Schutzlos: Thriller (German Edition)
mich zukommen. In Kürze würde er unter mir durchkommen und auf den Dulles Tollway abbiegen. Ich kniff die Augen zusammen und spähte nach dem Nummernschild. Ich erhaschte einen raschen Blick auf Zagaews bärtiges, ernstes Gesicht – er war es, Freddy hatte mir sein Bild aufs Handy geladen. Sonst schien niemand im Wagen zu sein.
Ich bin nicht für spontane, geschweige denn überstürzte Entscheidungen bekannt. Aber manchmal muss man als Spieler eine kühne Wahl treffen. Ich drehte mich um und rannte los.
50
»Eine Kürbisbombe, Corte. Sie haben ja doch Humor, egal was alle sagen.« Freddy trat mit dem Fuß nach einem Stück der zermatschten Frucht. »Er äußert sich bei Ihnen nur anders als bei den meisten Leuten.«
Zwei FBI-Fahrzeuge standen in der Unterführung, sie hatten Zagaews gelb-orange verschmierten BMW in die Zange genommen. Dessen Windschutzscheibe sah scheußlich aus, war ansonsten aber intakt; die Leute in München bauen ein solides Gefährt.
Da eine herkömmliche Festnahme wegen der Gefahr, dass Zagaew Loving warnte, nicht in Frage kam, hatte ich beschlossen,
ihn selbst zu stoppen. Ich hatte einen reifen Kürbis von dem Obst- und Gemüsestand am Straßenrand erstanden, und als Zagaew unter mir durchraste, mitten auf die Windschutzscheibe fallen lassen. Dann war ich mit gezogener Waffe die Böschung hinuntergerutscht und hatte ihn aus dem Wagen gezogen. Er war vollkommen verdattert gewesen, aber unverletzt. Eine rasche Überprüfung des Telefons hatte ergeben, dass er in den letzten fünf Minuten niemanden angerufen und keine SMS verschickt hatte.
Ich war mir ziemlich sicher, dass weder Loving noch der Partner in der Nähe waren, aber sicherheitshalber fragte ich bei Freddy nach, ob ihnen ein zweites Fahrzeug aufgefallen war.
»Nein. Er war allein.«
»Wer sind Sie?«, beschwerte sich Zagaew mit leichtem Akzent. »Warum tun Sie das? Sehen Sie sich mein Auto an! Es ist ruiniert.«
Seine Klagen interessierten mich nicht. Ich war noch ganz außer Puste von dem Sprint mit meinem Fünfundzwanzig-Pfund-Projektil.
Ein weiterer Agent hatte den Kofferraum des BMW durchsucht und die Waffenladung begutachtet. »Nichts Spektakuläres«, berichtete er. »Überteuerte M4s aus Russland mit wie von Zauberhand verschwundenen Seriennummern. Und ein paar Berettas 9-mm mit Nummern. Sie sind gestohlen, wer hätte es gedacht. Eine Menge Munition. Keine Knallkörper.« Er lud das ganze Zeug in den Kofferraum von Freddys Wagen um.
»Ich will meinen Anwalt sprechen.«
Ich ignorierte den Mann weiter und fragte Freddy: »Wo kann man sich hier in der Nähe ungestört unterhalten?«
In der Gegend von Washington D. C. sind Dutzende von Polizei- und Sicherheitsorganisationen beheimatet, manche so öffentlich und sichtbar wie die CIA, andere mehr oder weniger anonym wie unsere und wieder andere so anonym, dass sie nicht
existieren. Wie Williams’. Aber eins haben sie alle gemeinsam. Sie brauchen Einrichtungen – Gebäude, aus denen heraus sie operieren, genau wie Versicherungsagenturen oder Software-Start-ups. Viele selbst der geheimsten mieten Räume in Bürobauten in und um Tysons Corner, wo wir jetzt waren. Es gibt reichlich Überkapazitäten, und deshalb viele billige Mietangebote. Spart das Geld der Steuerzahler.
Davon abgesehen gibt es in der Gegend reichlich Clyde’s, Starbucks und Arigato Sushi. Auch Spione brauchen ihre Gastronomieketten, wie alle anderen.
Freddy dachte einen Moment nach, dann drehte er sich um und nickte in Richtung eines langweiligen weißen Bürogebäudes auf der anderen Seite des Tollways, nur zweihundert Meter entfernt.
»Sehr praktisch«, sagte ich. »Haben Sie eine Kapuze?«
Der Agent brachte eine zum Vorschein.
»Nein, nein«, entrüstete sich Zagaew. »Das können Sie nicht machen. Ich bin ein Bürger.«
Ich zog ihm die Kapuze über den Kopf und dirigierte ihn auf den Rücksitz von Freddys Wagen. Ein anderer Agent nahm neben ihm Platz und fragte: »Bekommen Sie genügend Luft?«
»Ihr Scheißkerle«, rief er. »Arschlöcher. Das dürft ihr nicht. Ich will sofort meinen Anwalt sehen.«
Ich drehte mich zu Freddy um. »Er bekommt genügend Luft.«
Eine halbe Stunde später hatte ich die Sicherheitskontrollen in dem Gebäude passiert, auf das Freddy gezeigt hatte. Es gehörte, wie sich herausstellte, einer der öffentlicheren Bundesorganisationen. Weshalb man, wie die FBI-Agenten erklärten, Zagaew durch den Hintereingang gebracht hatte.
Ich ging nach unten und traf eine
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