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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ganzen Vormittag. Ich muss aufräumen.«
    Ohne Zeit zu versäumen, hatte sie sich auf den Weg gemacht, das Anwesen des Mannes knapp 50 Minuten später erreicht. Jetzt, bei vollem Tageslicht, wirkten die beiden Grundstücke Hellners und das seines Nachbarn Bach mit dem Übermaß an herbstlich bunten Blättern und dem kleinen, grell gelb angestrichenen Haus wie bunte Farbtupfer in einer eher sterilen, von allzu großzügig ausgebauten Wohnkomplexen geprägten Gegend.
    Sie läutete an der Pforte, schob sie zurück. Im gleichen Moment öffnete Hellner die Haustür.
    »Mein Gott, Sie sind vielleicht hartnäckig«, maulte er.
    Neundorf lief quer durch den Garten. »Ich werde wohl meine Gründe haben«, erwiderte sie.
    Sie betrat das Haus, folgte dem Mann in das große Zimmer. Er schien fleißig am Werk gewesen zu sein, alles aufgeräumt und den Boden geputzt zu haben.
    »Warum schaffen Sie so gründlich Ordnung? Sie behaupten doch, unschuldig zu sein. Wieso wollen Sie alle Spuren beseitigen?«
    Er nahm eine gebrauchte Tasse vom Tisch, brachte sie in die Küche, kehrte mit einem feuchten Tuch zurück. »Sie haben wohl nichts gelernt, als Leute zu provozieren, wie?«
    Neundorf ließ sich nicht beirren. »Warum haben Sie mir nicht erzählt, dass Sie Patient von Frau Dr. Kleemann waren?«
    Hellner unternahm keinerlei Versuch, den Sachverhalt abzustreiten. »Weil ich das selbst erst heute Morgen realisiert habe, ob Sie mir das glauben oder nicht. Als ich ihr Bild im Internet sah.«
    »Ach ja? Aber Sie erinnern sich schon noch daran, dass Sie Frau Dr. Kleemann bedroht und handgreiflich traktiert haben?«
    »Mein Gott!« Hellner nahm das feuchte Tuch, ballte es zu einem festen Knäuel, warf es auf den Tisch. »Ich bin ausgerastet, weil mich die Ärztin unbedingt behandeln wollte und ich dafür keine Notwendigkeit sah. Zugegeben, mein Verhalten damals ist unverzeihlich. Aber ich war in Rage, leider, ja.«
    »So wie gestern Nacht?«
    »Ach, jetzt hören Sie doch auf! Sie haben doch mit Gerd gesprochen. Er hat Ihnen bestätigt, dass wir die ganze Nacht hier im Haus waren. Damals, das mit der Ärztin, verdammter Mist, das war nur, weil so ein Saukerl mit viel zu hohem Tempo an mir vorbeigerast war und mich zur Seite geschleudert hatte.«
    »Wer soll das gewesen sein?«
    »Irgend so ein Autohaus-Fatzke. Ich war mit meinem Fahrrad unterwegs, da drückte mich dieses Schwein mit seinem Karren an den Rand der Fahrbahn, sodass ich auf den Asphalt knallte. Einer dieser taffen Herren, die einen dicken Schlitten brauchen, um ihre Persönlichkeit erst wahrnehmbar werden zu lassen. Ich hatte den Aufdruck
Autohaus
genau gesehen, als er davonpreschte. Deshalb war ich so in Rage und genau in dem Moment kamen die Frauen aus dieser Arztpraxis und wollten mir unbedingt helfen. Dabei war es zum Glück nur eine kleine Schürfwunde.«
    Neundorf betrachtete ihr Gegenüber skeptisch. »Warum haben Sie den Kerl nicht angezeigt, wenn er Sie wirklich angefahren hat?«
    »Wen sollte ich denn anzeigen? Ich hatte weder den Namen der Firma erkannt noch das Auto-Kennzeichen. Nur der Aufdruck auf der Beifahrertür
Autohaus
fiel mir reflexartig ins Auge. Glauben Sie, in dem Moment, wenn Sie auf den Asphalt knallen, haben Sie noch lange Zeit, sich um die Identifizierung des Dreckschweins zu kümmern?«
    »Meine Kollegen hätten versuchen können, den Kerl ausfindig zu machen. Der gehört hinter Gitter, wenn er sich so verhalten hat, wie Sie es beschreiben.«
    »Ihre Kollegen?« Hellner lachte laut auf. »Oh ja, genau die!« Er wandte sich wieder dem Tisch zu, wischte ihn mit dem feuchten Tuch vollends sauber.
    »Meine Herren, welche Spuren wollen Sie denn unbedingt beseitigen?«
    »Es ist wegen meiner Frau. Sie kommt heute Mittag. Ich will sie nicht im Schmutz der letzten Tage empfangen.«
    »Ihre Frau?«
    »Ja. Wieso?« Er bemerkte die Verwunderung in ihrer Miene, begriff, woher sie rührte. »Ach du Schande, ja. Der alte Fascho von nebenan. Hat er wieder erzählt …«
    »Tut mir leid«, fiel Neundorf ihm ins Wort. »Das ist ohne Belang.«
    »Dass der alte Kerl damit hausieren geht, ich sei schwul? Ach ja, und dann haben Sie mitbekommen, dass Gerd bei mir übernachtete und schon … Was soll’s, kann mir ja gleichgültig sein. Aber genau deshalb habe ich Ihnen nichts von ihm erzählt, weil ich dachte, wenn Sie mich auch noch als Schwulen sehen, dann verdächtigen Sie mich erst recht. Minderheiten sind ja an allem schuld, so einfach ist das Leben, ist es nicht

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