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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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wurde er Veranstalter – Car-crash-Rennen, Schaukämpfe mit Baseball-Narren, so Zeug eben, und schließlich kaufte er eine fast bankrotte Fernschule für Fremdsprachenkorrespondenten. Die war noch immer im Geschäft, als er nach Colorado hinauffuhr, um sich dort umzutun, weil er in eine Geisterstadt investieren wollte. Da ist dann auch der Unfall passiert.
    Sie sind beide dabei umgekommen. Manchmal denke ich, daß meine Mutter dadurch erlöst worden ist.«
    Strucker nickte mitfühlend. »Er hat also nicht viel hinterlassen.«
    »Keinen einzigen Penny.«
    »Also haben Sie dann allein Felicity großgezogen.«
    »Ich war in meinem ersten Jahr an der juristischen Fakultät der Uni. Ich stieg aus und bekam einen Job bei UPI, wo mein Gebiet die Berichterstattung über das Repräsentantenhaus war. Felicity war, wie gesagt, elf Jahre alt, und ich versuchte mich darum zu kümmern, daß sie regelmäßig zur Schule ging und ihre Hausarbeiten machte. Mit zwölf Jahren dann besorgte sie schon das Einkaufen und Kochen und die meiste Arbeit im Haus. Mit achtzehn bekam sie ein Vollstipendium für die Universität, und ich kriegte ein Angebot, nach Washington zu gehen. Danach war sie dann ziemlich auf sich gestellt.«
    »Ja, also«, meinte Strucker, »ich würde schon sagen, daß es eine großartige Leistung war, wie Sie sie großgezogen haben. Wirklich, prachtvoll.«
    »Wir haben einander immer sehr gemocht«, sagte Dill, »wir waren – nun, eben gute Freunde, würde ich meinen.«
    »Haben Sie sehr enge Verbindung gehalten?« fragte Colder.
    »Gewöhnlich habe ich sie einmal die Woche oder alle zehn Tage angerufen. Sie rief mich fast nie an, sie schrieb mir statt dessen Briefe, Briefe von zu Hause, wie sie sie nannte. Sie dachte, daß jeder, der von hier weggezogen war, Briefe von zu Hause bekommen müßte, und genau das waren sie. Klatsch, wilde Gerüchte, kleine Skandale, wer Pleite gemacht hatte und wer reich geworden war, dann die Todesfälle, wer geschieden worden war und warum. Es war eine Art Tagebuch, vermute ich, weniger über sie selbst als über die Stadt. Aus irgendeinem Grund hat sie diesen Ort wirklich geliebt.«
    »Das heißt also, Sie nicht so sehr«, sagte Colder.
    »Nein.«
    »Sie haben diese Briefe nicht zufällig aufgehoben, oder doch?« fragte Strucker.
    »Ich wünsche mir jetzt, ich hätte es getan.«
    »Ja, uns geht es nicht anders. Kopien gibt es auch keine. Wir haben heute ihre Wohnung durchsucht, nichts.«
    »Wie steht’s mit eingelösten Schecks?«
    »Wieder Fehlanzeige«, sagte Colder. »Laufende Zahlungen halt, für das Haus eben, Telefonrechnungen, Lebensmittel von Safeways, Zahlungen für das Auto und ein paar Kundenkonten in Kaufhäusern, das Übliche.«
    »Kein Beleg über die Anzahlung, die sie für das Duplex getätigt hat?«
    »Die 37000 Dollar in bar?« fragte Colder. »Wir wissen nur, daß alles in Hundertdollarnoten gezahlt worden ist, die ja inzwischen fast so verbreitet im Umlauf sind wie früher mal die Zwanziger.«
    »Also keine Spur«, sagte Dill.
    »Keine einzige.«
    »Auf wen läuft denn die Hypothek?«
    »Auf die frühere Besitzerin, die natürlich gegen all das flüssige Geld nicht das geringste einzuwenden hatte«, meinte Colder, »sie ist eine siebenundsechzigjährige Witwe, die das Haus an Felicity verkauft hat und dann nach Florida gezogen ist. St. Petersburg. Ich habe heute mit ihr gesprochen, von ihr kommen keinerlei Klagen.
    Die monatlichen Zahlungen treffen fast immer pünktlich ein, aber sie ist jetzt wohl ein bißchen besorgt wegen der Diskontierung des Wechsels.«
    »Kann ich ihr nicht verdenken«, meinte Dill.
    Strucker suchte in seinen Hosentaschen herum und fischte schließlich einen Schlüssel heraus. Er reichte ihn Dill hinüber.
    »Wofür ist der?« fragte Dill.
    »Ihr Hausschlüssel. Die obere Etage ist jetzt noch versiegelt, aber morgen gegen Mittag werden unsere Leute wohl mit allem durch sein. Also ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie danach hingehen und sich dort … nun … eben umschauen – oder auch einziehen, wenn Sie möchten.«
    Dill setzte sich auf, nahm den Schlüssel und ließ sich wieder auf das Bett zurücksinken. Er sah erst Strucker an und dann Colder. »Woran hat sie eigentlich gerade gearbeitet?«
    Diesmal war Colders Lächeln nicht verlegen – schüchtern. Es war jetzt die sardonische Variante; die linke Hälfte seines Mundes zuckte hoch, und er entblößte dabei kurz drei oder vier blendendweiße Zähne. »Ah, Sie meinen den Fall, bei dem

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