Schwaben-Angst
Verlauf des Tages erneut bewiesen.
»Die ist unersättlich!«, seufzte Braig.
»Und das trotz unserer Fahndung nach Herbert Bauer. Sie muss doch jetzt wissen, dass wir sie erkannt haben, weil ihre Rolle mehreren Leuten bekannt ist«, erklärte Hofmann. Er stand vor dem schmalen Tisch, schenkte Earl Grey in die Tassen. Der würzige Duft des Tees erfüllte den gesamten Raum. »Das zeigt deutlich, wie gefährlich sie ist. Die Frau kennt keine Angst. Sie beharrt manisch auf der Ausführung ihrer Pläne.«
»Dann wird sie es wieder versuchen«, sagte Braig.
Neundorf nickte zustimmend. »Und zwar bald. Denn ihr wird klar sein, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, wenn sie unsere neuen Fahndungsaufrufe zu Gesicht bekommt.«
»Bleibt nur die Frage, ob sie es bei den Männern der Liste belässt oder sich neue Opfer sucht, weil ihr Ersteres zu gefährlich wird?«
»Woher soll sie wissen, dass wir die Liste haben? Sie hat sich mit diesem Seiter getroffen, obwohl wir den Mann überwachten. Das ist der beste Beweis, dass sie nicht von ihrem ursprünglichen Plan abrückt«, meinte Hofmann. Er setzte sich an den Tisch, trank von seinem Tee.
»Also müssen wir die Männer noch intensiver abschirmen und ihnen auch einschärfen, nicht denselben Leichtsinn wie Seiter an den Tag zu legen. Wer jetzt noch eigene Wege geht, riskiert sein Leben. Seit heute Mittag dürfte allen das Ausmaß ihrer Gefährdung klar geworden sein.«
»Allen nicht«, wandte Erwin Beck ein, »wir kennen immer noch nicht den achten Mann der Liste.«
»Wir haben immer noch keine genaueren Anhaltspunkte?«
Beck schüttelte den Kopf. »Jochen Schwank. Wir haben vier Leute dieses Namens überprüft. Keiner passt. Zwei sind zu jung, gerade mal sechs beziehungsweise elf Jahre alt, der Dritte lebt seit sechs Monaten in Japan und Nummer Vier wurde letztes Jahr bei einem Autounfall schwer verletzt und liegt seitdem im Koma.«
»Autounfall? Ist das geklärt?«
»Ja, sicher. Er kam mit überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab, überschlug sich. Sein Beifahrer überlebte wie durch ein Wunder.«
»Vielleicht ist er es doch. Sie will ihn endgültig ins Jenseits befördern.«
»Ich glaube es nicht. Der Mann liegt in Dresden im Krankenhaus, hat keinerlei Verbindung in unsere Region. Jedenfalls soweit wir es feststellen konnten. Ich bat die Kollegen dennoch um Überwachung des Mannes.«
»Sonst niemand?«
Beck schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid. Wir haben sämtliche Register überprüft.«
»Mir fällt eine Bemerkung Frau Nagels ein«, sagte Neundorf, »die Klavierlehrerin, die mit Frau Dorn befreundet ist und sie heute in ihrem Haus abholte. Sie erzählte etwas von einem Regisseur, auf den die Dorn wütend sei, weil der sie ständig erniedrigte. Leider wusste sie seinen Namen nicht.«
»Ein Regisseur?« Braig erinnerte sich an die Worte Susanne Brauns. »Derjenige, der sie als ›lahme alte Kuh mit schlaffen Titten‹ beschimpfte?«
Neundorf schaute überrascht über den Tisch zu ihm hinüber. »Woher hast du das?«
»Frau Braun. Sie hat es mir erzählt. Frau Dorn hatte eine Rolle als Serienheldin erhalten, stieg aber aus, weil er sie ständig demütigte.«
»Du kennst seinen Namen?«
Er überlegte, schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid. Ich werde mich sofort darum kümmern.«
Braig erhob sich, lief in sein Büro, suchte die Nummer Susanne Brauns in Köln. Die Frau nahm nach dem ersten Läuten ab.
»Haben Sie ein Glück«, sagte sie, nachdem Braig sich vorgestellt hatte, »gerade will ich das Haus verlassen.«
Er entschuldigte sich, versprach, sie nicht lange aufzuhalten.
»Hat sich das mit Katja noch nicht als falscher Verdacht erwiesen?«, fragte sie.
Braig seufzte laut. »Heute Mittag hat sie versucht, den vierten Mann zu töten. Er liegt schwer verletzt im Krankenhaus.«
»Wie bitte? Da gibt es keinen Irrtum?«
»Nein. So Leid es mir tut.«
»Weshalb rufen Sie an?«
Braig kam zum Thema. »Es geht um den Regisseur. Den, der Frau Dorn mehrfach beschimpfte. Sie erzählten mir, sie hatte eine Rolle als Serienheldin, gab sie aber auf, weil er sie ständig erniedrigte. Wissen Sie seinen Namen?«
»Ich weiß, wen Sie meinen«, antwortete Susanne Braun, »die Serie, die bei Ihnen spielt.«
»Bei uns?«
»Ja, in der Umgebung von Stuttgart. Lassen Sie mich überlegen. Ja, jetzt weiß ich es wieder. Schwank heißt der Kerl, Jochen Schwank.«
37. Kapitel
Braig konnte sich später nicht mehr daran erinnern, wie er das Telefonat mit Frau Braun
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