Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
dauernd ein neues Auto! Außerdem lass ich es ja umspritzen.«
»Und das soll unser Hochzeitsauto werden? Vatter, da passt wahrscheinlich noch nicht mal Yumikos Kleid rein.«
»Ja, gut, es ist jetzt nicht wirklich riesig, aber …«
»Hat das nicht Automatik?«, fragte Erika. »Ich kann doch keine Automatik fahren.«
»Ach, das lernt man …«
»Dann musst du aber ein kleineres Instrument spielen«, warf Markus ein, »die Sardinenbüchse hat ja bestenfalls Platz für ein Tamburin – oder du kaufst dir einen Anhänger für die Trommel.«
Kluftingers Wangen begannen gefährlich zu leuchten. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. »Ja, Himmelherrgottnochamal, was habt’s ihr denn dauernd gegen das Auto? Das ist doch einwandfrei. Ökologisch und modern und … dings. Und wenigstens ist es kein Japaner!«
Die Stille, die auf diese Bemerkung folgte, war so mächtig, dass sie die vorhergehende noch übertraf. Und sie dauerte länger an. Wieder einmal hörte Kluftinger das Ticken der Uhr auf der Kommode und zuckte zusammen, als der Erzherzog-Johann-Jodler aus seinem Handy plärrte.
Schnell zog er es aus der Hosentasche. »Ja, Kluftinger? … Verstehe, nein, unbedingt! Ich bin sofort da!«
Kluftinger ließ sich das erhitzte Gesicht bei heruntergelassener Scheibe vom Fahrtwind kühlen, als er seinen neuen Wagen zum zweiten Mal an diesem Tag in Richtung Burgruine und Museum lenkte. Der Schuss mit dem Auto war nach hinten losgegangen, und der Anruf des Bürgermeisters, dass sie nun die Monstranz in die Vitrine einsetzen würden, genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Nicht, dass es ihn wirklich interessierte, aber so konnte er sich dem häuslichen Trommelfeuer fürs Erste entziehen.
Hösch kam ihm schon entgegen, als er auf den Eingang zuschritt. »Wundert mich ja, dass du das sehen willst. Bist doch sonst nicht so kunstinteressiert«, begrüßte ihn der Bürgermeister.
»Ja, weil du ja der große Kenner bist. Dich interessieren doch vor allem die zusätzlichen Übernachtungszahlen, die jedes der kleinen Schmuckstücke da bringt.«
Hösch überhörte seine Bemerkung, fasste ihn an der Schulter und führte ihn ins Museum, als wolle er ihm sein Wohnzimmer zeigen. In der großen Ausstellungshalle herrschte eine geradezu andächtige Stimmung; etwa ein Dutzend Leute standen im Halbkreis im Zentrum des Raumes.
»Ist gleich so weit«, flüsterte Hösch feierlich, als befände er sich inmitten einer Zeremonie.
Als sie sich der Gruppe näherten, sah Kluftinger, dass neben Rolf Kuffler von der Versicherung, René Preißler von der Sicherheitsfirma mit seinen Mitarbeitern und den Spediteuren auch der Pfarrer anwesend war. Er seufzte, hatte er doch eigentlich gehofft, erst morgen auf den Geistlichen zu treffen. Jetzt wurden sie von den anderen bemerkt und kopfnickend begrüßt. Nur der Pfarrer, der neben ihm stand, reichte ihm die Hand: »Grüß Gott, Herr Kommissar. Zurzeit sehen wir uns aber oft, gell? In der Kirche bist du ja leider nur sehr selten mein Gast.«
Kluftinger ließ die Schultern hängen. Wie so oft hatte es der Pfarrer geschafft, dass er sich wie ein Schuljunge beim Schwänzen vorkam. Der Geistliche operierte gerne mit dem breiten Instrumentarium an Schuldgefühlen, das die Kirche ihm zur Verfügung stellte. Und bei ihm funktionierte es fast immer. »Ich, ja, mei, das … Gschäft«, stotterte er.
»Verstehe schon«, sagte der Priester und nickte. »Vor mir brauchst du dich nicht zu rechtfertigen. Aber was Er davon hält, steht auf einem anderen Blatt.« Bei dem Wort Er richtete der Geistliche die Augen unbestimmt zur Decke.
Priml. Kluftinger war noch keine fünf Minuten hier, und schon hatte ihm der Pfarrer nach alter Gewohnheit die ewige Verdammnis prognostiziert. »Schöne Monstranz«, versuchte der Kommissar das Thema zu wechseln und deutete auf das rote Tuch am Boden, in dem er das Schmuckstück vermutete.
»Ja, wirklich, außerordentlich schön«, stimmte der Pfarrer zu. »Weißt du eigentlich, was der heilige Magnus für uns hier im Allgäu vollbracht hat?«
Jetzt nickte Kluftinger zufrieden. Die Antwort auf diese schulmeisterlich gestellte Frage kannte er: »Ja, sicher, der hat der Legende nach mehrere Drachen besiegt. In Kempten direkt an der Iller und in Roßhaupten.«
»Das auch. Es gibt übrigens noch eine andere Drachengeschichte. Einmal hat ihn nämlich einer verfolgt, als er das Evangelium gepredigt hat, am Lech, drüben bei Füssen, kurz vor der heutigen Grenze zu Tirol. Da ist der
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