Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
rückwärts aus der Einfahrt geschossen kam.
    »Hast du das gesehen?«, fragte sie mit belegter Stimme.
    »Ich fürchte, ja«, antwortete Braig.
    Neundorf erhob sich schwerfällig von ihrem Platz, ließ den Film zurücklaufen, stoppte an der Stelle, wo die Hütte zum ersten Mal ins Bild kam. Als sie die betreffende Stelle wieder erreicht hatten, betrat Helmut Rössle den Raum. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, rückte seine Brille zurecht. Über seinem rechten Augenlid war eine dicke Schwellung zu erkennen.
    »Alle achtzig Deifel von Sindelfinge, des war mühsam!« schimpfte er.
    Er wartete auf eine Reaktion, sah, wie benommen Neundorf und Braig auf den Bildschirm starrten. »Was ist los?«
    Die Kommissarin wies wortlos zum Monitor, setzte das Video wieder in Gang, stoppte, als die jungen Frauen auftauchten, wiederholte die Szene drei, vier Mal, zeigte dann die dunkle Limousine.
    »Ein Puff«, kommentierte Rössle, »in dem sich die vornehmen Herren ihr Material aussuchen und zur privaten Bearbeitung mitnehmen. Der Puff von Wäschenbeuren.«
    »Ein Puff?« Neundorf schüttelte den Kopf. »Die wurden bewacht, verdammt noch mal, und mit Gewalt in den dicken Karren gezwungen. Das ist doch kein normaler Puff!«
    In der Wiederholung wurde die Szene so plastisch, dass keinerlei Zweifel an ihrer Feststellung mehr möglich waren. Die Kommissarin fuhr den Film zurück, stoppte. Die Gesichter der halbnackten Mädchen waren im Standbild deutlich zu erkennen.
    »Die sind blutjung«, konstatierte Neundorf erschrocken.
    »15 oder 16. Auf keinen Fall volljährig«, pflichtete ihr Braig bei.
    »Diese verdammten Schweine! Wie kommen wir an die Typen ran?«
    Sie spulte das Video vor, zeigte wieder die Limousine, versuchte, das Kennzeichen zu entschlüsseln. »Könnt ihr die Autonummer lesen?«
    So sehr sie sich bemühten, es war unmöglich. Die Kamera schwenkte immer genau in dem Moment zur Seite, wenn sie den Rand des Schildes erreicht hatte. Neundorf schüttelte entnervt den Kopf.
    Sie lief wieder an das Gerät, holte die Gesichter der Männer, die den Videofilmer bedroht hatten, groß auf den Bildschirm, und bat Rössle, sie auszudrucken.
    Zehn Minuten später lagen sie vor ihnen, der eine leicht verschwommen, der andere in Großaufnahme, selbst die unreine Hautpartie am Kinn genau zu erkennen.
    Braig nahm die Fotos, prüfte im Zentralregister des Bundeskriminalamtes nach, ob sie bekannt seien.
    »Leider nein«, kam er zurück.
    »Dann schreiben wir sie zur Fahndung aus«, meinte Neundorf.
    »Du glaubst, der Staatsanwalt und ein Richter machen mit?«
    »Schau dir doch die jungen Gesichter an!« Sie lachte bitter. »Reicht das nicht?«
    »Wir müssen versuchen, an Bockisch zu kommen. Dann ist es kein Problem.«
    »Und dann?«, fragte Rössle.
    »Was hast du entdeckt?«
    Rössle nahm seine Brille von der Nase, hauchte die Gläser an, polierte sie mit einem Tuch. »Die Hütte kann erst vor zwei oder drei Tagen geräumt worden sein«, erklärte er, »darin bin ich mir absolut sicher. Keinerlei Staub, überall frisch polierte Flächen. Ich denke, dieses Video gab den Ausschlag. Die konnten nicht riskieren, dass auf dem Band aus Zufall einiges zu sehen ist.«
    »Fingerabdrücke?«
    Rössle nickte. »Alles haben sie nicht entfernen können. Ich fand sogar gespeicherte Abdrücke. Allerdings ohne Namen. Derselbe Kerl, der vor zwei Jahren in Sulzbach an der Murr die Discothek in Flammen setzte. Belinda, ihr erinnert euch?«
    Braig hatte die Hintergründe weitgehend vergessen, wusste nur noch, dass die für ihre fetzige Rockmusik weithin bekannte Discothek mehrfach innerhalb weniger Monate von Brandstiftung betroffen gewesen war.
    »Der Oettinger-Clan«, kommentierte Neundorf.
    Sie hatten lange nach den Drahtziehern für die Anschläge gesucht, waren schließlich zu der – vorerst unbeweisbaren – Erkenntnis gelangt, dass sie auf die Expansionsbestrebungen eines als Kaufmann im weitesten Sinn tätigen Mannes zurückgingen, der sich mit allen legalen und illegalen Methoden die Disco-Szene des Stuttgarter Großraumes einzuverleiben suchte. Hin und wieder fiel sein Name auch im Zusammenhang mit Frauenhandel und Prostitution. Zu ihrem Verdruss agierte Oettinger jedoch grundsätzlich nur im Hintergrund, zog – wie sie vermuteten – die Fäden, an denen seine Marionetten tanzten.
    »Den Kerl krieget ihr nie«, schimpfte Rössle.
    »Sonst hast du nichts entdeckt? Keine Spur von Stecher?«
    »Tut mir leid.«
    Neundorf winkte missmutig

Weitere Kostenlose Bücher