Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Verbindung setzen«, schlug Strobl vor. »Nicht, dass euch Altusriedern der einzige Schatz, den ihr jemals hattet, ausgerechnet in Österreich geklaut wird. Wobei, das würd ja eigentlich schon irgendwie …«
»Geschenkt, Eugen, geschenkt«, bremste Kluftinger seinen Kollegen. »Also, ich ruf da nachher gleich mal an. Allerdings sollten wir …«, er kratzte sich am Kopf, um die richtigen Worte zu finden, »… auch die Sache mit den Autoschiebern nicht ganz aus den Augen verlieren. Wer weiß, vielleicht gibt es da doch Verbindungen.«
Die Blicke seiner Kollegen verrieten ihm, dass die diesen Vorschlag reichlich seltsam fanden. Sie artikulierten ihre Einwände jedoch nicht, was Kluftinger fürs Erste genügte. Als sie das Büro verließen, klingelte sein Telefon. Die Nummer auf dem Display zeigte ihm, dass sein Chef anrief, der sich sicher erkundigen wollte, wieso er nicht zur Morgenlage zugeschaltet worden war.
»Ja? Herr Lodenbacher, grüß Gott«, eröffnete Kluftinger jovial das Gespräch. »Wie? Nein, wir haben’s ja mehrmals versucht, aber es war immer belegt. Wir wollten mal mit den Kollegen in Österreich Kontakt aufnehmen, Sie wissen ja bestimmt, da wird doch der Schatz gerade ausgestellt … Jedenfalls wollte ich fragen, ob ich da irgendeinen Dienstweg einhalten muss, wegen … ja, verstehe, sehr sensibel, mhm … heikle Sache, natürlich … braucht noch keinen Amtshilfeantrag für einen solchen Informationsaustausch … auf Sie berufen, sicher, das hätte ich natürlich … ja, Pfiagott.«
Kluftinger legte auf. Er war erleichtert, dass ihm die Sache mit der Amtshilfe eingefallen war: Wenn es um solche Dinge ging, vergaß sein Chef sofort Nebensächlichkeiten wie telefonische Konferenzschaltungen.
Anschließend öffnete der Kommissar noch einmal die Internet-Suchseite und gab »Polizei Wien« ein. Die Treffer waren jedoch so zahlreich und unterschiedlich, dass er beschloss, direkt bei der Nummer anzurufen, die auf der Homepage des Völkerkundemuseums angegeben war.
Schon nach dem zweiten Klingeln meldete sich eine Frauenstimme mit unverkennbar österreichischem Akzent, den Kluftinger – im Gegensatz zu vielen seiner bayerischen Landsleute – sehr schätzte.
»Ja, grüß Gott, ich ruf wegen dem Schatz bei Ihnen an«, begann er das Gespräch.
»Möchten Sie die Eintrittspreise wissen, oder was? Sie müssen sich eh beeilen, die Ausstellung läuft nur noch heute«, erwiderte die Stimme gelangweilt. Sie hatte diesen Satz heute wohl nicht zum ersten Mal gesagt.
»Nein, nein, danke, die Preise brauch ich nicht. Ich bräuchte nur ein paar Informationen zur Sicherheit Ihrer Ausstellung. Zur Recherche, wissen Sie? Sagen Sie mal, wie sind denn die Sachen geschützt? Ich meine, alarmmäßig?«
Am anderen Ende blieb es eine Weile still. Dann fragte die Frau: »Wie meinen Sie das?«
»Na ja, der Schatz ist ja ziemlich wertvoll. Mir geht es um Ihr Sicherheitskonzept. Bestimmt haben Sie Überwachungskameras, oder? Und was für eine Alarmanlage, wenn ich fragen darf?«
Er hörte die Frau schwer atmen, dann sagte sie plötzlich: »Moment, ich verbinde!«, und schon war sie weg. Während Kluftinger der Warteschleifenmelodie lauschte, einer Elektroorgelversion des Radetzkymarsches , wunderte er sich ein wenig darüber, dass das Gespräch so abrupt zu Ende gegangen war.
»Stadtpolizeikommando Wien«, meldete sich kurz darauf eine männliche Stimme, die um einiges unfreundlicher klang als die seiner vorigen Gesprächspartnerin.
»Kluftinger, grüß Gott, ich habe Ihrer Kollegin schon erzählt …«
»Das war keine Kollegin«, bellte der Mann ins Telefon. »Sie haben Fragen bezüglich der Sicherung der Ausstellungsgegenstände gestellt.«
»Ja, hab ich, ich wollte …«
»Und Sie wollten mehr über den genauen Wert der ausgestellten Gegenstände wissen?«
»Nein, das weiß ich schon, aber ich …«
»Ihre Personalien?«
»Bitte?«
»Ihre Personalien.«
»Also, ich hab schon gesagt, mein Name ist Kluftinger, und ich bin …«
»Wir haben hier Ihre Nummer auf dem Display. Entweder sind Sie sehr gerissen oder sehr dumm. Der Stimme nach zu schließen, tippe ich auf Letzteres. Also bitte: Ihre Personalien.«
Ein paar Sekunden verschlug es dem Kommissar die Sprache. Dann dachte er noch mal über die Gespräche nach und musste sich eingestehen, dass er nicht gerade sensibel vorgegangen war und man durchaus falsche Schlüsse aus seinen Fragen ziehen konnte. Er war einfach nicht richtig bei der Sache
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