Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
Patienten, die sich so oder ähnlich verhalten haben?«
    »Patienten? Ja gut, natürlich gibt es hin und wieder Leute, die mit uns, der Zeit, die wir uns mit ihnen beschäftigen, den Medikamenten, die wir verschreiben, auch der Anzahl der Tage, die wir sie krank schreiben, nicht zufrieden sind. Das bleibt nicht aus, bei dem Stress, unter dem wir oft arbeiten, auch wenn wir uns noch so sehr bemühen, auf den Einzelnen einzugehen. Aber dass einer dann so wütend wird, dass er …«
    »Ich weiß, das klingt absurd, vollkommen absurd. Ist es vielleicht auch. Aber ich möchte Sie und Ihre Mitarbeiterinnen trotzdem bitten, darüber nachzudenken. Solange wir keine genaueren Anhaltspunkte haben, sind wir auf die kleinsten Nebensächlichkeiten angewiesen. Unbedachte Worte, zornige Mails, unkontrollierte Wutausbrüche in der Praxis oder am Telefon. Wenn Sie die letzten Wochen und Monate Revue passieren lassen – vielleicht fällt Ihnen etwas ein.«
    »Ich werde mich bemühen und es auch meinen Mitarbeiterinnen ans Herz legen. Mit diesem Herrn Hellner hat sich nichts ergeben?«
    »Nein«, hatte Neundorf geantwortet, »der hat sich für sein Verhalten bei Ihnen mehrfach entschuldigt. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, will er das bei Ihnen beziehungsweise Ihren Angestellten auch noch persönlich tun.«
    »Das ist nicht nötig. Ich hatte das längst vergessen.«
    »Wie steht es mit dem Privatleben Frau Dr. Kleemanns? Gab es da Probleme? Soweit Ihnen das bekannt ist, versteht sich.«
    »Probleme?« Dr. Welser hatte nach Luft geschnappt. »Wo gibt es die nicht? Meike ist …« Sie hatte nicht weiter gesprochen, sich dann nach einer Weile berichtigt. »Meike war eine attraktive Frau. Als ihre letzte Beziehung in die Brüche ging …«
    »Im Streit?«
    »Na ja, böse Worte gab es da schon. Von beiden Seiten.«
    »Wie heißt der Mann? Sie kennen ihn?«
    »Thomas Salier. Er wohnt in … Oh, wo war das jetzt gleich? Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Er ist weggezogen, gerade in der Zeit, als sie sich trennten. Früher lebte er in Marbach und jetzt in Schwieberdingen. Aber die genaue Adresse … Vielleicht finden Sie sie in ihrer Wohnung. Die werden Sie sich doch anschauen, oder?«
    »Meine Kollegen sind schon dabei, ja«, hatte Neundorf geantwortet, war dann noch auf die seltsame Kleidung der Toten zu sprechen gekommen. »Eine Frage hätte ich noch: Ist Frau Dr. Kleemann irgendwie in die Auseinandersetzungen um den Tunnelbahnhof involviert? Ich meine, engagierte sie sich für dieses Projekt?«
    »Für dieses Projekt?« Die Ärztin hatte hörbar um Luft gerungen. »Wir sind engagiert, unser ganzes Praxisteam, aber doch nicht dafür, sondern dagegen.«
    »Dagegen? Das ist seltsam.«
    »Was soll daran seltsam sein? Sie haben sich mit der Sache wohl noch nicht befasst, sonst wären Sie garantiert anderer Auffassung.«
    »Sie verstehen mich falsch«, hatte Neundorf erwidert. »Es geht nicht darum, dass ich mich nicht damit befasst hätte, es geht um die Kleidung, die Frau Dr. Kleemann trug, als wir sie fanden.«
    »Wieso?«
    »Sie hatte ein T-Shirt, wie soll ich sagen, über den Kopf gezogen… Es trug die Aufschrift:
Tu ihn unten
…«
    Neundorf war mitten im Satz vom Schreien der Ärztin unterbrochen worden. »Nein, um Himmels willen, sind Sie ruhig! Das kann nicht sein!« Dr. Welser war für ein paar Sekunden verstummt, hatte versucht, ihre unüberhörbare Empörung zu dämpfen. »Wer hat ihr das angetan? Welches Schwein war da am Werk? Sie glauben gar nicht, wie wir uns über dieses sexistische Machwerk aufgeregt haben! Und das soll Meike getragen haben? Nie und nimmer!«
    »Dann gibt es nur eine Erklärung: Ihr Mörder muss es ihr nach dem Tod …«
    »Pfui Teufel! Wer tut so etwas? Wie pervers sind solche Existenzen? Der hat Meike nicht nur ermordet, der will auch noch ihre Ehre zerstören, jetzt, wo sie sich nicht mehr wehren kann. Der will sie noch im Tod demütigen. Mit was für einem Schwein haben wir es da zu tun? Mein Gott, das darf doch nicht wahr sein! Bitte, versprechen Sie mir, dass Sie alles tun werden, diesen Verbrecher zu finden!«
    Neundorf hatte einen lauten Seufzer hören lassen. Das Bild der Toten vor Augen, das Shirt mit dem widerlichen Aufdruck, die seltsame Art, wie es ihr über dem Kopf hing, hatte sie sich mehr und mehr der Auffassung angeschlossen, die ihre Gesprächspartnerin eben zum Ausdruck gebracht hatte. Der Mörder oder eine weitere an dem Verbrechen beteiligte Person hatten ihrem Opfer das

Weitere Kostenlose Bücher