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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Eingangstür, drohte im Mief eines benutzten Bettes zu ersticken. Offensichtlich hatte Wierandt dort geschlafen, als sie gekommen waren.
    »So«, brummte er, als sie alles untersucht, selbst die Wände nach Hohlräumen abgetastet hatten. »Zufrieden? Wo ist Ihr Stecher?«
    Neundorf zeigte sich nicht beeindruckt. »Nebenan«, erklärte sie, »Sie haben den Schlüssel?«
    Der Mann erbleichte. »Die Wohnung geht mich nichts an.«
    »Schlüssel.« Neundorf streckte die Hand aus.
    »Mein Bruder«, Wierandts Gesicht lief rot an, »legt sehr viel Wert auf seine intime ...«, er stotterte, wusste nicht weiter.
    »Intimsphäre«, ergänzte Beck.
    »Kann ich verstehen«, erklärte Neundorf, »entflohene Mörder schätzen Intimsphäre.«
    »Der Kerl ist nicht hier!«
    »Die Schlüssel!« Ihre Stimme signalisierte, dass sie nicht bereit war, nachzugeben.
    »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
    Die Kommissarin blieb ruhig. »In fünf Minuten, wenn Sie darauf bestehen. Ich garantiere Ihnen aber, dass dann kein Staubkorn auf dem anderen bleibt.«
    Wierandt bruddelte wütend vor sich hin, verschwand dann in dem kleinen, verräucherten Raum.
    Drei Minuten später standen sie mit gezückten Waffen vor der Haustür des Bruders.
    »Steckt die Knarren weg, Leute«, schimpfte Paul Wierandt laut, »es gibt keinen Grund für das Zeug.«
    Er mühte sich mit den Schlüsseln ab, versuchte, die Tür zu öffnen. Keiner schien zu passen.
    Neundorf wurde misstrauisch. »Verdammt noch mal, wollen Sie Zeit schinden oder was? Wenn Sie jetzt nicht bald aufschließen, trete ich die Tür ein. Ich gebe Ihnen noch fünf Sekunden.«
    Als Wierandt endlich Erfolg hatte, ließen sie ihm den Vortritt, schlichen sich hinter ihm in die Wohnung. Neundorf spürte schon am Geruch, der ihnen entgegen kam, dass sich hier jemand vor nicht allzu langer Zeit aufgehalten hatte. Die Luft in der Diele war getränkt mit Zigarettenrauch, dem Duft von Essensresten, gebratenem Fleisch oder Fett.
    Als sie die Türen zu den Zimmern öffneten, änderte sich die Szene vollständig. Die meisten Räume, bis auf zwei, waren frisch hergerichtet. Saubere Tapeten, bunte Teppiche, zwei Betten hinter jeder Tür, zwölf in der gesamten Wohnung. Ein großes Wohnzimmer, ausgestattet wie auf den bunten Seiten der Versandhaus-Kataloge mit protzigem Sofa, Sesseln, schmalem Glastisch und breitem Wandschrank, alles ordentlich aufgeräumt. Eine moderne Küche, frisch geputzt. Der Kühlschrank war von unten bis oben mit Lebensmitteln gefüllt, Vorräte, die einer Großfamilie mehrere Tage lang üppige Fressgelage ermöglichten. Käse, Wurst, Eier, Milch, Joghurt, Tiefkühlgerichte im Gefrierfach. Selbst die Seifen- und die Papiervorräte im Waschraum und der Toilette reichten für Monate.
    »Was ist das hier?«, fragte Neundorf. »Ein kleines Hotel?« Sie untersuchte den Inhalt des Kühlschranks. »Einer allein könnte das gar nicht bewältigen. Sie wollen uns doch nicht erklären, dass es sich hier um das Essen Ihres Bruders handelt?«
    Paul Wierandt ließ sich nicht beeindrucken. »Bilden Sie sich doch ein, was Sie wollen. Philipps Kühlschrank ist immer voll. Wenn er von seinen Touren kommt, geht er oft tagelang nicht aus dem Haus, weil es so anstrengend war. Deshalb legt er sich diese Vorräte an.«
    Sie lief ins Wohnzimmer, schlug mit der Faust auf den Rücken des protzigen Sofas. Eine Wolke süßlichen Parfüms stieg aus dem Polster auf. »Das ist doch keine normale Wohnung.« Sie sah sich um, lief an den Schrank, öffnete ihn. Eine kleine Bar präsentierte mehrere Flaschen Alkohol, dazu ein ganzes Sammelsurium verschieden großer Gläser. Whisky, Liköre, Sekt. »Ein Hotel, was? Oder ein Puff. Ein kleiner privater Puff, wie? Für exklusive Kundschaft.«
    Wierandt fuchtelte mit den Händen herum »Ihre Phantasie, Frau Kommissar. Sie schauen zu viel fern, ja? Wir sind hier nicht auf der Reeperbahn oder im Dreifarbenhaus, sondern in Plochingen. Am Neckarhafen.«
    Neundorf konterte: »Wann steigt die Sause? Freitagnacht, wie? Und Samstag wird frisch geputzt, die Reste beseitigt? Oder noch früher.« Sie zeigte zur Küche, erinnerte an den übervollen Kühlschrank. »Nein, nicht erst am Freitag. Bis dahin wäre ja vieles schon verdorben. Unter der Woche, wie? Der kleine Fick zwischendurch?«
    Wierandt lächelte gequält. »Wir sollten gehen. Sie stehen in einer fremden Wohnung. Geht Sie eigentlich überhaupt nichts an. Mein Bruder wird ganz schön pampig, wenn er es erfährt. Hausfriedensbruch

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