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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Volksmund als
Höchster Berg des Landes
, kehrt doch kaum einer, der es hinaufgeschafft hat, vor dem Ablauf von Jahren zurück. Seit Jahrhunderten wurden dort Strafgefangene kaserniert. Fürsten und Könige des Landes hatten den Hügel benutzt, kritische und unbequeme Geister, wie Demokraten und Sozialisten, für Jahre dort wegzuschließen.
    Heute benutzen die in Stuttgart Regierenden subtilere, aber dennoch nicht weniger wirksame Methoden als ihre Vorgänger, Kritiker auszuschalten, überlegte Braig, drückte eine halbmondförmige Taste, hörte das Läuten der Glocke.
    Eine junge, mit T-Shirt und kurzem Rock bekleidete Frau öffnete die Tür, schaute sie mit aufgeregter Miene an. »Was ist?«, fragte sie. Ihre blond gelockte Mähne fiel ihr von der Seite ins Gesicht. Sie nahm die rechte Hand, warf die Haare zurück.
    »Mein Name ist Braig. Das ist meine Kollegin Neundorf. Wir kommen vom Landeskriminalamt.« Er zeigte ihr seinen Ausweis.
    »Ist was mit Bernie?« Ihre Augen glitten fahrig zwischen ihnen hin und her, schenkten dem Papier keine Aufmerksamkeit.
    »Sie sprechen von Herrn Hemmer?«
    Die junge Frau zappelte aufgeregt. »Wo ist er?« Eine Woge süßlichen Parfums strahlte von ihr aus.
    »Sie vermissen ihn?«
    Sie blickte nervös von Braig zu Neundorf, nickte mit dem Kopf.
    »Seit wann?«
    »Seit gestern. Er wollte Orgel spielen. Seitdem ist er weg.«
    »Dürfen wir reinkommen?« Braig bemerkte den kräftigen Lidstrich, mit dem sie die Konturen ihrer Augen betonte, sah das grelle Rot ihrer Lippen. Sie war üppig geschminkt, zu üppig!
    Die Frau gab eilig die Tür frei, lief vor ihnen her ins Innere. Der Gang führte kerzengerade zu einem kleinen, durch eine breite Glaswand gut einsehbaren, etwa fünf auf zehn Meter großen Swimmingpool. Links und rechts passierten sie Türen, die verschiedene Zimmer verschlossen.
    »Hierher bitte«, sagte die Gastgeberin, ließ sie in einen großen, mit weißen Fliesen und üppig grünen Pflanzen gestilten Raum treten, in dessen Mitte ein halbrundes Sofa um einen ovalen Tisch platziert war. Kein einziges anderes Möbelstück war zu sehen. Sie bat sie, sich zu setzen, wartete auf eine Erklärung.
    »Sie sind Herrn Hemmers Lebensgefährtin?«, fragte Neundorf, als sie sich auf dem weitläufigen Sofa verteilt hatten.
    Die Beschreibung ihrer Beziehung schien der Frau zu gefallen. Sie nickte mit dem Kopf.
    »Dürften wir, bitte, Ihren Namen wissen?«
    »Oh.« Sie strich ihren Rock zurecht, versuchte, ihn Richtung Knie zu ziehen. »Beatrice Brennerle.«
    Braig musste an sich halten, nicht loszubrüllen. Beatrice Brennerle. Das passte zusamme wie die Faust aufs Auge.
    »Sie leben schon länger mit Herrn Hemmer zusammen?«, wollte Neundorf wissen.
    Beatrice Brennerle schlenkerte ihre blonde Mähne zur Seite, überlegte. »Fast fünf Jahre«, sagte sie dann.
    »Aber er ist nicht geschieden?«
    »Seine ehemalige Frau will es nicht. Aber das ist nur eine Formsache.«
    »Sie haben Kontakt zu ihr?«
    Sie schüttelte energisch den Kopf. »Um Gottes willen, nein.«
    Braig betrachtete ihr Gesicht, überlegte, dass sie kaum älter als Hemmers Tochter war: Mitte, Ende zwanzig.
    »Kommt es öfter vor, dass ihr Lebensgefährte nachts nicht zu Hause ist?«
    Neundorfs Frage brachte sie aus dem Gleichgewicht. »Bernie? Nein, das heißt …« Sie stockte, setzte dann zu einer neuen Erklärung an. »Wenn er unterwegs ist, beruflich, meine ich …«
    »Er ist Fernsehproduzent?«
    Beatrice Brennerle nickte mit wichtiger Miene.
    »Was kann ich mir darunter vorstellen?«
    Die junge Frau blühte sichtbar auf. »Bernie produziert Fernsehshows für verschiedene Sender. Er kümmert sich um die Hallen oder Stadien, wo sie aufgezeichnet werden, die notwendige Technik, sucht nach den fähigsten Darstellern und Regisseuren, organisiert die Versorgung aller Beteiligten, schaut danach, dass alles in einem akzeptablen finanziellen Rahmen bleibt.«
    »Haben Sie ihn beruflich kennen gelernt?«
    »Ich war Tänzerin in mehreren Shows, einmal habe ich auch gesungen.« Der Stolz auf diese Leistung ließ sie um mehrere Zentimeter wachsen.
    Braig dachte mit Schrecken an jene dümmlich-eintönigen Veranstaltungen, die in immer unübersehbarerer Anzahl über die Bildschirme flimmerten, mit unaufhörlich in sämtliche Kameras grinsenden, zu lächerlichen Modeaffen aufgeplusterten Moderatoren, frivolen Sprüchen, unerträglichen musikalischen Ergüssen und scheinbar ausnahmslos geistlos-minderbemittelten Teilnehmern. Manchmal,

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