Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)
ausnahmsweise nicht nachfragen. Ich habe als Student häufig auf Messen gejobbt, und da sind die Teile ständig in Gebrauch. Gemeint ist schlichtweg eine kleine Holzplatte mit vier Rädern, auf der man schwere Gegenstände schieben kann.
Wir heben drei Stahlträger nacheinander auf die Hunde und schieben sie vorsichtig bis zur Fensteröffnung im Treppenhaus. Hans hat dort zwei Bohlen übereinandergelegt und sie ein Stück aus dem Fenster geschoben. Damit sie vorne nicht rauskippen, hat er sie mit zwei Baustützen an der Kappendecke verkeilt.
Obwohl Hans wie immer grenzenlose Zuversicht ausstrahlt, ist mir nicht wohl bei der Sache. Die Stahlteile wiegen locker 150 Kilo, und ich sehe uns schon samt Bohlen und Trägern aus dem Fenster segeln.
«Meinst du, das hält, Hans? Nicht, dass wir da runterknallen?»
«Klar, dat geht. Wir müssen nur aufpassen, dat da unten keiner steht. Dat wär schlecht.»
Heute ist Freitag, das heißt, Rainer und die Jungs sind schon auf dem Heimweg nach Dresden. Peter macht Papierkram in seiner Hütte.
«Was macht Richie?»
«Der mauert auf der Wasserseite die Löcher in der Wand zu. Aber geh ma besser runter und guck, dat da keiner rumläuft. Da ham wa echt ’n Problem, wenn dat einer auf die Birne kriegt. Heb mit mir die Träger auf die Bohlen, den Rest kann ich schieben.»
15 Minuten später stehe ich unten und blicke hoch zu Hans. Der hat einen Fuß auf die Fensterbank gestellt und zieht einen der Stahlträger über das Holz. Dieses gewaltige Stück Eisen ragt jetzt einen guten halben Meter über die Kante, und ich hoffe inständig, dass Hans mit dem Ding nicht vorne rüber kippt.
Angstschweiß steht mir auf der Stirn. Ich kann das kaum mit ansehen.
« ALLES FREI , NICK ?», brüllt Hans.
« JA ! OKAY ! JETZT !»
Er packt den Träger am hinteren Ende und katapultiert ihn weg von der Hauswand. In hohem Bogen fliegt das Eisen lautlos durch die Luft und taucht Sekunden später mit einem dumpfen Schlag in den Sand ein.
An die Hauswand hatte ich überhaupt nicht gedacht. Wenn der Träger da irgendwo einschlägt, brechen ganze Stücke raus. Und dann wäre hier die Hölle los! Unser cholerischer Leprechaun würde sich wie Rumpelstilzchen in der Luft zerreißen.
« OKAY ! JETZT !»
Und schon fliegt der zweite Koloss durch die Luft. Er bohrt sich senkrecht in den Sand und kippt dann in Zeitlupe um. Hans stößt auch den dritten mit unglaublicher Kraft heraus. Wieder schwingt das Eisen geräuschlos durch die Luft, nur diesmal gibt es unten einen fürchterlichen Knall, der einem durch alle Glieder fährt. Es scheppert mir in den Ohren. Metall auf Metall! Hans hat einen der beiden schon am Boden liegenden Träger getroffen.
« VOLLTREFFER , JAWOLL !», schallt es stolz von oben herab.
Noch drei weitere Stahlteile sausen herab. Alles geht gut, und ich bin begeistert von Hans’ Pragmatismus. Wie sehr hätte ich mir so jemanden manchmal in der Kunstwelt gewünscht, wo ständig abgewogen und gezweifelt wird. Wie erfrischend, Hans zu sehen, der nicht lange zaudert, sondern anpackt.
Wir haben gerade den letzten Träger auf den Anhänger gestemmt und ich bin am Ende meiner Kräfte, da kommt die Fliegenschmidt-Pritsche angefahren.
Ich bedeute dem Fahrer, sein Fenster runterzukurbeln.
«Wird aber auch Zeit. Was war denn los?»
«Is nie bezahlt worden, Mann. Wir ham noch nicht einen Pfennig gesehn. Mein Chef hat geschrieben, aber nie ’ne Antwort gekriegt. Ich soll dat Ding nur abholen und den Rest weiß ich nich.»
Warum macht Peter das? Ich glaube, dieses blöde Klohäuschen kostet zehn Euro pro Monat, also wo ist das Problem?
Stunden später streife ich mir meine verdreckten Arbeitsklamotten ab und setze mich nur in Unterhose mit einem kühlen Bier auf den Balkon. Zufrieden schaue ich auf den Tisch, wo in zerknüllten Scheinen 490 Euro liegen. Hans und dem Stahl sei Dank.
Die Hyatt-Whiskybar kann kommen.
Ein Jazz-Quartett spielt Duke Ellingtons
In a sentimental mood
in dezenter Lautstärke.
«Dinieren Sie heute Abend?», fragt mich die Dame am Empfang.
«Nein. Die Bar, bitte.»
Die reizende, wohlduftende Frau führt mich hinein.
«Kann ich Ihnen das Jackett abnehmen?»
Ich deute ein Kopfschütteln an und sage zum Tusch der Becken: «Danke.»
Ich sehe Sophie und Sasha schon von weitem. Sie sitzen ganz am Ende der Bar, vor dieser beeindruckenden Wand aus Spiegeln und Dutzenden Whiskyflaschen.
Wir umarmen uns herzlich.
«So wonderful to see you again,
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