Schwaben-Liebe
…
Himmeldonnerwetter, was sollte das?
Sie zog einen Stuhl vor, ließ sich fallen. Das Möbel ächzte laut.
Zwei großformatig auf Papier ausgedruckte Bilder, beide mit demselben Motiv; ein drittes Blatt als Begleitschreiben. Zur Erklärung sozusagen, weshalb man ihr die Fotos zusandte, Carolin Köhler hatte die Sache sofort begriffen. Frau machte keine blitzartige berufliche Karriere, wenn sie nicht über eine besonders schnelle Auffassungsgabe verfügte. Und sollte es bei ihr überhaupt an etwas mangeln, daran ganz gewiss nicht. Bei dem Brief handelte es sich um eine Erpressung. Der Kerl wollte Geld, schlicht und einfach. Dieser verkommene Halunke!
Ich denke, es ist für uns beide besser, wenn diese und weitere noch detailliertere Aufnahmen nicht an die Öffentlichkeit kommen. Weder dein Mann noch deine Vorgesetzten und Kollegen sollten sich an all den vielen Bildern erfreuen, die während unserer kurzen, aber intensiven Begegnung entstanden
.
Und für die Polizei sind sie wirklich nicht geeignet. Vergiss bitte nicht, wie schnell sich per Internet solch reizvolle Motive verbreiten. Wäre das in deinem Sinn?
Nein, das weißt du selbst am besten. Deshalb sollten wir uns schnell einig werden
.
Sagen wir 20.000. Ich denke, das ist fair. Für mich ist es nämlich sehr viel, aber für dich sind das nur Peanuts. Bei deiner Position, deinem Einkommen – du spürst das überhaupt nicht
.
Wie die 20.000 Euro zu mir finden?
Ganz einfach: Du hast genau 8 Tage Zeit, das Geld zu besorgen, dann wirst du meine Vorschläge erhalten, wie die Scheine zu mir kommen. Und wie gesagt: Keine Tricks! Sonst … das Internet, du verstehst?
P.S: Ich denke gerne an unsere gemeinsamen Stunden zurück, sehr gerne!
Sie schob das Blatt zur Seite, betrachtete angewidert die beiden großformatigen Fotos. Ihr Gesicht im Augenblick höchster Wonne. Ekstase pur, überlegte sie, der Mund und die Augen bis zum Geht-nicht-mehr aufgerissen, die Person, um die es sich handelte, dennoch eindeutig zu erkennen.
Genauso die zweite Aufnahme: Sie im Moment größter Erregung in den Armen eines kräftigen jungen Mannes direkt in die Richtung der Kamera starrend, große Teile ihres nackten Körpers plastisch sichtbar, der Freudenspender dagegen nur per Rückansicht zu erkennen.
Keine Frage, dass das nicht an die Öffentlichkeit gelangen durfte, gleich, welchen Preis sie dafür zahlen musste. Nie und nimmer!
15. Kapitel
September
Lolita
hieß mit bürgerlichem Namen Emilia Widenoff und wohnte im Stuttgarter Vorort Hoffeld. Braig hatte sie unter der in Hesslers Computer gespeicherten Nummer beim ersten Versuch erreicht und mit ihr einen Termin um 14 Uhr in ihrer Wohnung verabredet.
»Polizei? Was wollen Sie von mir? Ich tue nichts Illegales und zahle alle Steuern, pünktlich und bis auf den letzten Cent«, hatte sie ihm schon am Telefon eröffnet, »ich weiß also nicht …«
»Einer Ihrer Kunden«, war Braig ihr mitten ins Wort gefallen, »Schniedelwutz, falls Ihnen das etwas sagt.«
»Der? Wieso interessieren Sie sich für den? Hat er sich etwa über mich beschwert?«
»Sie können beruhigt sein. Der Mann weiß überhaupt nichts von diesem Gespräch.«
Sie empfing ihn in einem hellen, legeren Hausanzug, dessen Stoff ihr weitläufig über die Schultern fiel. Das schmale, von einer kleinen Stupsnase gezeichnete Gesicht dezent geschminkt, die dunklen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, musterte sie ihn mit unruhigem Blick. Braig schätzte sie auf Mitte bis Ende zwanzig, hätte sie unter anderen Umständen wohl niemals mit der außergewöhnlichen Profession in Verbindung gebracht, mit der sie Raphaela Grolls Worten nach ihr Geld verdiente. Er streckte ihr seinen Ausweis entgegen, nannte seinen Namen, reichte ihr die Hand.
»Emilia Widenoff«, stellte sie sich mit kaum hörbarem Akzent vor. Sie trat von der Tür zurück, winkte ihn in die Diele, wies ihm den Weg ins Wohnzimmer.
Braig schloss die Wohnungstür, folgte ihr in einen großzügig mit einer bunten Sitzgarnitur, einem kleinen, runden Tisch, einem weißen Wandschrank und einem großen Flachbildschirm ausgestatteten Raum. Auf dem Tisch türmten sich neben einem betriebsbereiten Laptop mehrere Ordner und Bücher.
»Wenigstens sind Sie in Zivil«, erklärte sie. »Ich dachte schon, eine ganze Armada Uniformierter stürmt ins Haus und weckt meine lieben Nachbarn aus ihrer Mittagsruhe.«
»Dafür gibt es keinen Grund, oder?« Er musterte sie mit fragendem Blick, ließ sich auf einem der
Weitere Kostenlose Bücher