Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
meinen, wenn man ihn so sieht.«
» Er ist übrigens selber da«, knurrte Kluftinger.
»Na ja, wo er so einen geduldigen und guten Lehrer wie dich hat, Martin, da muss ja was hängen bleiben!«
Kluftinger legte die Stirn in Falten. War im Algentrunk etwa Alkohol gewesen?
Auch bei dem von den Frauen geforderten Golfmatch zwischen den beiden Männern feuerte Erika den Hausherrn an, während der Kommissar hin und wieder moralische Unterstützung von Annegret bekam, die ihn als Naturtalent pries. Als Kluftinger beim Putten auf einmal ein »Toor!« entfuhr, war sie die Einzige, die nicht hämisch lachte.
Der kleine freundschaftliche Wettkampf der Männer entwickelte sich so immer mehr zum erbitterten Duell. Mal lag Kluftinger einen Schlag vorn, mal der Doktor. Beim Abschlag zum neunten Loch legte Langhammer eine enorme Weite vor, und Kluftinger war bereit, alles zu geben: Er stellte sich parallel zum Ball, schwang mehrmals über ihn hinweg, fixierte ihn, blickte zur Leinwand und holte aus zu einem perfekten Schwung. Der Kopf des Schlägers traf den Ball mit ungeheurer Wucht ein wenig unterhalb der Mitte. Kluftinger kniff die Augen zusammen. Genau in der Mitte des Bildes traf die weiße Kugel auf und durchschlug die Leinwand mit einem satten Knall, auf den ein lautes Klirren folgte.
»Himmelarsch!«, entfuhr es Kluftinger erneut. Der Doktor blickte bedröppelt drein, die Frauen sahen sich erschrocken an. In der Leinwand klaffte ein langer Riss und gab den Blick auf Langhammers ehemalige Hausbar frei. Der Ball hatte die Glastür eines Hängeschrankes durchschlagen und die darin befindlichen Trinkgläser zerdeppert.
Kluftinger ließ seinen Schläger sinken, und die Computerstimme sagte blechern: »Neuer Geschwindigkeitsrekord für Minigolfer.«
»Also wirklich, da können wir jetzt bald nicht mehr hingehen wegen dir!«, schimpfte Erika. Sie hatte ihr Tempo noch einmal beschleunigt, sodass ihr Mann Mühe hatte, mit seinen Sandalen Schritt zu halten.
Au ja, bitte nie mehr!, schoss es ihm durch den Kopf, über seine Lippen kam jedoch nur ein entschuldigendes »Jetzt Erika, wart halt! Ich hab doch versprochen, dass ich morgen ein Leintuch vorbeibring! Und die Annegret hat gesagt, die Bar hätten sie schon lang nicht mehr in Verwendung.«
Mittlerweile waren sie fast zu Hause angekommen.
»Ach, hat sie das, ja? Aber der Martin war nicht gerade erfreut über das Angebot, statt einer Silberleinwand ein altes Leintuch von uns zu bekommen! Und überhaupt: Du hast ja heut anscheinend deine Schwäche für die Annegret entdeckt, oder wie? Gefällt sie dir auf einmal so gut, dass du gleich ihre Socken anziehst?«
Kluftinger wurde rot. Das »Na, na, die Strümpfe meiner Frau lassen Sie aber wohl hier, oder?« des Doktors war die Krönung eines an Peinlichkeiten reichen Abends gewesen.
»Du hast doch dauernd zum Doktor gehalten«, gab sich der Kommissar kampfeslustig. »Von mir aus kannst du auch bei denen im Bett in der Besucherritze schlafen, da brauchst dich schon nicht mehr für mich genieren! So, und jetzt geh ich für meinen Teil rein!«
Damit ließ er seine sprachlose Frau zurück, deren Lippen zu beben begannen. Doch noch bevor er die Tür geöffnet hatte, hielt er inne. In all den Ehejahren hatten sie nie mit einem Grundsatz gebrochen, den ihnen Erikas Vater mit auf den Weg gegeben hatte: niemals im Streit schlafen zu gehen.
Der Kommissar machte kehrt, schluckte allen Ärger hinunter und ging auf seine Frau zu, die sich gern von ihm in die Arme schließen ließ und dabei ein ungemein zärtliches »Du alter Depp!« murmelte.
Mittwoch, 22. September
»Danke fürs Fahren und bis später dann, gell? Und viel Glück.« Kluftinger schlug die Tür von Maiers Fiat Multipla zu und winkte erleichtert grinsend ins Wageninnere. Er war immer froh, aus Maiers Kiste auszusteigen, denn seiner Meinung nach war es eines der hässlichsten Autos, die es je gegeben hatte, auch wenn sein Kollege immer betonte, dass der Wagen schon mehrere Designpreise gewonnen habe. Kluftinger sagte dann immer, dass dies wohl in der Kategorie größte Kloschüssel gewesen sein musste.
Mit saurer Miene brauste Maier davon. Der Kommissar hatte dennoch kein schlechtes Gewissen. Gut, Maier würde es schwer haben, um diese Zeit noch einen Parkplatz zu finden. Und zugegebenermaßen waren sie deshalb so spät dran, weil er noch nicht fertig gewesen war, als ihn sein Kollege abgeholt hatte. Aber was hätte es dem schon gebracht, wenn er sich jetzt mit ihm auf
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