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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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er nicht bereit war, das hinzunehmen.«
    Braig musste nicht lange überlegen, sich auszumalen, was das bedeutete.
    Ein Politiker aus der Provinz. Einer der alten Strippenzieher. So erfolgreich wie verlogen. Hesslers unverhohlene Worte, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, sein Doppelleben bloßzustellen. Den scheinheiligen Maulhelden damit in den Abgrund zu stoßen. In den Abgrund, aus dem es kein Entkommen gab. Es sei denn, man sorgte vor …

16. Kapitel
    Vier Monate zuvor
    Carolin Köhler hatte genau vier Stunden benötigt, sich darüber klar zu werden, wie sie mit den Drohungen des Erpressers umzugehen hatte. Zwei Stunden, um den Schock zu überwinden, den das unverhoffte Auftauchen der Fotos und des Begleitschreibens bei ihr ausgelöst hatten, und weitere zwei Stunden, um sich eine konkrete Strategie ihrer Reaktion zurechtzulegen. Dass sie reagieren musste, war von Anfang an klar, was ihrer konzentrierten Überlegung bedurfte, war allein die Frage nach dem Wie. Sie musste einen Weg finden, das Problem zu lösen, das sich völlig überraschend vor ihr aufgetan hatte, so wie sie das beruflich seit über zehn Jahren zu tun gewohnt war. Nicht mehr und nicht weniger. Mit dem einzigen Unterschied, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine berufliche, sondern um eine private Angelegenheit handelte.
    Worum es hier ging, lag offen vor Augen: Der Kerl wollte Geld, das ihm nicht zustand. Er wähnte sich offensichtlich in dem Glauben, ein willfähriges Opfer gefunden zu haben, ein naives, von seiner Offensive völlig überfahrenes Geschöpf. Das war eine hervorragende Ausgangsposition für ihren Konter: Einen Krieg vom Zaun zu brechen und seinen Gegner dabei so maßlos zu unterschätzen, kündete von purer Dummheit. Mit mir nicht, du elender Halunke, du hast dir das falsche Opfer ausgesucht!
    Natürlich würde sie das Geld nicht zahlen, nicht einen einzigen Cent. Wer garantierte ihr, dass er es bei der ersten Forderung belassen und sie nicht Monat für Monat aufs Neue anbaggern würde? Nein, seinen Forderungen nachzugeben, war der falsche Weg, daran hatte sie nicht den geringsten Zweifel. Sollte er ihrem Mann doch ruhig die Fotos zukommen lassen, das bereitete ihr keine schlaflose Minute. So oft wie Rolf sie schon betrogen, eine junge Schlampe nach der anderen flachgelegt hatte, war das nur ein billiger Ausgleich. Sollte der geile Bock doch Augen machen, wenn er sie mit ihrem vermeintlichen Lover in flagranti erblickte – eigentlich hätte sie schon viel früher auf die Idee kommen sollen, diese Momente zu dokumentieren. Allein seiner Überraschung wegen. Tit for tat – wie du mir, so ich dir – das war doch ohnehin die einzige Sprache, die der ihr angetraute Spermabolzen verstand. Nein, Rolf mit den Fotos zu konfrontieren, war keine Drohung, eher ein Geschenk.
    Was sie dagegen auf jeden Fall verhindern musste, war das Auftauchen der Fotos im Internet. Nicht etwa aus Gründen der Scham oder der Blamage – sie war eine selbstbewusste Frau und lebte nicht mehr im Mittelalter. Genau wie so viele Vertreter des anderen Geschlechts hatte auch sie ein Recht darauf, das Leben in all seinen Facetten zu genießen; sexuelle Eskapaden waren angesichts der Vielfalt der Möglichkeiten modernen Zeitvertreibs da doch wohl eine der harmloseren Varianten.
    Nein, das Problem lag eindeutig auf einer anderen Ebene: Sollten eines oder mehrere der Fotos im Internet zu sehen sein, bedeutete das ihren beruflichen Ruin, zumindest den ihrer bisher steil nach oben führenden Karriere. Nacktfotos, noch dazu in diesen eindeutigen Posen, in den Händen ihrer Verhandlungspartner oder – fast noch schlimmer – ihrer bankinternen Konkurrenten, nein, ihr blieb nur die sofortige Kündigung, ohne jede Alternative. Das durfte nicht geschehen, um nichts in der Welt. Sie hatte sich nicht über die Jahre hinweg abgerackert, bis in die Nächte hinein gearbeitet, ein Wochenende nach dem anderen geopfert, um ihre Karriere jetzt so erbärmlich in den Sand zu setzen. Die Veröffentlichung der Fotos im Internet musste verhindert werden, um jeden, wirklich jeden Preis. Ihre berufliche Karriere genoss absolute Priorität, ohne jede Einschränkung. Sich vor dieser absurden Attacke zu schützen, bedurfte es jetzt ihrer gesamten Energie. Die Polizei einzuschalten, kam nicht infrage. Zu groß schien ihr die Gefahr mangelnder Verschwiegenheit, zu intensiv die Verflechtung schlecht bezahlter Beamter mit sensationsgeilen Boulevardschmierern. Nein, sie würde die

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