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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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Kluftinger wissend.
    »Du schwitzt ja schon wieder so«, bemerkte sein Kollege.
    »Ach, ich weiß auch nicht, ich glaub, ich werd krank.«
    Da verzog Maier die Lippen zu einem schiefen Grinsen: »Du, wenn du wieder mein Knie möchtest, greif ruhig zu.«
    Doch selbst wenn er gewollt hätte: Er konnte sich nicht rühren. Sein Körper war gespannt wie die Sehne eines Bogens. Quälend lang dehnten sich die Sekunden, bis das Flugzeug mit einem nervenzerreißenden Poltern aufsetzte, vom Boden abprallte und dann noch einmal aufschlug.
    Das war’s jetzt aber , schloss Kluftinger mit allem ab, nur um von einem noch beängstigenderen Geräusch eines Besseren belehrt zu werden. Das mussten die Bremsen sein, denn schlagartig wurde das Flugzeug langsamer. Als könnte er selbst diesen Vorgang unterstützen, stemmte er seine Beine auf ein imaginäres Bremspedal, wie es Erika immer tat, wenn sie bei ihm im Auto mitfuhr. Erika! Würde er sie jemals wiedersehen?
    »Bremsen!«, entfuhr es ihm plötzlich laut, und die Köpfe der Umsitzenden ruckten herum.
    Dann verlor das Flugzeug sanft immer weiter an Fahrt und fuhr schließlich nur noch in Schrittgeschwindigkeit. Kluftinger wollte es nicht glauben: Sie hatten es geschafft. Sie hatten überlebt. Euphorisch klatschte er in die Hände, hörte auch nicht auf, als Maier ihm einen entsetzten Blick zuwarf, und brach erst ab, als er merkte, dass er der Einzige war, der Applaus spendete. Doch es war ihm nicht peinlich, denn die Erleichterung war zu groß. Endlich. Das Martyrium war beendet. Der letzte Flug seines Lebens war gut ausgegangen.
    Da sich Kluftinger während der Landung geschworen hatte, ein besserer Mensch zu werden, packte er bei ihrem Aufbruch den Müll an seinem Platz zusammen und drückte die kleine Tüte, die bis zum Bersten gefüllt war, am Ausgang Zenzi in die Hand, worauf deren Kiefer herunterklappte, vermutlich, weil sie derartige Mithilfe der Passagiere nicht gewohnt war.
    »Schon gut«, sagte er lächelnd.
    Eine halbe Stunde später begegnete er ihr zum letzten Mal, als sie ihnen in der Empfangshalle ihre Waffen zurückgab. Er wollte ihr gerade etwas Nettes mit auf den Weg geben, da sagte sie: »Also, dass jemand wie Sie eine Pistole tragen darf, finde ich unverantwortlich!«

Zur selben Zeit
    »Herrgott, könnt ihr Deppen nicht ein einziges Mal euren Dreck wegräumen? Immer dasselbe mit euch Leiharbeitsfritzen! Kein Wunder, dass ihr in einem richtigen Betrieb nicht unterkommt! Kein Sinn für Ordnung und Sauberkeit!«
    Wunibald presste die Lippen zusammen und nickte. Dann fuhr er sich mit der fleischigen Hand durch die grauen Haare. Er spürte, wie das Adrenalin durch seinen Körper schoss und es ihm schwer machte, die Beherrschung zu bewahren. Er wurde schnell aggressiv, wenn er sich angegriffen fühlte. Doch er wusste, dass es sein Ziel, das Ziel der ganzen Gruppe gefährdete, wenn ihn der Vorarbeiter, ein grober, cholerischer Klotz, jetzt feuern würde. Er hatte nur als Aushilfe angeheuert, hatte noch nicht einmal einen richtigen Vertrag. Er wusste nicht, wie Magnus es überhaupt geschafft hatte, ihn hier unterzubringen, ohne dass jemand Verdacht geschöpft hatte.
    Nun kam der Mann, den alle hier nur den »Kapo« nannten, direkt auf ihn zu. »Ich sag dir eins, du Penner: Mach endlich dein Werkzeug sauber! Den Fliesenkleber kriegen wir sonst nie mehr runter! Und räum den Abfall weg, sonst kannst du dir dein Geld in die Haare schmieren! Wir sind nicht deine Putzfrauen! Los jetzt, an die Arbeit!« Ohne eine Antwort oder Rechtfertigung abzuwarten, machte er kehrt und steuerte den Bierkasten an, den er heute schon zu einem Drittel geleert hatte.
    Wunibald sah ihm kurz nach. Er lachte in sich hinein. Was für eine Drohung! Er würde sein Geld nicht bekommen! Auf diesen Hungerlohn konnte er gut verzichten. Deshalb war er nicht hier. Doch das würde dieser Idiot niemals erfahren. Er räumte wortlos die Fliesenschneidemaschine weg, kehrte die Abschnitte der Fußbodenleisten zusammen, packte seine Kellen und Spachteln in die Mörteleimer und machte sich auf den Weg zur Kellertreppe.
    Nachdem er seine Werkzeuge gereinigt und die schmutzige Brühe in eine der Toilettenschüsseln gekippt hatte, fiel sein Blick auf die gekachelte Wand. Er strich mit den Händen noch einmal über die Fliesen und nickte sich dann selbst zu. Perfekte Arbeit war das, nichts zu sehen, selbst die Fugen machten einen völlig unscheinbaren Eindruck. Bis zu dem einen großen Moment würde niemand ahnen,

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