Schwaben-Zorn
werden.
Sollte er einen der Techniker in Böhmers Wohnung schicken? Braig beschloss, selbst zu fahren. Vielleicht entdeckte er etwas, was Hinweise auf den Mord an Christina Bangler oder den Aufenthaltsort Markus Böhmers verriet. Außerdem konnte er auf dem Weg nach Welzheim bei Robert Bangler in Fellbach vorbeischauen.
Er suchte nach der Büro-Nummer des Mannes, rief bei ihm an. Bangler nahm nach dem dritten Läuten ab.
»Braig vom LKA. Sie sind in Ihrem Büro?«
»Ja. In der Gesellschaft Ihrer Kollegin. Sie wollen sie sprechen?«
Braig hatte völlig vergessen, dass Neundorf den Mann aufsuchen wollte. Ein Glücksfall. So konnte er sich vorerst eine weitere Begegnung ersparen.
»Wenn Sie so freundlich wären, sie mir zu geben.«
Einen Augenblick später hatte er sie am Ohr, schilderte ihr sein Anliegen, bat sie, sich darum zu kümmern.
»Die Anordnung des Untersuchungsrichters liegt vor?«
»In wenigen Minuten. Bockisch hat sich der Sache- angenommen.«
»Ich werde es Herrn Bangler mitteilen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gibt.«
Er erklärte ihr, dass er in Böhmers Wohnung nach Welzheim wolle und Banglers Haar auf dem Rückweg bei ihr abholen würde, legte dann auf. Anschließend informierte er die Techniker über sein Vorhaben, bat um einen Kollegen, der ihn begleiten sollte. Markus Schöffler jammerte zuerst, erklärte dann aber seine Bereitschaft.
Braig suchte seine Sachen zusammen, verließ sein Büro. Er hatte das Treppenhaus noch nicht erreicht, als Felsentretter aus dem Aufzug stürmte.
»Mein Gott, die chinesische Mafia«, donnerte der schwergewichtige Kollege ihm entgegen, »jetzt schlagen die auch bei uns schon zu.«
Braig blieb stehen. »In welchem Zusammenhang?«
»Die Leiche unterm Bahnhofsturm. Ein vorbestrafter Gewaltverbrecher aus Kasachstan. Wir hatten seine Fingerabdrücke im Computer. Nicht schade um den Dreckskerl. Er muss gestern Abend gegen sechs von der Plattform des Turms gestürzt sein.«
»Vom Bahnhofsturm? Ist der nicht durch ein ziemlich hohes Gitter geschützt? Ich meine …«
»Du hast Recht«, fiel ihm Felsentretter ins Wort, »der Zaun ist zweieinhalb Meter hoch und eigentlich kaum zu überwinden. Aber es gibt eine Tür. Normalerweise ist sie mit einem Spezialschloss gegen Missbrauch gesichert, aber die Verbrecher haben sie geknackt. Es muss einen ziemlich brutalen Kampf gegeben haben, wir fanden Blut und Stoffreste. Der Kerl war stark; es fiel bestimmt nicht leicht, die Tür zu öffnen und ihn in den Abgrund zu stürzen, aber die Chinesen waren zu zweit.«
»Woher weißt du das mit den Chinesen? Habt ihr sie gefasst?«
Felsentretter stampfte vor Wut auf den Boden. »Du bist gut. Hast du schon mal gehört, dass wir einen von den Hunden erwischt haben? Die Schlitzaugen sehen doch alle gleich aus. Eine Visage wie die andere. Die sind längst über alle Berge.«
Braig kannte die rassistische Ausdrucksweise des Kollegen, ließ ihn reden, um Streit zu vermeiden. »Wie kommt ihr auf sie?«
»Reine Glückssache. Sie wurden beobachtet. Direkt unter der Plattform gibt es ein Bistro; du musst an dem Lokal vorbei, wenn du hoch willst.«
Er nickte, konnte sich die Szenerie, von der Felsentretter erzählte, gut vorstellen, weil er schon öfter in dem Bistro eingekehrt war. Die Aussicht von oben übertraf alles, was die Innenstadt sonst zu bieten hatte, buchstäblich der gesamte Stuttgarter Talkessel lag dem Besucher dort oben zu Füßen – vorausgesetzt, er wurde nicht von Sommersmog verhüllt.
»Die Chinesen wurden beobachtet, sowohl von der Bedienung als auch von Gästen, als sie auf die Plattform stiegen. Und wenige Minuten später hatten es die beiden verdammt eilig, den Turm zu verlassen.«
»Wie viele waren es?«
»Zwei. Angeblich ein Mann und eine Frau. Aber das war wohl nur Tarnung, um einen auf Touristenehepaar zu machen. Ich kann die Sache ad acta legen, weil wir an die ohnehin nie rankommen. Andererseits ist es um den Kasachen nicht Schade; der Halunke war in verschiedene Gewaltdelikte verwickelt, angeblich soll er schon mehrere Auftragsmorde begangen haben. Danken wir also der chinesischen Mafia, dass sie jetzt auch uns hilft, Verbrecher zu beseitigen.«
Felsentretter klopfte Braig freundlich auf den Rücken, stürmte zu seinem Büro. »Und bei dir?«, rief er, schon mehrere Meter entfernt.
»Wir probieren es mit einem DNA-Vergleich. Vielleicht haben wir Glück.«
Er verabschiedete sich von dem Kollegen, lief zum
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