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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Leute unberechenbar werden – auf Tage, manchmal auf Wochen hinaus. Eine Gesellschaft, die auf ein einigermaßen gutes Miteinander angewiesen ist, kann sich das auf Dauer nicht leisten. Wir dürfen die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen … Frau Bangler und Frau Rommel waren erst der Anfang. Dieser Schwör muss auspacken, es gibt keine Alternative.«
    Sie hatten die ersten Häuser erreicht, erkannten anhand der Beschriftung, dass es sich um den Ortsteil Unterweissach handelte.
    »Trotzdem sollten wir eins nicht vergessen«, sagte Kurz, »wir haben ungefähr 5 Millionen Alkoholsüchtige in unserem Land. Wird der Verkauf von Alkohol deshalb irgendwie eingeschränkt?« Sie starrte nach draußen, versuchte sich zu orientieren. »Das vergessen Koch und Konsorten gerne. Davon hörst du kein Wort.«
    Den Kelterweg in der nächtlichen Ortschaft zu finden, war nicht einfach. Raffaela Kurz hatte sich mehrfach verfahren, bis ihnen ein einsamer Spaziergänger, der trotz Dunkelheit und Nieselregen unterwegs war, die Richtung zeigte. Erst als der Mann von einer ungeduldigen Promenadenmischung angebellt wurde, begriffen sie,, was ihn um diese Zeit auf die Straße getrieben hatte.
    Das Haus, in dem Karsten Schwör dem Bericht Pflügers zufolge wohnte, lag völlig im Dunkeln. Das Licht der nächsten Straßenlaterne reichte nicht aus, die Namensschilder zu erkennen. Raffaela Kurz hatte eine kleine Taschenlampe dabei, gab sie Braig. Er stieg aus, ließ den Lichtkegel über das Klingelbord neben der Haustür streichen. Schwör.
    Er las den Namen, gab seiner Kollegin Bescheid, drückte auf die Klingel. Das Läuten der Glocke im ersten Obergeschoss war deutlich zu hören.
    Braig schaute nach oben, sah, dass nirgendwo Licht brannte. Er drückte erneut auf die Glocke, wartete auf eine Reaktion.
    »Nicht da?« Raffaela Kurz trat auf ihn zu, starrte in die Höhe. Ihre kleine Gestalt reichte ihm nicht einmal bis zur Schulter.
    Braig wusste, dass viele die Frau aufgrund ihrer geringen Körpergröße unterschätzten. Dabei waren nicht nur ihre beruflichen, sondern auch ihre sportlichen Erfolge legendär. Bevor sie ins Amt gekommen war, hatte sie es längst als deutsche Tischtennisjugendmeisterin, später dann als deutsche Vizemeisterin zu Berühmtheit gebracht. In den Polizeidienst und speziell ins Drogendezernat eingestiegen war sie, weil ein Bekannter durch Rauschgift in Schwierigkeiten geraten war.
    »Der ist ausgeflogen, ja?«, hörte er ihre Stimme neben sich.
    Braig spürte seinen hungrigen Magen, drückte erneut auf die Klingel. Er hatte zwar beim Verlassen des Amtes Kriminalmeister Stöhr, der ihm über den Weg gelaufen war, drei verschiedene Schokoriegel abgekauft und sofort verdrückt, konnte seinen Organismus aber nicht länger darüber hinwegtäuschen, dass er – wieder einmal – den ganzen Tag keine ausreichende Mahlzeit zu sich genommen hatte.
    Die Frau, die trotz des leichten Regens plötzlich mit einem zusammengefalteten Schirm in der Hand hinter ihnen auftauchte, musste sich bewusst lautlos zu ihnen hergeschlichen haben. »Könnet Sie mir sage, was Sie so spät noch hier wellet?«, rief sie mit schriller Stimme.
    Braig fuhr zusammen, drehte sich zu ihr um, sah den Schirm in ihrer Rechten, den sie wie eine Waffe vor sich in die Luft hielt. Sie war gut beieinander, trotz des dämmrigen Lichts konnte er ihre imponierende Leibesfülle erkennen. Seine Kollegin brachte trotz ihres durchtrainierten Körpers garantiert nicht einmal die Hälfte auf die Waage. »Wir suchen Herrn Schwör«, antwortete er, »vielleicht können Sie uns helfen?«
    Der freundliche Ton seiner Stimme veranlasste sie zu einer weniger aggressiven Haltung. »Sie sehet doch, dass dem sei ageberische Amikischt fehlt«, sagte sie und zeigte auf den Rand der Straße, »also isch er außer Haus.«
    Braig, der ihre wenig schmeichelhafte Ausdrucksweise verstanden hatte, wischte sich die Feuchtigkeit aus dem Gesicht. »Er fährt ein großes Auto?«
    »Allerdings. Wer im Kopf und in der Hos nix hat, muss sich halt mit dickem Blech verkleide.«
    Er schaute überrascht auf die Frau, musterte ihr in der Dunkelheit nur schwer zu erkennendes Gesicht. Ihre unverblümt offene Sprache hatte ihn etwas verwirrt.
    »Warum sonscht gibt’s auf unsere Straße so viele große Karre?«, setzte sie hinzu.
    Er spürte, dass der Regen stärker wurde, hatte keine Lust, länger als unbedingt notwendig auf der Straße stehen zu bleiben, brachte sein Anliegen deshalb konkret zur

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