Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)
draufgekritzelt.
Den Wisch reichen wir direkt weiter an den Gauner, der schon dicht hinter uns wartet. Mit seinen verdreckten Händen grapscht er nach dem Papier und nuschelt: «Ladet dat Zeuch da hinten in Bucht drei ab. Und dann kommter wieder her.»
Mir ist das alles nicht geheuer. Als wir wieder ins Auto steigen, frage ich Hans: «Ey, wieso können wir die Anzeige der Waage denn nicht sehen? Der Dicke kann ja sonst was eingetragen haben. Ist ja vollkommen undurchsichtig. Und die Typen hier sehen alle aus, als wären sie gerade aus dem Knast gekommen.»
«Kannste nix machen. Is halt so. Jeder bescheißt hier jeden. Früher hatt ich immer ’nen vollen Wassertank im Auto. Den ham die Idioten mitgewogen und beim Abladen hab ich das Wasser dann heimlich rauslaufen lassen. Hat nie einer gemerkt, und ich hatte immer einige Kilo extra. Bares Geld, weißte.»
Erst laden wir den Bus aus, und dann sind die schweren Stahlträger dran, die wir gemeinsam aus dem Anhänger heben und dann mit großem Schwung nach und nach auf einen Haufen schmeißen. Dann zurück auf die Waage.
Der Gabelstaplerfahrer macht gerade Pause, steht rauchend in einer Ecke voller Mülltonen und schielt niederträchtig zu uns rüber. Seine dünnen Haare kleben fettig an der Kopfhaut und glänzen im Sonnenlicht. Der Schrottplatz mit diesen schaurigen Gestalten könnte auch einem Horrorfilm entsprungen sein. Fehlt nur noch ein durchgeknallter Hinterwäldler mit Schrotflinte, der uns in seinen Keller lockt. Gerade stelle ich mir Hans vor, wie er mich in Schwarzenegger-Manier heldenhaft aus den Fängen der irren Killer befreit, da ertönt wieder die Stimme vom Fettsack: «Hier.»
Der Zettel wandert wieder durch den Schlitz und Hans nickt.
Auf einem vergilbten Plastikteller wird uns das Geld hingestellt. Der aufgedunsene Typ hinter der Plastikscheibe verzieht seinen Mund zu einem verlogenen Lächeln. Er hat kaum noch Zähne im Mund, und der kümmerliche Rest sind schwarze Stumpen. Was für ein Scheusal!
Der grässliche Anblick ist jedoch schnell passé, als Hans neben mir das Bündel Scheine aufteilt. 300 Euro für jeden!
«Wow! So ein Batzen für nicht mal zwei Stunden Arbeitsaufwand. Kein schlechter Stundenlohn!»
«Hab ich ja gesagt. Und die zweite Fuhre wird ähnlich. Kannste dir ’n schönes Wochenende machen. Ordentlich innen Puff gehen oder so.»
«Puff, äh, lass ma, aber ein schönes Wochenende mache ich mir auf jeden Fall.»
Wir sitzen wieder im Bus auf dem Weg zurück zur Baustelle. Das Geld kann ich wirklich gut gebrauchen: Am Wochenende kommen Freunde aus London, und die Whisky-Bar im Hyatt steht mal wieder auf dem Programm. Das ist immer eine wunderbare, aber kostspielige Sache. Was die Preise angeht, gibt es dort nach oben kein Limit. Ein Gläschen vom ältesten Whisky aus dem Jahr 1890 kostet bloß schlappe 500 Euro.
Hans reißt mich aus meinen Gedanken: «Viele Ausländer hier, ne? Überall Araber und Türken.»
«Ja, sicher.»
«Hier in der Stadt is dat normal. Bei uns draußen, da findeste keine Ausländer. Dat gibts da nich. Hab ich dir eigentlich ma erzählt, dat ich Bodyguard war von so ’nem rechten Politiker?»
«Nein, das wusste ich nicht. Aber du warst da nicht in der Szene oder so was?»
«Ach wat, war einfach ’n gut bezahlter Job, sonst nix. Aber ich war da öfters bei so Versammlungen dabei. Die ham da schon ’n paar korrekte Sachen erzählt, aber dat ganze radikale Zeug, dat is nix für mich. Sind eh zum Kotzen, die ganzen Nazi-Idioten. Brüllen hier ‹Scheiß Ausländer› und fliegen dann nach Thailand und ficken die jungen Mädchen. Da isses dann egal, ob dat Schlitzaugen sind.»
Ich weiß nicht, was ich erwidern soll. Da entfährt mir unwillkürlich ein «So is dat wohl», und ich erschrecke ein wenig vor mir selbst.
«Weißte, mit Jimmy und Konsorten, dat war dat erste Mal, dat ich mit Ausländern so Hand in Hand gearbeitet hab. Und hat ja geklappt, ne! Ach, Probleme haste eh überall, egal ob mit Arabern, Russen oder Deutschen. Am liebsten arbeite ich ganz alleine, da geht dir keiner auf die Eier.»
Wir liegen gut in der Zeit. Auto und Anhänger stehen schon wieder ladebereit vor dem Speicher, und wir begutachten die Lage im vierten Stock.
«Ist ganz einfach, Nick. Du holst von unten die zwei Hunde aus dem Sprinter, und ich bau hier ’ne kleine Rampe. Dann ziehen wir die Träger vors Fenster und schmeißen sie runter in den Sand.»
Hm, ob das so funktioniert? Was Hunde sind, muss ich
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