Ich kenn da ’n paar Firmen, weißte, die zocken da alle ab! Da sind so viele Bauleiter und Verantwortliche, da kriegt keiner wat mit. Niemand weiß, wat da wirklich verbaut wird und so.»
    «Und ich hatte mich schon gefreut, dieses Jahr endlich mal einen anständigen Berliner Flughafen zu erleben.»
    Wir passieren das Hotel Estrel und biegen kurz vor der S-Bahn-Station Sonnenallee rechts ab. Welch seltsame Lage für ein Fünf-Sterne-Hotel, so am Rande von Neukölln und nur wenige hundert Meter von einem Schrottplatz entfernt.
    Hinterm Tor fahren wir direkt auf eine riesige Metallwaage auf dem Boden. Überall türmen sich Metallreste in mehreren Buchten. Ein kleiner Gabelstapler hat einen Haufen Kabelwirrwarr aufgeladen und wird von seinem Fahrer in Schlangenlinien über den Platz gejagt. Jeder hier auf dem Gelände ist ausnahmslos mit schwarzem Metalldreck verschmiert. Hände, Gesichter, Arbeitskleidung, alles trieft vor Schmutz. Die gesamte Szenerie wirkt irgendwie zwielichtig.
    Wir steigen aus und gehen zu der zusammengezimmerten Bude neben der Waage. Hinter einer kleinen rechteckigen Fensterscheibe sitzt ein unglaublich fetter Kerl im Blaumann, pafft eine stinkende Zigarre und guckt verschlagen aus der Wäsche.
    Hans tritt an das schäbige Häuschen.
    «Wir haben sauberen Stahl drauf.»
    Er hatte mir vorher schon erklärt, dass die Träger vom Speicher allerbeste Qualität hätten und wir deshalb einen guten Preis erzielen würden. Oder wie er es formuliert: «Die sind echt Asche wert.»
    «Hier», ist alles was der Typ sagt und schiebt einen fleckigen Zettel durch den Schlitz unter seinem Fenster. Offenbar hat der Fette da irgendeine Zahl

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