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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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und seine Hausnummer?«
    Braig nickte, hatte das Gebäude schnell gefunden. Ein in die Jahre gekommenes Mehrfamilienhaus mit hellen Balkonverkleidungen, einer millimetergenau gleichmäßig gemähten Rasenfläche im schmalen Vorgarten, mehreren Autoabstellplätzen davor.
    »Sein alter Ford steht da«, meinte Braig. Er wies auf den roten Escort, parkte genau daneben, läutete an dem mit sechs verschiedenen Namen beschrifteten Wohnungsschild.
    Keine Reaktion. Er drückte nochmals auf die Klingel, starrte nach oben. »Siehst du was?«
    Neundorf schüttelte den Kopf.
    Die junge Frau, die aus der Eingangstür trat, betrachtete Braig mit spöttischer Miene. »Sie sind wohl ein ganz hartnäckiger Bursche, wie?«
    Er löste den Finger von der Glocke, deutete nach oben. »Bernhard Söhnle, Sie kennen ihn?«
    Die Frau strich ihre Jacke zurecht, warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Da können Sie es lange probieren.«
    Braig trat von der Haustür zurück, stellte sich ins Licht. »Wieso?«
    »Das ganze Haus wurde wach«, zischte die junge Frau, zog eine Sonnenbrille aus ihrer Handtasche, setzte sie auf, »der wurde vom Notdienst geholt, gegen sechs heute Morgen. Das war ein Theater, bis die ihn endlich im Auto hatten.« Sie hängte sich die Tasche über die Schulter, verabschiedete sich. »Ich glaube, sie fuhren nach Ludwigsburg ins Klinikum.«
    Braig nickte nur kurz, bedankte sich für die Auskunft. Er gab Weißhaar Bescheid, ließ sich dann die Nummer des Klinikums geben, erkundigte sich dort nach Söhnles Einlieferung und seinem Gesundheitszustand.
    »Wer sind Sie?«, fragte die Frau am anderen Ende.
    »Sein Vater«, erklärte Braig. Es war die einzige Chance, überhaupt eine Information zu erhalten.
    »Das kann jeder sagen«, brummte sie. »Auskünfte am Telefon sind uns generell untersagt.«
    »Er liegt bei Ihnen?«
    Das »Ja« kam ihr nur schwer über die Lippen.
    »Wir fahren hin«, sagte er, »ich will wissen, wie es ihm geht.« Söhnle war morgens um Sechs vom Notdienst ins Krankenhaus gebracht. Braig war nicht einmal sonderlich überrascht. Insgeheim hatte er dergleichen schon befürchtet.
    Neundorf nickte, lief zum Auto zurück.
    Braig dachte an Söhnles Gesundheitszustand, wusste, wenn der den Notarzt rufen musste, ging es weiß Gott nicht um Bagatellen. Hoffentlich hatte es nichts mit seiner Krebserkrankung zu tun.
    Braig wollte gerade losfahren, als sein Handy läutete. Er meldete sich. Die Stimme kam ihm bekannt vor, obwohl er sie im ersten Moment nicht einordnen konnte.
    »Hier ist Wolfgang Reck.«
    »Ja?«
    »Ich bin der Organist in Großaspach. Wir sprachen heute Morgen miteinander.«
    »Ja, natürlich.«
    »Sie gaben mir Ihre Nummer.«
    »Ist Ihnen noch etwas eingefallen?« Mach schneller, rumorte es in Braig, lass dir nicht alles aus der Nase ziehen.
    »Genau. Deswegen rufe ich an. Obwohl ich nicht weiß, ob es Sie überhaupt interessiert.«
    »Um was geht es?«
    »Der Stift auf dem Notenständer der Orgel. Sie erinnern sich?«
    »Ja. Was ist damit?«
    »Es ist ein Kuli.«
    »Ein Kuli?«
    »Ja. Ein Kugelschreiber. Oder nicht?«
    »Ich glaube schon.« Braig überlegte, worauf der Mann hinauswollte. »Was ist mit dem Kuli?«
    »Wir benutzen Bleistifte. Niemals Kulis.«
    »Wie bitte?«
    Wolfgang Reck formulierte es deutlicher. »Beim Üben tragen wir bei schwierigen Griffen die Finger ein, mit denen der Akkord am besten zu spielen ist. Direkt neben die jeweilige Note. Aber immer mit Bleistift. Erstens kann es sein, dass ich beim zweiten, dritten Durchgang feststelle, dass ich besser doch andere Finger benutze, und zweitens spielt ein Kollege, der mit demselben Notenblatt arbeitet, die Passage vielleicht anders. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Anmerkungen nur mit Bleistift eintragen. Damit sie leicht ausradiert werden können.«
    Braig verstand immer deutlicher, was der Organist ihm da erklärte, spürte, dass die Mitteilung von eminent wichtiger Bedeutung sein konnte. »Das trifft für alle Orgelspieler zu?«
    »Nicht nur für uns. Soweit ich weiß, für alle Musiker. Notenblätter sind sehr teuer. Wir leihen sie uns gerne gegenseitig aus, um nicht ständig kopieren oder neue kaufen zu müssen. Deshalb benutzt niemand einen Kuli, um seine Griffe zu kennzeichnen.«
    »Herr Hemmer ebenfalls nicht.«
    »Warum sollte er? Das ist absolut unüblich.«
    »Vielleicht hatte er gestern seinen Bleistift vergessen und griff deshalb zu diesem Kuli.«
    »Das glaube ich nicht. Wer übt, trägt immer einen Bleistift mit

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