Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
unterlaufen, er hatte ihnen die falsche Nummer gegeben. An ihr lag es nicht, die Zahlenfolge auf dem Display stimmte genau mit der von ihr notierten überein.
    »I gang zur Polizei«, schrie der Mann am anderen Ende, » i hans dem Allmachtsdackel scho fünfmal gsagt, er soll diese verdammte Kulis endlich aus dem Verkehr ziehe, sonscht passiert was! I han die Schnauze gstriche voll!«
    »Wie bitte? Von was für Kulis reden Sie?«
    Die Stimme des Gesprächspartners drohte, sich zu überschlagen. »Fraget se doch net so blöd! Wo hent Sie denn mei Nummer her? Doch von dem Drecks-Kuli! Des isch mei Nummer, net die von dem Scheiß-Maler, Sie blöde Ragall!«
    Er hatte in dem Moment aufgelegt, als Braig direkt auf das Ludwigsburger Klinikum zusteuerte. »Wieder falsch, wie?«, fragte er.
    Neundorf nickte. »Aber nicht, weil ich mich verwählt habe. Die Ziffern auf den Kulis scheinen nicht zu stimmen, wenn ich den Typen richtig verstanden habe. Dieser Maler Hoch ist offensichtlich unter einer ganz anderen Nummer zu erreichen.»
    »Wieso bringt er dann solche Kugelschreiber in Umlauf?«
    »Keine Ahnung. Wir müssen es nachprüfen.«
    Braig stellte das Fahrzeug auf dem nahen Parkplatz ab, eilte mit Neundorf in die Vorhalle des Klinikums. Die Auskunft befand sich gegenüber vom Eingang. Neundorf streckte der Frau ihren Ausweis entgegen, gab ihr Zeit, ihn ausführlich zu studieren, erkundigte sich dann nach ihrem Kollegen. Sie hörte das Klicken der Computertastatur, sah, wie Söhnles Name auf dem Bildschirm erschien.
    »Das geht leider nicht«, erklärte die Frau hinter der Info-Theke, »Herr Söhnle ist nicht ansprechbar, er liegt auf der Intensivstation.«
    Braig verstand sofort, was das bedeutete. »Der betreuende Arzt, können wir ihn sprechen?«
    »Ihr Ausweis nützt Ihnen nichts. Sie sind keine Angehörigen, oder?«
    »Kollegen.« Er sah, wie die Frau mit der Schulter zuckte. »Oder genauer: seine Vorgesetzten.«
    »Jaja, aber das ist trotzdem nicht erlaubt.«
    »Wir gehen nicht, bevor wir nicht mit dem Arzt gesprochen haben«, erklärte Neundorf.
    Die Frau betrachtete sie mit einem wütenden Blick, griff dann zum Telefon. »Mit unverschämtem Auftreten kommt man weiter«, murmelte sie.
    Braig hörte, wie sie mit einer weiblichen Stimme einige Sätze wechselte, sah, dass sie den Hörer zurücklegte.
    »Station D, siebter Stock«, erklärte sie dann. »Frau Dr. Hörwein ist zu einem kurzen Gespräch bereit.«
    Braig bedankte sich mit ausgesuchter Höflichkeit, folgte Neundorf zum Treppenhaus. »Willst du etwa zu Fuß …«
    Sie hielt die Tür auf, spurtete die Stufen hoch. »Was tust du sonst für deine Kondition?«
    Er wusste, dass sie Recht hatte, musste sich dennoch mit aller Gewalt dazu zwingen, hinter ihr herzulaufen. Sein Magen knurrte, die Kopfschmerzen machten ihm immer mehr zu schaffen.
    Neundorf nahm zwei Stufen auf einmal, wartete, bis Braig, um Luft ringend, bei ihr angelangt war.
    Die Ärztin, eine Frau in den Vierzigern, saß in einem weißen Kittel vor einem Monitor, verfolgte aufmerksam das Aufblinken bzw. Verschwinden kleiner Lichtsignale. Braig und Neundorf wiesen sich aus, wurden trotzdem auf ärztliche Schweigepflicht hingewiesen.
    »Herr Söhnle liegt im künstlichen Koma. Wir versuchen, den Kreislauf und die Funktionen seiner Organe zu stabilisieren. Unsere Prognose ist aber nicht besonders positiv.«
    So sehr Neundorf insistierte, ihr Gegenüber war nicht bereit, weitere Auskünfte zu erteilen. »Krebs?«, fragte die Kommissarin.
    Die Ärztin reagierte nicht.
    »Keine Antwort ist manchmal treffender als tausend umschreibende Worte.«
    »Das mag sein. Sie sollten die Angehörigen Herrn Söhnles über seinen Krankenhausaufenthalt informieren.«
    Braig und Neundorf versprachen, sich darum zu kümmern, verließen die Station. Ein weiß gewandeter Krankenpfleger öffnete eine der Türen, trat auf den Gang. Braig erhaschte einen Blick ins Innere, sah mehrere nebeneinander aufgereihte Betten mit scheinbar leblosen Körpern. Bleiche Gesichter, unzählige Schläuche und Leitungen, Computer-Bildschirme, dazu das unablässige Fiepen und Pulsieren verschiedener Geräte und Pumpen. Er spürte das Unbehagen, fühlte die Gänsehaut, die sich auf seinem Rücken ausbreitete.
    Braig beeilte sich, den nächsten Fahrstuhl zu erreichen, sah, dass Neundorf ihm folgte.
    »Wie alt ist er?«, fragte sie.
    »41, glaube ich.«
    »Es klang nicht gut.«
    »Nein.«
    Sie drängten sich mit einer Gruppe niedergeschlagen wirkender

Weitere Kostenlose Bücher