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Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schwarz
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starrte uns an. Hatte er meinen letzten Satz gehört? Als sich unsere Blicke trafen, verließer eilig den Theaterraum und knallte die Tür hinter sich zu.
    »Ich muss jetzt wirklich gehen!«, stammelte ich und hatte Mühe, mich aus Herrn Simons Umarmung zu befreien.
    »Aber die Stunde ist noch gar nicht um.«
    Das war jetzt egal! »Tut mir leid!« Ich packte meine Tasche und lief aus dem Saal. Hastig rannte ich um die Ecke. Christoph war nirgendwo zu sehen. Auf der großen Treppe nahm ich zwei Stufen gleichzeitig hinunter zum Ausgang, aber auch dort war er nicht. Endlich entdeckte ich ihn ganz hinten, am anderen Ende des Schulhofs. Fast hatte er seine Vespa erreicht. Er nahm seinen Helm und wollte ihn gerade aufsetzen.
    »CHRISTOPH!«, schrie ich. »WARTE!« Er stutzte und sah mich an.
    »Was?«, fragte er knapp, als ich ihn endlich erreicht hatte.
    »Das gerade im Saal ... ich ...«, japste ich und bekam kaum Luft, so schnell war ich gerannt.
    »Schon kapiert«, murmelte er und wollte sich den Helm über den Kopf ziehen.
    »Nichts hast du kapiert!«, sagte ich wütend. Nahm er wirklich an, dass die Szene mit Herrn Simon etwas zu bedeuten hatte? Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
    »Er und ich ...«, begann ich erneut.
    Christoph schnitt mir wieder das Wort ab. »Ja, hab ich gesehen! Eigentlich wollte ich ja nur wissen, wie es dir nach Gelis Unfall geht. Aber wie ich feststellen musste,trifft es dich nicht besonders!« Ich schnappte nach Luft, aber er sprach einfach weiter. »Und jetzt spielst du wohl den weißen Schwan«, sagte er. Er klang nicht wütend, eher enttäuscht oder vielleicht sogar traurig. »Hör auf damit, Sam! Mach das nicht!«
    »Was? Was soll ich nicht machen?«, fragte ich erstaunt.
    »Odette spielen«, gab er zur Antwort.
    »Und warum nicht?«
    »Ich meine das ernst, Sam! Spiel da nicht mit. Spiel nicht den weißen Schwan«, sagte er energisch.
    Ich runzelte die Stirn. Dass er sauer war wegen Herrn Simon, konnte ich ja nachvollziehen, auch wenn er das gründlich missverstanden hatte. Aber bei der Aufführung selbst spielte schließlich David den Prinzen.
    »SAM! Du darfst auf keinen Fall da mitspielen. Versprich mir das!« Er packte mich an den Schultern.
    »Lass mich!« Wütend schüttelte ich seine Hände ab. »Was ist denn plötzlich mit euch allen los? Erst Herr Simon ... jetzt du? Jeder will mir vorschreiben, was ich zu tun habe. Fragt eigentlich auch mal jemand, was ich will? Mir reicht es langsam! Wo ich wann und was spiele, entscheide immer noch ich. Ich spiele diesen dämlichen Schwan, wenn es mir passt, kapiert?«
    »Sam, du kannst den weißen Schwan nicht spielen. Es war Veronikas Rolle, verstehst du?«
    Veronika? Mir klappte der Mund auf. So musste es sich anfühlen, wenn man einen Kübel Eiswasser ins Gesicht bekam. Tief in mir stülpte sich etwas um. Oh ja, ich verstand. Jetzt verstand ich alles.
    »Veronika?«, fragte ich. »Es geht dir also um sie?« Natürlich durfte ich ihre Rolle nicht spielen. Schließlich sah ich ihr so ähnlich. Es würde ihn nur an sie erinnern. War das der Grund, warum er sich überhaupt mit mir abgab? Eben weil ich ihr so ähnlich sah? Fühlte er sich ihr vielleicht wieder ganz nah, wenn ich bei ihm war? Mike hatte mich bereits darauf hingewiesen. Aber ich wollte es nicht wahrhaben. Doch jetzt? Es ging Christoph also gar nicht um mich, die ganze Zeit über nicht!
    Ich spürte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten, doch ich wollte nicht weinen, wollte ihm nicht zeigen, wie gekränkt ich war. Es gelang mir nicht, schnell genug zu blinzeln. Die Tränen rannen über mein Gesicht.
    Ich war so wütend, so traurig und so enttäuscht. Die Gefühle wirbelten wie in einer wilden Achterbahn in mir herum. Kurzerhand drehte ich mich um und lief davon.
    »SAM!«, hörte ich ihn rufen. »Bleib stehen!«
    Aber das tat ich nicht.
    Bei den Fahrradständern stieß ich fast mit Caro zusammen. Warum war sie immer dann da, wenn ich sie absolut nicht sehen wollte? Erst hinter den Garagen blieb ich stehen. Fast blind vor Tränen sperrte ich mein Fahrrad auf und fuhr los.
    Einige Minuten radelte ich die Straßen entlang, bis ich merkte, dass ich in die andere Richtung musste. Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an Christoph und Veronika.

Kapitel 37
    In Gedanken versunken fuhr ich in Richtung Innenstadt. Schließlich war da noch mein Termin beim Kieferorthopäden. So lange hatte ich diesen Tag herbeigesehnt. Nun war es gar nicht mehr wichtig. Wie ferngesteuert

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