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Schwaerzer als der Tod Thriller

Titel: Schwaerzer als der Tod Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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es vorüberging. Dann drehte sie sich ganz vorsichtig, bis ihre Beine über eine Kante des Tischs baumelten.
    War sie allein? Wurde sie beobachtet?
    Sie hatte keine Ahnung, ob ihr Peiniger jemals den Raum verließ. Er könnte die ganze Zeit über hier sein, ganz gemütlich am Tisch sitzen, sein Frühstück essen, ihr zusehen, und das in dem sicheren Wissen, dass sie ihm nicht entkommen konnte.
    Aber das hieß nicht, dass sie es nicht probieren würde. Sie hatte so sehr darum gekämpft, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Es war einfach nicht gerecht, dass ihr jetzt jemand ihre Zukunft wegnahm. Sie musste wütend werden. Sie musste versuchen, sich selbst zu helfen. Miss Thomas sagte immer: »Gott hilft denen, die sich selbst helfen.«

    Da sie nicht wusste, wie hoch der Tisch war, ließ sie sich langsam und mit ausgestreckten Zehenspitzen nach unten gleiten. Da war der Boden. Er war kalt. Schmerz fuhr ihr die Beine hoch und über die Wirbelsäule direkt ins Gehirn. Ihre Fußsohlen waren übersät mit Schnittwunden. Als sie ihr Gewicht auf die Füße verlagerte, brachen die halb verheilten Wunden wieder auf. Sie war schon so lange nicht mehr aufrecht gestanden, dass sich ihre Beine anfühlten, als würden sie nicht zu ihr gehören.
    Sie packte die Tischkante und kämpfte gegen eine Ohnmacht an. Sie durfte nicht an den Schmerz denken. Sie musste kämpfen.
    Langsam fing sie an zu gehen. Ein Schritt und dann noch einer. Sie umklammerte die Tischkante, während sie sich vorwärtsschob. Wenn sie es bis zur Wand schaffte, würde sie ihr folgen, bis sie zu einer Tür gelangte. Und durch diese Tür würde sie hindurchgehen.
    Da sie nicht sehen und nicht hören konnte, hatte sie Probleme, das Gleichgewicht zu halten. Ihr Kopf fühlte sich riesig und schwer an wie eine Bowlingkugel, die auf ihrem Hals saß. Bei jedem Schritt hatte sie das Gefühl, die Kugel würde zu rollen anfangen, und wenn sie dagegensteuerte, schien die Kugel plötzlich in die andere Richtung zu kippen.
    Als sie merkte, dass der Tisch nicht an einer Wand stand, geriet sie in Panik. Sie würde frei durch den Raum gehen müssen.
    Drei Schritte, und sie konnte oben und unten nicht mehr unterscheiden. Sie stolperte und ruderte mit den Armen. Erst als sie auf dem Boden auftraf, wurde ihr klar, dass sie gestürzt war. In ihrer Orientierungslosigkeit hatte sie nicht einmal versucht, den Fall mit den Händen abzufangen. Sie knallte mit dem Kopf auf den Boden und verlor für einen Moment das Bewusstsein.

    Als sie wieder zu sich kam, wusste sie nicht, wie lange sie so dagelegen hatte. Das war auch egal. Sie musste hier raus. Vielleicht würde sie, wenn sie durch die Tür trat, in einem Wohnviertel stehen, und jemand würde sie sehen und Hilfe für sie rufen. Oder sie würde in der Wildnis stehen, ziellos herumlaufen und vor Erschöpfung sterben. Zumindest wäre dann sie selbst daran schuld.
    Karly richtete sich auf Händen und Knien auf und fing an zu kriechen. Aber obwohl sie auf allen vieren blieb, verlor sie immer wieder das Gleichgewicht und fiel um. Endlich stieß sie gegen ein Schränkchen und hangelte sich daran nach oben, bis sie wieder aufrecht stand.
    Ihre Hände glitten über die Platte - es lag alles Mögliche darauf, Werkzeug wahrscheinlich. Es musste sich doch irgendeine Waffe darunter befinden. Jeden Gegenstand, der ihr in die Hand fiel, tastete sie vorsichtig ab, bis sie einen Schraubenzieher fand. Der würde sich eignen. Mit einem Schraubenzieher konnte man jemanden verletzen. Vielleicht konnte sie ihm die Augen ausstechen und ihn damit blind machen, so wie er sie blind gemacht hatte. Vielleicht konnte sie ihm den Schraubenzieher in die Brust stoßen und sein Inneres zerfetzen, so wie er das bei ihr getan hatte.
    Mit dem Gedanken an Rache kam auch das Adrenalin. Schwindel erfasste sie, und ein Lachen breitete sich in ihrer Brust aus. Das Lachen ging in Hysterie über. Sie musste sich zusammenreißen, aufpassen, dass sie nicht wahnsinnig wurde. Sie musste weiter. Sie musste sich weiterbewegen. Sie musste raus hier.
    Sie ließ sich wieder auf den Boden sinken und fing an, an der Wand entlangzukriechen. Da musste eine Tür sein. Sie musste raus hier.

36
    Ein zarter rosa Schimmer zeigte sich am östlichen Horizont, als Mendez auf Gordon Sells’ Schrottplatz einbog. Trotz der frühen Stunde ging es zu wie auf einem Jahrmarkt.
    Tatortermittler aus zwei Countys und ein Team von Kriminaltechnikern durchsuchten das Grundstück. Außer dem Wohnwagen gab

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