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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Schwester von Braigs Lebensgefährtin war vor einem Jahr mit ihrem Theologie-Studium fertig geworden, hatte seitdem die Stelle einer Vikarin in Ausbildung am Rand des Stuttgarter Zentrums angenommen.
    Snezana Vukmirovic wischte sich wieder mit dem Tuch übers Gesicht, versuchte, die Spuren der Tränen zu tilgen. Sie holte tief Luft, sah flehend von Neundorf zu Braig. »Ich bei Frau Heimpold putzen. Dejan i Nenad mal helfen. Deshalb Jessica kennen. Aber doch nix töten! Sie haben Zeitung gesehen? Die das dürfen?«
    »Das tut mir leid«, sagte Neundorf, »aber wir können nichts dagegen machen.«
    »Chef mich heute Morgen schicken nach Hause. Snezana, wir jetzt warten ab, sagt er. Gestern Mittag ganze Straße hier vor Wohnung voll mit Reportern mit Kamera und Foto. Heute Morgen genauso. Wie das soll weitergehen?«
    »Wir müssen die Wahrheit herausfinden«, sagte Neundorf. »Möglichst schnell. Das ist der einzige Weg. Sie nehmen Ihre Söhne oft mit zur Arbeit?«
    »Ich viele Arbeit. Morgens Zeitungen austragen, dann Jungs in Schule schicken. Gleiche Zeit ich fahren nach Vaihingen in Mensa. Dort Arbeit bis Nachmittag. Dann zurück, kochen Essen. Danach gehen putzen, verschiedene Leute. Abends in Wirtschaft im Bahnhof spülen Geschirr, Küche sauber machen. Wenn Dejan i Nenad können, mir helfen.«
    »Sie haben aber nicht viel Zeit, sich um die Jungs zu kümmern. Arbeiten Sie nicht zu viel?«
    Die Frau schaute verlegen auf. »Arbeit zu viel? Brauchen Geld. Meine Mann in Serbien in Krankenhaus. Unglück.« Sie stockte, musste schlucken, zog die Nase hoch.
    »Das ist tragisch«, sagte Neundorf, »wir wissen Bescheid. Nenad hat davon berichtet.« Sie wartete, bis die Frau sich wieder gefasst hatte, trank von dem Wasser. »Aber wenn Sie so viel arbeiten, sind die Jungs oft allein. Wissen Sie, was die dann tun?«
    »Dejan i Nenad viel lernen für Schule.«
    »Auch wenn Sie nicht zu Hause sind?«
    »Sie mir versprechen jeden Tag.«
    »Aber Sie wissen es nicht genau.«
    »Nein, ich nicht wissen«, gab die Frau zu, »manchmal sie fernsehen. Und Video.«
    »Video«, sagte Neundorf. Sie wusste, dass die Kollegen bei der Wohnungsdurchsuchung mehrere Videobänder gefunden hatten. Action-, Horror- und ähnliche Filme.
    »Freunde ihnen schenken. Dejan i Nenad nix kaufen.«
    Das mochte so sein, änderte aber nichts an der Problematik ihres Inhalts. »Haben Sie sich diese Filme auch selbst angeschaut?«
    Snezana Vukmirovic schüttelte den Kopf. »Keine Zeit. Zu viele Arbeit.«
    »Sie zeigen sehr viele Gewaltszenen.« Mord, Totschlag und Vergewaltigung, hatte Markus Schöffler ihr gegenüber geäußert, als er ihr die Liste der aufgefundenen Videos übergeben hatte, optimale Vorbereitung für die Tat.
    »Ich wissen«, bekannte die Frau, »aber was ich soll machen? Wenn Jungs nix gucken hier, gehen zu Freund. Dort noch viel mehr Film. Ich nix sie kann einsperren.«
    Nein, wusste Neundorf, das war nicht möglich. Und selbst wenn sie sich wirklich darum bemühte, ihre Söhne zu Hause von negativen Einflüssen abzuschirmen, hatte sie keinen Einfluss darauf, was ihnen im Freundeskreis alles vor die Augen kam. Sie konnte sie nicht in Ketten legen wie Gefangene, jede Aktivität in diese Richtung weckte erfahrungsgemäß nur noch größere Neugier auf das bisher Unzugängliche.
    »Ich wissen, Dejan manche Tage wie besessen von böse Geist«, bekannte Snezana Vukmirovic plötzlich, »ich dann nix kennen meine Sohn. Er schreien und toben, machen Sachen in Wohnung kaputt und schlagen seine Bruder. Und einmal er auch heben Hände gegen mich, weil ich verbieten, er gehen weg am Abend – und erst in letzte Sekunde er nehmen Hände zurück und merken, ich seine Mutter und er schnell zurück. Ich nix wissen, warum.« Sie machte eine kurze Pause, starrte von den beiden Besuchern weg auf den Boden.
    Neundorf sah eine Träne über ihre Wange rinnen.
    »Ich überlegen, woher böse Geist kommen, und beten. Aber bis heute alles nix helfen.«
    Dejan Vukmirovic, überlegte Neundorf. Sein Blut hatten sie auf der Treppe entdeckt. Eines passte zum Anderen. Gab es wirklich noch Zweifel?
    »Ich nix wissen, warum Dejan so böse. Aber Nenad schimpfen auf Fernsehen und sagen, Schuld sein diese Film jede Woche mit amerikanische Detektiv. Er starke Mann schaffen weg alle Verbrecher aus seine Stadt. Dejan genauso wollen sein: Groß, stark, alle haben Angst vor ihm und Respekt. Ich manche Tage nix kennen meine älteste Sohn. Oft ich denken, wenn Dejan so weitermachen,

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