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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Umgebung überprüft, nichts. Sie ist nicht mehr da.«
    Braig versuchte sich zu konzentrieren. Es fiel ihm nicht leicht, die späte Stunde forderte ihren Tribut. »Verstehe ich das richtig: Die Frau, die hier heute Nacht überfallen wurde, ist nicht mehr aufzufinden?«
    Der Beamte bog in eine andere Straße ein, die nur mäßig beleuchtet war, bestätigte die Worte seines Gesprächspartners. »Ja, sie ist weg. Und so seltsam es klingt: Wir wissen nicht, wieso und auch nicht, wohin.«
    Er schüttelte den Kopf, massierte seine Schläfen, versuchte zu verstehen. »Wie konnte das passieren?«
    »Tut mir leid. Wir wissen es nicht.«
    »Sie sind detailliert über das Geschehen informiert?«
    »Nur teilweise. Sie müssen die Kollegen fragen. Wir sind gleich da.«
    Braig sah die beiden Blaulichter von weitem. Ihre grellen Blitze stachen ihm schmerzend in die Augen. Er blickte zur Seite, wartete, bis der Wagen zum Stillstand gekommen war, bemerkte jetzt erst die große Gruppe aufgeregter Neugieriger, die von zwei uniformierten Kollegen in Schach gehalten wurden. Nachts kurz nach Eins. Was wollten die hier? Benötigten die keinen Schlaf?
    Er stieg aus dem Auto, schaute sich um. Vor ihm im fahlen Licht der Lampen die Otto-Bayer-Straße, auf der linken Seite von mehrstöckigen Wohnhäusern gesäumt, zur Rechten die Gebäude verschiedener Betriebe. Zwei Polizeifahrzeuge waren quer über den Gehweg geparkt, offensichtlich in der Absicht, einen kurzen Abschnitt des Fußgängerbereichs von den Schaulustigen freizuhalten. Einen großen Teil der Neugierigen hinderte das nicht daran, sich auf der Straße zu postieren, mühsam von den beiden Schutzpolizeibeamten am Betreten des Gehwegs gehindert.
    Braig drängte sich durch die Meute der Gaffer, zog seinen Ausweis, streckte ihn einem der uniformierten Kollegen entgegen. Der Mann nickte ihm zu, ließ ihn passieren. Er lief weiter, erreichte den abgesperrten Teil des Gehwegs unmittelbar vor dem Areal einer Firma. Drei Beamte der Schutzpolizei, zwei Männer und eine Frau waren in ein intensives Gespräch mit einem jungen, mit einem hellem Anzug und gemusterter Krawatte bekleideten Mann vertieft.
    »… so wahr ich hier stehe!«, hörte Braig die aufgeregte Stimme des Mannes. »Wie oft soll ich es noch wiederholen?«
    Er räusperte sich laut, sah die erstaunten Gesichter, stellte sich vor. »Braig vom LKA. Guten Abend.«
    Die einzige Frau in der Gruppe reagierte als erste. Sie nahm ihre Mütze vom Kopf, ließ einen Seufzer der Erleichterung hören. »Endlich! Mein Gott, bin ich froh, dass Sie die Sache übernehmen!«
    Braig sah, wie sie sich zur Seite drehte, eine Zigarette aus ihrer Jacke fischte und ansteckte. Ihre langen blonden zu einem Zopf geflochtenen Haare lagen kreisrund um ihren Kopf.
    »Eine Frau wurde überfallen?«, fragte er, um nicht lange um den heißen Brei herumzureden.
    »Ja, angeblich …«, äußerte einer der Beamten.
    Der Mann in dem hellen Anzug fiel ihm mitten ins Wort. »Nicht angeblich! Ich verbitte mir diese Kritik. Ich habe es gesehen, mit meinen eigenen Augen! Das war kein Spiel!«, rief er so laut, dass es bis auf die Straße schallte.
    »Was hot der gsehe?«, kreischte es aus der Gruppe der Neugierigen.
    Braig versuchte, seinen Gesprächspartner zu beruhigen. »Moment. Darf ich zuerst um Ihre Personalien bitten?« Er zog sein Notizbuch aus der Tasche, wartete auf eine Antwort.
    Der Mann im Anzug holte tief Luft. Er hatte ein schmales, bleiches Gesicht, trug einen dünnen Oberlippenbart. »Mein Gott, ist das umständlich hier«, schimpfte er. »Sie sollen nach der Frau suchen, das ist viel wichtiger. Nicht, dass die sich noch was antut nach dem Schock. Die muss völlig fertig sein. Meinen Namen und meine Adresse habe ich doch denen da schon längst mitgeteilt.« Er zeigte auf die uniformierten Beamten.
    »Ihre Personalien, bitte«, wiederholte Braig unbeirrt.
    Der Mann hatte Mühe, sich zu beruhigen. »Bareiss, Bernhard.«
    »Sie wohnen hier?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht direkt. Dort vorne in der Katharinenstraße.« Er deutete auf die andere Seite der Fahrbahn. »Ich war in Deizisau bei meinem Chef. Er hat gekocht, mit Hilfe seiner Frau allerdings. Deshalb.« Er griff nach seiner Krawatte, hielt sie vor sich hin. »Sonst wäre ich nicht so angezogen.«
    »Und? Was haben Sie gesehen?«
    Bareiss atmete tief durch. »Also, jetzt wiederhole ich alles zum zehnten Mal!«
    »Ich bitte darum.«
    »Ich war bei meinem Chef in Deizisau«, begann er erneut, »bis

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