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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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unzähligen Kindern bevölkerte die Hallen. Braig kämpfte sich durch die Menschenmenge, entschuldigte sich, wenn er mit einer die Pflanzenpracht links und rechts des Weges betrachtenden Gestalt zusammenprallte. Er starrte in die Büsche, hob Blätter und Zweige in die Höhe, versuchte festzustellen, ob Böhmer sich hier irgendwo verbarg. Je länger er suchte, desto klarer wurde ihm, wie aussichtslos sein Unterfangen war. Wenn sich der Mann in der Wilhelma verstecken wollte, hatte er, Braig, kaum eine Chance, ihn zu finden. Als Mitarbeiter kannte er alle Winkel des weitläufigen Geländes, wusste genau, wo er kaum aufgespürt würde, sondern einen unzugänglichen Unterschlupf fand.
    Braig seufzte laut auf, sah die überraschte Miene einer älteren Dame, die das Pflanzenschauhaus gerade betreten hatte.
    »Ihne gohts aber au net bsonders«, sagte sie im breitesten Schwäbisch.
    Er schüttelte den Kopf, trat kommentarlos ins Freie. Nein, das scheint nicht mein Tag zu sein, dachte er, als er in den kalten Nebel eintauchte.

15. Kapitel
    Der erste Fahndungsaufruf nach Markus Böhmer erreichte die Polizeidienststellen um 15.10 Uhr. Braig war auf direktem Weg zum Eingang der Wilhelma gelaufen, hatte sich bei der Mitarbeiterin an der Pforte nach dem Flüchtigen erkundigt.
    »Der isch grad vor a paar Minute nausgange«, war die Antwort, »i han noch denkt, warum der sich net umzoge hat?«
    Noch von der Wilhelma aus hatte er die Fahndung in die Wege leiten lassen.
    War Böhmer also der Täter? Die überstürzte Flucht eindeutiges Zeichen seiner Schuld? Braig grübelte den gesamten Weg ins LKA darüber nach. Weshalb sonst sollte der Mann fliehen? Welcher andere Grund ihn zu dieser Verzweiflungstat veranlasst haben? Gab es weitere Verbrechen, die er zu verantworten hatte – Gewalttaten, Sexualdelikte – die bisher noch nicht aufgeklärt werden konnten? Er musste sich bei den Kollegen erkundigen, nach vergleichbaren ungeklärten Fällen fragen.
    Das Fax der Kriminaltechniker lag der aufgedruckten Uhrzeit nach seit mehr als einer halben Stunde auf seinem Schreibtisch.

    Fremdes Haar an der Kleidung Christina Banglers.
    DNA- Vergleich möglich. Kandidaten?
    Gruß Rössle.

    Braig griff zum Telefon, hatte den Kollegen sofort am Apparat. »Ihr habt Haare an Christina Banglers Leiche entdeckt?«
    »Tut mir Leid, dass es so lang dauert hat«, schimpfte Helmut Rössle, »aber i ka nix dafür. I han vorher koi Zeit ghett, nochmal alles genauer durchzugange. In dem Haus kommsch ja wirklich zu nix. Grad wollt i mir heut Morge die Kleidung von Deiner Leich vornehme, hent die mi gholt: Zwoi Karre bei Leonberg frontal ufenander druff, zwoi Tote. Und kaum war i damit fertig, a neue Leich: Vom Bahnhofsturm nuntergfloge. Es nimmt koi End.«
    »Wo waren die Haare?«
    »Net die Haare. Nur oi oinziges Haar. An ihrer Jacke, vorne, an der Brust. I hans überprüft. Es stammt net von ihr.«
    »Gibt es Hinweise darauf, dass es am Abend des Verbrechens dorthin gelangte?«
    Rössle stöhnte laut auf. »Alle achtzig Deifel von Sindelfinge, woher soll i des wisse? I bin koin Hellseher.«
    »Dann muss es nicht unmittelbar mit dem Mord zu tun haben.«
    »Net unbedingt, noi. Aber normalerweise sind Fraue, besonders die schwäbische Exemplare, so reinliche Wese, dass die ihre Kleidung sauberklopfet oder ausschüttlet, bevor sie sie in de Schrank hänget. Besonders vorne, wo jeder sofort naguckt. Und no bleibt koi Haar an der Jack hänge. I denk, des isch a Chance für uns. Hent ihr koin Kandidat, der als Täter infrage käm?«
    »Doch«, sagte Braig, »wir haben einen Kandidaten. Sogar zwei.«
    »Also. Dann informier den Staatsanwalt und lass dir von ihm die Erlaubnis gebe. No machet mir den DNA-Vergleich.«
    Braig bedankte sich bei Rössle, versprach, sich sofort um die Sache zu kümmern. Er atmete tief durch. Das war in der Tat die Chance. Die Entdeckung des fleißigen Kriminaltechnikers konnte schneller zur endgültigen Klärung des Verbrechens beitragen, als er es sich vor wenigen Minuten noch hatte träumen lassen. Stammte das Haar an Christina Banglers Jacke von Markus Böhmer oder ihrem Adoptivvater, so war der Mann damit zwar noch nicht überführt, er stand aber unter allerhöchstem Erklärungsdruck. Und konnte er nicht genau erläutern, wie sein Haar an das Kleidungsstück der ermordeten Frau gekommen war, würden sie ihn so lange in die Mangel nehmen, bis …
    Braigs Telefon läutete. Er nahm ab, hatte die Stimme seiner Mutter am Ohr. Sie klang

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