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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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ihrer Aufenthalte gab es einige Umstellungen in seinem geliebten Alltagstrott, mit denen er schwer fertig wurde. Meist würde man von nun an in der dritten Person über ihn reden, und Erika würde ihn auf einmal – wie Markus – »Vatter« nennen. So weit, dass sie sich mit »Vatter« und »Mutter« oder womöglich irgendwann mit »Oma« und »Opa« anredeten, hatte er es eigentlich nie kommen lassen wollen. Dagegen war »Butzele«, Erikas Spitzname für ihn, geradezu eine Wohltat. Nachdem sich alle Anwesenden herzlich begrüßt hatten, verabschiedeten sich Kluftingers Eltern auch schon wieder, schließlich habe der Vater am Abend noch das traditionelle Pensionistenkegeln der Polizeigewerkschaft. Wie immer fragte er seinen Sohn, ob er denn nun endlich in der Gewerkschaft organisiert sei, und wie immer verneinte der mit Hinweis auf den Mitgliedsbeitrag und den Umstand, dass man als Beamter eh kein Recht zu streiken habe, womit sich Kluftinger senior, ebenfalls wie immer, zähneknirschend zufriedengab.
    Als sie ins Haus gingen, begann Erika wieder, an ihrem Mann zu schnuppern.
    »Was willst du denn allweil?«, fragte Kluftinger genervt.
    »Also irgendwie … riechst du schon wieder komisch. Wie gestern. Zwar anders, aber doch bekannt, irgendwie …« Plötzlich weiteten sich ihre Augen. »Femona«, presste sie hervor.
    »Was?«, fragte Kluftinger. Er konnte nicht glauben, dass seine Frau diesen letzten Rest von Sandys Deo von heute Morgen noch wahrnehmen konnte.
    »Das ist ein Frauen… na ja, ein Duft für Frauen eben«, zischte Erika mit versteinerter Miene, darauf bedacht, dass Markus und Yumiko sie nicht hören konnten.
    »So ein Schmarrn«, beharrte Kluftinger, bedauerte aber schon wieder, dass er nicht sofort die Wahrheit gesagt hatte. Erika war neuerdings sehr empfindlich, was solche Dinge anging.
    »Sag mal«, begann sie und sah ihm dabei tief in die Augen, »gestern dieses Parfüm, heute ein anderes, dann dein Anzug, ich meine, hast du, wie soll ich sagen …« Sie brach den Satz ab.
    Kluftinger war beinahe gerührt, weil er sofort wusste, worauf sie hinauswollte, wehrte sie aber nur barsch ab: »Ganz ehrlich, manchmal hast du echt einen Knall. Wer soll mich schon wollen außer … dir.« Dann drehte er sich um und ging ins Wohnzimmer. Seine Frau blieb noch eine Weile stehen und blickte ihm nachdenklich hinterher.
    Eine Viertelstunde später saßen die vier um den kluftingerschen Esstisch, und Erika schien die Unterhaltung von eben bereits wieder vergessen zu haben. Sie trug ihr »Allgäuer Filettöpfle« auf, das sie als Willkommensgruß für ihren sicherlich ausgehungerten studierenden Sohn gemacht hatte. Kluftinger lief das Wasser im Mund zusammen. Doch er wusste, dass nicht er es war, der heute als Erster an die Reihe kam. Zuerst wurde Yumiko mit einer normalen, dann Markus mit einer Riesenportion versorgt, bevor Erika ihm den Löffel hinhielt. Selbst während des Essens strahlte seine Frau immer wieder geradezu verklärt ihren Sohn und dessen Freundin an. Unglaublich , fand Kluftinger, wie sehr man den eigenen Sohn vergöttern kann .
    »Also, Papa«, begann Markus in seltsam feierlichem Tonfall, »wir müssen dir etwas …«
    »Sag mal, Bub, seit wann bin ich jetzt wieder der Papa?«, wollte Kluftinger wissen.
    »Früher hast du dich über ›Vatter‹ aufgeregt, jetzt passt dir ›Papa‹ wieder nicht. Soll ich ›Alter‹ sagen, oder wie?«
    »Ich geb dir gleich Alter!«
    »Also bitte«, mischte sich Erika ein, »jetzt fangt nicht schon wieder an zu streiten!«
    »Ich streit doch gar nicht!«, grummelte Kluftinger.
    »Also, Vatter, auf jeden Fall ist es so …«
    »Weißt du, wenn man sich mal dran gewöhnt hat, dann will man auch gar keine andere Bezeichnung mehr. Ich mein, Vatter, das passt schon.«
    »Das ist doch jetzt völlig wurscht, der Markus wollte doch gerade …«, setzte Erika erneut an.
    »Ja, Himmelarsch, kann ich jetzt auch mal was sagen?«, rief Markus so laut, dass Kluftinger die Gabel aus der Hand glitt und in die Soße fiel, wobei ihm etwas davon auf sein Hemd spritzte. Also stand er auf, ging mit den Worten »Das hätt ich mich mal trauen sollen, bei meinem Vatter« in die Küche und kam zwei Minuten später mit einem großen Wasserfleck auf der Brust zurück. Dann wandte er sich an Yumiko: »Ist er schlecht drauf, dein Markus heut?«
    »Vatter, übertreib’s nicht, ja? So brauchst du dich nicht aufführen, wenn du zu unserer Hochzeit nach Japan kommst, nur dass das klar ist!

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