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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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welches Geheimnis diese Wand barg. Er grinste und zog die Tür der Toilettenkabine wieder zu. Alles schien perfekt zu laufen – ein Rädchen griff ins andere, das Team harmonierte. Er überlegte, ob er sich noch eine Zigarette anstecken sollte, verwarf den Gedanken aber. Er wollte den Kapo nicht provozieren.
    Er hatte noch eine Arbeit zu verrichten – und das würde gar nicht ganz so leicht werden. Aber er hatte schon vorgebaut.
    Oben wandte er sich an einen »Kollegen«. »Sag mal, Norbert, ihr setzt doch heut noch die Birnen in die Deckenstrahler ein, oder?«
    »Die Leuchtmittel, ja. Warum?«
    »Du, nur so. Ich tät euch vielleicht ein bissle helfen, da braucht es doch keinen Elektriker dazu, oder? Der Kapo hat gemeint, ich soll mir noch Arbeit suchen, die Fliesen sind ja alle verlegt.«
    »Kannst du schon machen, von mir aus. Die Strahler liegen da drüben, wenn du willst, kannst du schon anfangen. Im Moment sind eh die Sicherungen raus. Aber gib Obacht auf der Leiter, und geh sorgfältig mit dem Material um!«
    Wunibald ballte die Faust in der Hosentasche. Das war ja leichter als erwartet.
    Dann machte er sich an die neue Arbeit. Er nahm sich einige Lampen und die lange Standleiter und ging in die große Halle. Direkt über der Bodenplatte, die den Tresor für die Reliquienmonstranz verdeckte, begann er. Der stämmige Mann war erstaunlich wendig. Das kleine Kästchen, das er oben auf der Leiter aus seiner Latzhose zog und an der Lampe mit doppelseitigem Klebeband anbrachte, würde garantiert niemandem auffallen. Genauso wichtig wie das kleine Kästchen war jedoch das Gegenstück in dem Feuerlöscher, den Magnus präpariert und ihm mitgegeben hatte. Er lag schon in seinem Auto bereit. Der Austausch des Löschers würde seine letzte Aufgabe sein, aber auch das würde ihm, bei der Ignoranz der Leute hier, die nur ihre eigenen Arbeiten im Kopf hatten, leichtfallen.
    Dann musste er nur noch warten, bis er seinen wirklichen Lohn bekäme.

 
    Als sie das Gate passierten und die Ankunftshalle des Wiener Flughafens betraten, hatte sich Kluftingers Nervenkostüm wieder beruhigt. Er verstand nun, warum der letzte Papst immer den Boden geküsst hatte, nachdem er aus dem Flugzeug gestiegen war.
    Die Flügel der automatischen Tür hatten sich noch nicht hinter ihnen geschlossen, da entdeckte der Kommissar bereits seinen Wiener Kollegen Valentin Bydlinski zwischen den Wartenden. Das fiel auch nicht schwer: Nicht nur seine Erscheinung – abgewetzte Lederjacke, pockennarbiges Gesicht und strähnige Haare – hob sich von den anderen ab. Er hielt außerdem ein Pappkartonschild hoch, auf dem in krakeliger Handschrift stand: »Die Wiener Gendarmerie begrüßt Geheimagent Kluftinger. Weil: Inschpektor gibt’s kan.«
    Kluftinger, dem sich der Witz dieser Begrüßung nicht bis ins letzte Detail erschloss, winkte dem Kollegen. Der stürmte auf ihn zu und umarmte ihn, was der Kommissar reichlich übertrieben fand.
    »Gut, oder?«, fragte Bydlinski und hielt noch einmal das Schild hoch. »Kottan, verstehst?«
    »Ja, ja, sicher«, log Kluftinger. »Den Richie Maier kennst du ja«, fuhr er schnell fort und deutete mit dem Kopf auf den Kollegen, der sofort die Hand ausstreckte.
    »Jo, freilich«, sagte Bydlinski, ohne einzuschlagen, »der Gscheithafen.« Dann grinste er breit und entblößte dabei seine tabakgelben Zähne: »Aber mir wär’s lieber gewesen, du hättest die fesche Sandy mitbracht.«
    Als sie sich Richtung Ausgang bewegten, fragte Maier: »Wo steht denn Ihr Auto?«
    »Nix Auto, hab ich eh keins«, erwiderte der Österreicher. »Wir fahren mit dem CAT .«
    » CAT ?«
    »City Airport Train«, sagte Bydlinski und klang dabei so stolz, als würde ihm das Gefährt gehören.
    »Priml«, seufzte Kluftinger, während Maier brummte: »Nur gut, dass Sie uns abgeholt haben.«
    Sie waren etwa fünfzehn Minuten bis in die Wiener Innenstadt gefahren, in denen Bydlinski ihnen nichts über den Fall, dafür allerhand über die Wiener Sehenswürdigkeiten erzählt hatte. Vor allem über den Zentralfriedhof, den der Schnellzug passierte, wusste er allerhand schaurige Geschichten.
    Kluftinger, der endlich zum eigentlichen Grund ihres Besuchs übergehen wollte, fragte schließlich: »Was machen wir denn jetzt eigentlich?«
    »Jetzt gehen wir erst mal was essen.«
    Der Kommissar atmete tief durch. Sein Kollege aus dem Nachbarland schien es nicht eilig zu haben. Für ihn galt das jedoch nicht. »Aber wir setzen uns nirgends rein, so viel Zeit

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