Schwaben-Liebe
er nur in Umrissen.«
Rössle schien es die Sprache verschlagen zu haben. Erst nach mehreren Sekunden Pause hatte sie ihn wieder am Ohr. »Woher …?«
Neundorf hatte Fellbach erreicht, bremste das Auto ab, parkte es am Rand der Esslinger Straße. »Ein Anwohner in Untertürkheim hat unseren Toten erkannt«, antwortete sie, »und mir genau das erzählt, was du anscheinend gerade vor dir …«
Rössles lautes Rufen ließ sie mitten im Satz innehalten. »Jetzt leck die Katz am Arsch«, rief er, »mir hent es mit einem Profi zu tun.«
»Was ist los?«
»Alle Idiote von Sindelfinge, i fürcht’, i woiß, warum die den über de Haufe gfahre hent.«
»Weil er Carolin Köhler, so heißt die Frau, verführt und sie anschließend mit genau den Bildern, die du jetzt vor dir siehst, erpresst hat?«
»Carolin Köhler?« Rössles Lachen dröhnte so laut an ihr Ohr, dass sie den Lautsprecher zur Seite zog. »Schön, dass du den Name von einer von dene Fraue kennsch. Und wie heißet die andere zwoi?«
»Welche anderen zwei?«
»Ha, jetzt han i grad die dritte Nackede vor mir. Und versuch bloß net, mir uffzuschwätze, des alles wär diese Carolin Köhler. So gute Auge han i scho noch, dass i den Inhalt von drei völlig verschiedene Körblegröße voneinander unterscheide kann! Von A bis C isch alles dabei!«
Neundorf glaubte, nicht richtig zu hören. »Wie bitte? Drei verschiedene Frauen? Und jedes Mal die gleiche Situation?«
»Allerdings«, bestätigte er laut lachend. »Von dene Weiber siehsch quasi alles und von dem Kerl nur den Rücke. Halt!« Er verstummte, murmelte ein leises: »Jetzt gucket au des a.«
»Was ist los?«
»Jetzt han i a Stück von seinem Arsch uf dem Monitor. Aber des interessiert die net, oder?«
»Nein«, bestätigte sie seine Vermutung, »sein Hinterteil interessiert mich wirklich nicht. Wie steht es mit der Identität der Frauen? Kannst du sie irgendwo entdecken?«
»Du moinsch, die hent ihren Namen und ihre Adress uf ihren Busen tätowiert?«
»Blödmann! Du hast noch kein Namensverzeichnis oder so etwas Ähnliches entdeckt? Der hat die Frauen doch erpresst, da muss eine genaue Adressenliste zu finden sein.«
»Wer weiß, vielleicht. Aber so weit bin i no net. I han immer noch a nackedes Weibsbild vor mir.«
»Na, dann viel Spaß! Wenn es sich nicht um illegal aufgenommene Bilder handeln würde … Was ist? Schaffst du es allein, alles durchzuschauen oder benötigst du meine Hilfe?« »I versuch’s«, antwortete der Techniker. »Mit Glück find i au die Name und Adresse. Wenn net … I geb uf jeden Fall Bescheid.«
Neundorf beendete das Gespräch, fädelte sich wieder in den Verkehr ein. Sie hatte Waiblingen noch nicht erreicht, als der Signalton des Handys erneut ertönte.
Weisshaar war in der Leitung. »Es geht um diese Frau. Carolin Köhler«, erklärte er.
»Du hast ihre Adresse?«
»Es gibt zwei Personen mit diesem Namen.«
»Oh, so ein Mist!«
»Vom Alter her sind sie allerdings deutlich zu unterscheiden, vielleicht hilft dir das. Die eine Carolin Köhler wohnt in Ulm und ist fünfzehn Jahre alt…«
»Nein«, erklärte Neundorf, »die kann es nicht sein.«
»Na gut. Die andere Carolin Köhler ist vierundvierzig und wohnt in Friedrichshafen.«
»Am Bodensee?«
»Der Postleitzahl nach, ja.«
»Das könnte sie sein. Vierundvierzig. Vom Alter her passt das.«
»Gut. Dann gebe ich dir alle ihre Daten durch.«
»Gegen die Frau aus Friedrichshafen liegt nichts vor?«
»Nein«, bestätigte er. »Mit dem Gesetz kam sie unseren Unterlagen nach noch nicht in Konflikt.«
25. Kapitel
All die vielen coolen, abgebrühten Kommissare, die jeden Abend auf den Bildschirmen gelangweilt von einer Leiche zur anderen eilten und selbst im Moment der Begutachtung eines gewaltsam aus dem Leben geschiedenen Menschen mit flapsigen Bemerkungen um sich warfen – Braig hatte noch nie nachvollziehen können, wieso dieses abstruse Zerrbild seines Berufes so viele Menschen immer noch zu faszinieren vermochte. Vielleicht existierte wirklich irgendwo das eine oder andere absolut emotionslose Ermittlungsmonster; die Kollegen, die er bisher kennen gelernt hatte, waren von völlig anderem Kaliber. Kaum ein Beamter, dem es restlos gelang, sich vor dem menschlichen Leid, mit dem er konfrontiert war, komplett abzuschotten. Obwohl er die Personen, deren sterblichen Überresten er gegenüberstand, nur äußerst selten als lebendige Menschen gekannt hatte, fühlte sich Braig auch jetzt nach zwei
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