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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Kleinkrieg, wie er sich in unzähligen Wohnungen auch innerhalb nach außen heiler Familien abspielte.
    Er blätterte weiter, traf auf zwei Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen ausgebüchst waren: Der eine, ein achtzehnjähriger Azubi aus Karlsruhe, weil er von der Polizei wegen verschiedener Einbruchsdelikte gesucht wurde, war kurz vor dem Eintreffen der Beamten verschwunden, wie auf dem Papier verlautete. Der andere, ein 16-jähriger Schüler aus Göppingen, von seiner allein erziehenden Mutter vermisst gemeldet, wurde im Drogenmilieu vermutet. Braig betrachtete das Foto des Jungen, das ein unschuldiges, verhätscheltes Milchgesicht zeigte.
    Er legte die beiden Blätter zur Seite, konzentrierte sich auf die nächste Akte. Joachim Vallendar, vierundvierzig Jahre, Vertreter, unterwegs in der Region Südbaden, dort seit zwei Wochen spurlos verschwunden. Sein Opel Astra war auf einem stillen Parkplatz in der Nähe des Titisees abgeschlossen aufgefunden worden. Der Mann war nicht verheiratet, seit Jahren geschieden, lebte allein in Rastatt, hatte eine Freundin in Straßburg. Die Frau hatte ihn zwei Tage vor seinem Verschwinden zum letzten Mal gesehen. Ausgebildet als Buchhändler, arbeitete er seit über zehn Jahren als Vertreter für verschiedene Verlage.
    Kopfarbeiter, überlegte Braig, ganz sicher. Er nahm das Blatt beiseite, legte es in einen roten Ordner. Als er den nächsten Gesuchten vor sich erblickte, einen rotgelbgrünhaarigen Punk aus Heilbronn, achtundzwanzig, seit vier Tagen vermisst, fiel ihm ein, dass er kein Foto von Gabriele Krauter besaß, deren Alibi er im »Haus der Wirtschaft« überprüfen sollte. Wie konnte er Leute nach ihrer Anwesenheit befragen, wenn ihm ihr Bild fehlte?
    Er bat Söhnle weiterzuarbeiten, setzte sich an seinen Bildschirm, gab Frau Krauters Namen ein. Unter achtzehn Leuten dieses Namens, darunter zweimal Gabriele, tauchte sie auf. Der Eintrag war neun Jahre alt, lautete auf vermutete Anschläge gegen den Ausbau des Stuttgarter Flughafens sowie auf Rädelsführerschaft und Tätigkeit in der Koordinationszentrale dieser Aktivitäten, genau die Delikte also, die Gübler ihm genannt hatte. Braig entnahm den Ausführungen, dass die Frau drei Monate in Untersuchungshaft hatte verbringen müssen, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden war. Ihr Foto war älteren Datums, mehrere Jahre alt, zudem weit vorteilhafter als er Gabriele Krauter heute Morgen kennengelernt hatte. Vielleicht lag es an meinen Kopfschmerzen, überlegte er sich, ich war ja nicht mal imstande, den Erklärungen des Arztes richtig zu folgen.
    Er druckte das Foto der Frau aus, suchte die Nummer des »Hauses der Wirtschaft«, ließ sich verbinden. Vom grummelnden Hausmeister, der ihn zuerst darauf hinwies, dass es Wochenende sei, erfuhr er schließlich, dass die erwähnte Veranstaltung gestern Abend tatsächlich stattgefunden hatte.
    »Wer war der verantwortliche Leiter?«, fragte er
    Er hörte, wie der Mann in einem Papierstapel blätterte, schließlich die Antwort fand.
    »Ein Herr Blaschke aus dem Wirtschaftsministerium.«
    »Kann ich bitte seine Telefonnummer haben?«
    Braig bedankte sich bei dem Hausmeister, läutete im Wirtschaftsministerium an.
    »Herr Blaschke ist im Moment nicht zu erreichen«, teilte ihm eine Mitarbeiterin des Ministeriums mit, die zum Wochenenddienst eingeteilt war, »aber von zwölf Uhr an zu sprechen.«
    Braig erklärte der Frau, um was es ging, entschuldigte sich für seine Zudringlichkeit am Samstag, ließ sich für zwölf Uhr in den Terminkalender eintragen.
    »Hast du was gefunden?«, fragte er Bernhard Söhnle, der eifrig in seinem Papierstapel blätterte.
    »Zwei Männer könnten infrage kommen, was das Alter anbetrifft, der eine davon scheint aber kein Kopfarbeiter zu sein, hier.«
    Braig betrachtete die beiden Blätter.
    Eberhard Bauer, siebenundvierzig, Lehrer aus Heidelberg, vor zehn Tagen mitten in seinen Ferien spurlos verschwunden, suizidgefährdet, beruflich überfordert, traut sich nach dem Ende der Ferien wohl nicht mehr in die Schule. Seine Ehefrau befürchtet das Schlimmste.
    Günther Ohlinger, fünfundvierzig, Gärtner in Wachenheim/Pfalz, seit einer Woche vermisst, absolut vertrauenswürdige Arbeitskraft, Dienstag letzter Woche nicht bei seinem Chef erschienen.
    »Der Gärtner wird wohl nicht passen«, meinte Braig.
    »Dachte ich auch.«
    Er wandte sich seinem eigenen Stapel zu, sortierte weitere Personen aus. Nach dreißig Minuten hatte er bereits

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