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Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schwarz
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sie darin ein Profi.« Das Lächeln auf Caros Lippen erstarb.
    Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein! Schließlich wollte ich Englisch schwänzen, um mich mit Neela auf dem Friedhof zu treffen. Was sollte ich denn jetzt machen? Unmöglich, von hier wegzukommen.
    Unter einem Vorwand verließ ich das Klassenzimmer und eilte in die Mädchentoilette. Zum Glück funktionierte mein Handy diesmal. Hastig wählte ich Neelas Nummer, erreichte aber nur ihre Mailbox.
    »Neela! Ich kann die letzten beiden Stunden nicht schwänzen. Ich erklär’s dir später. Ruf mich unbedingt an, sobald du wieder da bist.« Ich schaltete mein Handy aus und lief in den Theatersaal.

Kapitel 36
    Herr Simon saß bereits auf der Bühne und wartete auf mich. Er grinste, als würde er gerade für ein Fotoshooting posen.
    »Wunderbar, Sam! Es wird uns beiden sicherlich riesigen Spaß machen«, prophezeite er.
    Da hatte ich meine Zweifel.
    »Ich will die Odette gar nicht spielen. Nessi oder Kerstin sind dafür viel besser geeignet.«
    »Unsinn! Die beiden haben nicht dein Format. Im Grunde genommen war Geli auch nicht die Richtige für die Rolle. Eigentlich ist es so jetzt perfekt. Du bist die ideale Besetzung!«
    »Aber ich hab ohnehin schon viel Stress mit den anderen Mädchen in der Klasse. Wenn ich jetzt auch noch den weißen Schwan spiele, wird es sicherlich noch schlimmer.«
    »Ich sag dir mal was, Sam. Man wird in seinem Leben immer Neider und Feinde haben, wenn man gut aussieht und beliebt ist.« Er klang dabei extrem selbstgefällig. Von wem, bitte schön, sprach er da? Dann kam er wieder auf das Stück zurück: »Wenn du jetzt nicht mitspielst, Sam, ist Schwanensee für die ganze Klasse, ach, was rede ich, für die komplette Schule geplatzt. All die Arbeit, die wir schon seit Monaten investiert haben, wardann umsonst. Ein drittes Mal werden wir die Aufführung sicher nicht in Angriff nehmen. Dann ist Schwanensee für immer gestorben. Es ist deine Entscheidung. Du kannst es für alle spielen oder aber für alle kaputt machen.« Er blickte mich bittend an.
    Ich wollte weder das eine noch das andere. Das war Erpressung. Aber was blieb mir jetzt noch für eine Wahl?
    »Also gut! Wenn Sie meinen!«, sagte ich kleinlaut. Er grinste sein breites Lächeln.
    Wir fingen sofort mit dem Proben an. Herr Simon hatte zwei Texthefte dabei und wir begannen im ersten Akt.
    Die Zeit verging schnell und es lief besser als erwartet. Bei der Gestaltung des Bühnenbildes hatte ich den anderen während der Proben zugehört, nun konnte ich die Passagen schon fast auswendig. Herr Simon war begeistert. Er sah auf die Uhr.
    »Sehr gut! Wir haben noch eine Viertelstunde. Wunderbar! Jetzt müssen wir nur noch die letzte Szene proben, in der Odette in den Armen des Prinzen stirbt.«
    Ach herrje! Bis jetzt hatte es fast Spaß gemacht. Aber diese traurige Liebesszene mit ihm durchspielen, wollte ich auf keinen Fall.
    Ich konnte gar nicht so schnell schauen, da packte er auch schon meine Hand, zog mich zu sich auf den Boden und hielt mich fest in seinen Armen. Wenn er nicht mein Lehrer gewesen wäre, hätte selbst ich ihm jedes Wort geglaubt, so überzeugend spielte er die Rolle desPrinzen. Ich hatte Mühe, mich auf den Text zu konzentrieren.
    Er beugte sich tief zu mir herunter. Unsere Gesichter waren nur noch ein kleines Stück voneinander entfernt. Seine dunklen Augen fixierten mich. Ich spürte seinen warmen Atem auf meinen Wangen. Was hatte er vor?
    »Sam!«, sagte er. Seine Stimme war ganz leise, ganz sanft. »Du musst dich ein bisschen besser in die Rolle einfühlen. Du bist Odette und stirbst gerade. Und der Mann deiner Träume, den du am innigsten liebst, hält dich in seinen Armen ... obwohl er auch einer anderen seine Liebe geschworen hat.« Er beugte sich noch tiefer zu mir. Unsere Nasenspitzen berührten sich fast. »Lass dich gehen, Sam. Was fühlst du jetzt?«
    Wenn ich das spielen würde, was ich gerade empfand, wäre das Stück gelaufen.
    »Vielleicht hilft es, wenn du dabei an deinen Freund denkst. Oder hast du keinen Freund?«, hauchte er.
    »Ich ... ähm ... nein!«, stammelte ich verlegen. Mein Gefühlsleben wollte ich ganz bestimmt nicht vor ihm ausbreiten.
    Herr Simon musterte mich. Es war mir unangenehm, dass er mir so tief in die Augen blickte. Außerdem war er viel zu nah. Automatisch drehte ich meinen Kopf zur Seite – und sah Christoph. Er stand hinten in der Tür. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören. Wie lange war er wohl schon dort? Er

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