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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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dem Kopf. »Also, manchmal, ja.«
    »Wo holen Sie sie ab?«
    »In Bayern oder Sachsen, nicht weit von der Grenze.«
    »Und dann?«
    »Wir bringen sie hierher, mit dem Auto oder per Bahn.«
    »Per Bahn?«
    »Ja, mit dem Wochenendticket. Das ist spottbillig. Fünf Personen für ...«
    »Ich weiß, ich weiß.« Neundorf wehrte unwillig ab. »Wer ist der Drahtzieher?«
    Philipp Wierandt zuckte mit der Schulter. »Keine Ahnung, ehrlich!«
    »Oettinger?«
    Der Mann zuckte zusammen, Neundorf sah es deutlich.
    »Wirklich, das geht mich nichts an. Die Aufträge kommen per Handy, ich fahre los, hole die Weiber, bringe sie an den vereinbarten Treffpunkt und dort liegt mein Geld. Fragen ist nicht mein Ding, das ist viel zu gefährlich.«
    »Also Oettinger«, erklärte Neundorf, »wir gehen zu dem Kerl und sagen ihm ins Gesicht, dass Sie ihn als Drahtzieher entlarvt haben.«
    »Nein«, entsetzte sich der Mann, »um Gottes Willen, das können Sie nicht tun!«
    Braig spürte, dass die Sache unangenehm wurde. Sie nahmen Wierandt von zwei Seiten in die Zange, redeten im Guten auf ihn ein, schrien ihn an, drohten. Der Mann wand sich wie eine Schlange, berichtete von den Touren, wie er zusammen mit einem Kumpel die Frauen holte, erzählte, wie vertrauensselig ihre Opfer oft waren, welche Träume vom schönen Leben im reichen Westen sie beseelten. Von ihrem Auftraggeber, den Kunden sowie den übrigen Abkassierern wusste er angeblich überhaupt nichts. Der einzige Name, den er verriet, war der eines Studenten, der ihn mehrfach begleitet hatte und seines Wissens morgen in aller Frühe zu einer neuen Tour starten sollte.
    »Wie heißt der Mann, wo wohnt er?«, fragte Steffen Braig.
    Philipp Wierandt nannte den Namen und die Anschrift, verwies auf das Lokal in Stuttgart, wo sie ihn heute Abend noch finden würden.
    »Wenn wir irgendwo im Zusammenhang mit den Mädchen trotzdem auf Stecher stoßen, werde ich dafür sorgen, dass Sie keinen ruhigen Tag mehr im Leben haben«, drohte Neundorf.
    Philipp Wierandt schwor bei allen Heiligen dieser Welt, nichts, aber auch gar nichts mit dem flüchtigen Verbrecher zu tun zu haben.
    »Was ist der Schwur eines solchen Scheusals schon wert?« dachte Neundorf.

30. Kapitel
    Du glaubst ihm?«, fragte Braig. Sie hatten Wierandt im LKA abgeliefert, die Kollegen von der Bereitschaft gebeten, den Mann weiter in die Mangel zu nehmen und auf keinen Fall frei zu lassen. Er musste unter ihrer Kontrolle bleiben, wollten sie eine Chance haben, zu den Verantwortlichen des Mädchenhandels vorzudringen.
    »Was Oettinger betrifft, nein«, antwortete Neundorf. »Er weiß oder ahnt, wer hinter der Sache steckt, hat aber panische Angst, uns mehr zu verraten. Wahrscheinlich fürchtet er sich vor der Rache der Drahtzieher. Was man so über Oettinger munkelt, soll er eiskalt sein.«
    Braig nickte, wechselte die Straßenseite. Sie hatten die Stadtbahn genommen, waren bis zum Stuttgarter Rathaus gefahren, liefen jetzt zweihundert Meter weiter zum Wilhelmsplatz, um im Cibo Matto Oliver Stern aufzuspüren, der ihnen von Wierandt als Mitglied der Bande verraten worden war.
    »Und in Bezug auf Stecher?« Braig massierte im Gehen seine rechte Schläfe, um seine Kopfschmerzen zu bekämpfen. »Du glaubst, dass er sich irgendwo bei den Nutten versteckt?«
    »Wäre es kein guter Unterschlupf?«
    »Ich fürchte, Wierandt sagt die Wahrheit. Stecher ist ein zu heißes Eisen. Vier Morde und all die anderen Perversionen, ich glaube, das ist dem Kerl zu brenzlig. Er weiß genau, welche Folgen es für ihn hat, wenn er erst einmal mit Stecher in Verbindung gebracht wird.«
    Das Cibo Matto quoll schon jetzt, kurz nach sieben, von Menschen über. Die Stühle vor der Cafe-Bar waren komplett besetzt, im Inneren standen die Gäste dichtgedrängt am Tresen. »Er ist nicht zu übersehen«, hatte Wierandt Stern beschrieben, »Mitte Zwanzig, lange blonde Haare, Pferdeschwanz, groß, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Er hängt meistens an der Theke.«
    Das Publikum war jung, höchstens zwischen zwanzig und Ende dreißig.
    »Ich komme mir richtig alt vor. Noch keine vierzig und schon Opa«, brummte Braig, »ich verfalle auch schon dem Jugendwahn unserer Gesellschaft.«
    Sie sahen ihn schon von Weitem an der Bar lehnen, verteilten sich. »Ich bleibe an der Tür«, erklärte Neundorf.
    Braig nickte. Als der junge Mann mit dem blonden Pferdeschwanz ihn bemerkte, war er noch drei Schritte entfernt. Er war groß, schmal, ganz in Schwarz gekleidet – genau

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