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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ging, noch bevor er die Kladde samt Inhalt in den Händen hielt. Dieselbe Zeichnung, fast genau der gleiche Text.
    Ich bin das dritte Schwein, das büßen muss. Die anderen folgen
.
    »Verdammter Mist!«, schimpfte er.
    »Des kasch laut sage«, kommentierte der Spurensicherer, »wenn ihr den Saukerl net bald krieget, no gut Nacht in ond um Sindelfinge!«
    Braig spürte, wie es in ihm arbeitete, hatte Mühe, sich geradezuhalten. Er wusste, was diese Entdeckung bedeutete, fühlte sich kraftlos, müde, verbraucht. Wenn nicht alles täuschte, hatte derselbe Täter wieder gemordet, keine vierundzwanzig Stunden nach seinem ersten – oder zweiten? – Opfer einen Menschen, den sie in Gefahr gesehen hatten – quasi unter den Augen der Polizei getötet. Wenn das bis zu den Medien vordrang, dann …
    »Ihr hent den Kerle doch gwarnt, oder?«, fragte Rössle.
    Braig nickte kaum merklich mit dem Kopf. »Ich persönlich. Er hat es nicht ernst genommen«, brachte er seinen Frust zum Ausdruck. »Der hat mich ausgelacht.«
    »Aber das Haus wurde überwacht«, meinte Dolde. »Gestern Abend schon, oder?«
    »Unmittelbar nach meinem Besuch hier, ja.« Er hörte den Signalton seines Handys, betrachtete das Display, drückte den Anruf weg. Söderhofer, der hatte jetzt gerade noch gefehlt.
    »Wie kam der Täter ins Haus?«, fragte der Spurensicherer. Er hatte beide Arme weit in eines der leeren Fächer des Weinregals gesteckt, machte sich an der Rückwand zu schaffen.
    »Der alte Kumpel«, murmelte Braig. »Ich muss mich nach ihm erkundigen.« Er trat von der Tür des Weinkellers weg, lief zur Treppe, stieg die Stufen ins Erdgeschoss hoch. Gerhard Brüderle, hatte Robel ihm gestern Abend auf seine Nachfrage hin den Namen seines alten Bekannten genannt, er wohnt in Ludwigsburg.
    Braig gab die Nummer des Amtes ein, hatte Stöhr in der Leitung. »Ich benötige den Anschluss eines Gerhard Brüderle in Ludwigsburg, jetzt sofort. Sämtliche Anschlüsse«, präzisierte er.
    Der Kollege nuschelte irgendwelche unverständlichen Worte vor sich hin, gab ihm dann zwei verschiedene Nummern durch. »Hm, es ist so, das sind Handy und Festnetz, denke ich.«
    Braig gab beide Verbindungen ein, versuchte es zuerst mit dem Mobilfunk. Nach mehrmaligem Läuten hatte er das asthmatisch rasselnde Husten eines älteren Mannes im Ohr.
    »Brüderle«, glaubte er nach mehreren vergeblichen Anläufen zu verstehen.
    »Herr Gerhard Brüderle in Ludwigsburg?«, versuchte er sich zu vergewissern.
    »Ja, mit wem spreche ich?«
    »Mein Name ist Braig. Ich bin Kommissar beim Landeskriminalamt.«
    »Wie bitte?«, rasselte die hustende Stimme.
    »Polizei, Sie verstehen?«
    Der Mann rang um Luft. »Was wollen Sie von mir?«, fragte er dann.
    »Es geht um Ihren Besuch bei Herrn Robel.«
    »Gerald?«, entnahm er dem Dauerhusten.
    »Gestern Abend in Heslach.«
    »Ja, tut mir leid, aber Sie hören es ja selbst.«
    »Was meinen Sie?«
    »Was interessiert sich die Polizei für mich? Sind Sie ein Freund von Gerald?«
    Braig glaubte zu verstehen, weshalb der Mann so früh wieder gegangen war. »Sie haben gesundheitliche Probleme. Deshalb konnten Sie nicht so lange …«
    Brüderle fiel ihm mitten ins Wort. »Ich habe Gerald doch angerufen und mich entschuldigt. Ich konnte nicht kommen. Er hat alles versucht, mich umzustimmen, es mir doch noch zu überlegen, aber es ging wirklich nicht. Die Erkältung ist zu stark. Tut mir leid. Aber wieso interessiert das die Polizei?«
    »Sie waren gestern Abend nicht in Heslach?«
    »Was wollen Sie denn …« Der Rest des Satzes ging in heftigem Husten unter. »Ich wollte Gerald besuchen, wirklich. Ich habe mich ehrlich darauf gefreut. Aber es ging nicht. Sie hören es doch selbst. Ich bekomme kaum Luft.«
    War das die Erklärung? Braig fiel es wie Schuppen von den Augen. Nicht der alte Kumpel, den sie erwartet hatten, war gestern Abend bei Robel aufgetaucht, sondern der Verbrecher, vor dem sie ihn hatten schützen wollen. Unter den Augen der Polizei hatte er geläutet und sich vom Hausherrn persönlich – wahrscheinlich schon unter Androhung von Gewalt, was der etwa 15 Meter entfernt in seinem Wagen sitzende Beamte nicht bemerkt hatte – in die Wohnung führen lassen. Robel hatte wohl geglaubt, sein Kumpel habe es sich doch noch überlegt und sich trotz seiner Erkältung zu dem Besuch entschlossen, weshalb er voller Freude die Tür geöffnet hatte. Und während der Kollege draußen in seinem Fahrzeug akribisch das Haus samt Umgebung musterte,

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