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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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sein?«
    »Den ganzen Tag?«
    »Wir sind mitten in der Ernte«, mischte sich Gabriele Krauter ein, »wissen Sie, was es bedeutet, zehn Hektar Korn einzuholen?«
    »Immerhin reichte es Ihnen gestern Abend ins Haus der Wirtschaft.«
    »Ich muss mich vor Ihnen nicht rechtfertigen, was ich in meiner knapp bemessenen Freizeit unternehme.«
    Güblers Gesicht lief rot an. Er reckte sich in die Höhe, versuchte, seinem kleinen Körper mehr Gewicht zu geben. Braig wusste, dass sein Vorgesetzter stets Schuhe mit extra hohen Absätzen trug, sündhaft teure Modelle, die durch raffinierten Schnitt ihre Absicht zu verbergen suchten. Gotthold Güblers Körper war jedoch so klein geraten, dass ihm auch die teuersten Schuhe nichts halfen.
    »Ich kann Sie gern ins Landeskriminalamt vorladen lassen«, drohte er, »vielleicht finden Sie mir gegenüber dann freundlichere Worte.«
    Braig spürte, dass sie so nicht weiterkamen. Güblers aggressives Auftreten nervte ihn zusehends.
    »Ich weiß nicht, für wie dämlich Sie uns halten«, protestierte Gabriele Krauter. »Aber glauben Sie allen Ernstes, wir sind so naiv, einen Menschen zu ermorden und seine Leiche dann demonstrativ vor unserer Haustür abzuladen, damit alle wissen, wer es getan hat?«
    Gübler hielt den Kopf schräg nach oben, fixierte die Frau mit seinem Blick. »Sie meinen, die Tatsache, dass die Leiche hier gefunden wurde, spricht Sie automatisch von jedem Verdacht frei? Sie täuschen sich gewaltig. Vielleicht haben Sie genau darauf spekuliert. Sie brachten den Mann um. Warum, kann ich im Moment noch nicht erklären, wir werden es aber herausfinden. Statt ihn irgendwo abzuladen, legten Sie ihn quasi vor Ihr Haus, weil Sie damit rechneten, dass die Polizei jeden verdächtigen würde, nur nicht Sie. Weil ein Mörder ja nicht so naiv sein könne, wie Sie es eben selbst erklärten. Gehe ich recht in der Annahme, dass sich die ganze Angelegenheit so …« Seine Worte gingen im Dröhnen eines großen Flugzeugs unter, das über ihnen zur Landung ansetzte. Erschrocken starrte er nach oben, verfolgte die Maschine, bis sie wenige Kilometer entfernt auf der Piste aufgekommen war.

5.
    Steffen Braig spürte, dass er es nicht mehr lange aushalten würde. Sein Kopf drohte zu explodieren, in unzählige Teile zu zerspringen.
    Der Besuch gestern Abend bei seiner Mutter, die kurze, fast schlaflose Nacht, die auch für einen Augusttag hohen Temperaturen, schließlich noch der Anblick der übel zugerichteten, entstellten Leiche draußen auf dem Feld – das alles kam zusammen und kulminierte als Schmerz in einem Teil seines Gehirns. Steffen Braig hustete laut, spürte, wie sich der Druck langsam von seinem Kopf löste. Er hatte Schwierigkeiten, Güblers Worten zu folgen. Sie hatten die Frauen verlassen, waren unterwegs ins Amt.
    »Sie überprüfen das Alibi der Frau. Fragen Sie im Haus der Wirtschaft nach den Veranstaltern und ob sich irgendjemand an sie erinnert. Außerdem ihre Mitbewohnerin, diese Beranek oder so. Ist das nicht eine Polin oder Russin? Braig, Sie kennen sich da aus. Das ist Ihr Fall. Quetschen Sie die beiden aus, ich traue denen nicht. Dann klappern Sie die Nachbarn ab, jeden Bauernhof, alle. Vielleicht haben die heute Nacht ungewöhnliche Geräusche gehört, auffällige Personen entdeckt. Wer weiß. Ich gebe Ihnen den Kollegen Söhnle mit, damit es schneller geht; sorgen Sie dafür, dass alle als vermisst gemeldeten Personen sofort überprüft werden.«
    Braig rieb sich mit Daumen und Mittelfinger der rechten Hand die Schläfen, atmete tief durch. Die Schmerzen ließen langsam nach. »Sie kennen die Frau?«, fragte er.
    Gübler trommelte gegen die Beifahrertür. »Und ob!« erklärte er. »Eine durchtriebene, unglaublich clevere Person, besessen vom Hass auf Fortschritt und auf Männer, die diesen Fortschritt repräsentieren. Wir ermittelten gegen sie und ihre Kommune im Zusammenhang mit dem Ausbau des Flughafens vor einigen Jahren. Die versuchten mit allen Mitteln dagegen zu opponieren, organisierten Demonstrationen und Protestmärsche, hetzten die Bevölkerung auf und veranstalteten Schwarze Messen mit dem Ziel, den Neubau der Autobahn und die Vergrößerung des Flughafens zu sabotieren.«
    »Schwarze Messen?«
    »Orgien, Teufelsbeschwörungen, Gewaltakte, sexuelle Perversionen, Lesbentreffs, nächtelang.«
    Braig runzelte die Stirn, starrte seinen Vorgesetzten mit großen Augen an. »Hier, bei uns?«
    »Achten Sie auf die Straße, junger Mann«, maulte Gübler ärgerlich,

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