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Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Sie fing an zu schluchzen, halb aus Verzweiflung, halb, um keine Fragen mehr beantworten zu müssen. Sie wollte nur nach Hause laufen, sich in die Badewanne legen und nicht mehr daran denken.
    »War es dieser Schwarze?« Dieter trat lauernd auf sie zu, die Augen zusammengekniffen.
    Ihr Schluchzen wurde lauter, sie konnte es nicht unterdrücken. Die Jungen interpretierten das offenbar als Bestätigung. »Diese Drecksau«, hörte sie einen von ihnen sagen, sie hatte keine Ahnung, wen, denn alles um sie herum hatte angefangen sich zu drehen.
    Nachher wusste sie nicht mehr, wie sie nach Hause gekommen war. Sie hatte versucht, den Vorfall zu vergessen. Als zwei Tage später die Polizei überall im Dorf nach dem schwarzen Mann fragte, hatte sie ein merkwürdiges Gefühl beschlichen. Ihre Haut hatte gekribbelt und ihr Herz ganz wild geschlagen. Doch es hatte sie nicht wirklich berührt, es hatte sie nicht erreicht durch den Nebel, der sie umgab.
    Ein paar Wochen später hatte sie festgestellt, dass sie schwanger war. Klaus Herrmanns hatte jemanden aufgetrieben, der wusste, wie man so was wegmachte. Offiziell war sie zu ihrer Brieffreundin nach Hamburg gefahren, in Wirklichkeit jedoch hatte ihre Reise in einer Kellerwohnung in Köln geendet, bei einem Mann, der angeblich Medizin studiert und das Studium aus irgendwelchen Gründen nicht abgeschlossen hatte, der aber dennoch behauptete, genau zu wissen, was zu tun sei. Der Mann hatte fettige Haare gehabt und nach Schweiß gestunken. Er hatte das Geld in seine Hosentasche gestopft und sie aufgefordert, sich auszuziehen. Zitternd hatte sie gehorcht. Während sie nackt auf der Liege lag und wartete, hatte er in aller Seelenruhe eine geraucht und sie dabei schamlos angestarrt. Sie hatte Angst bekommen. Doch die Angst davor, was passieren würde, wenn sie dieses Kind zur Welt brachte, war größer gewesen. Ihre Eltern hätten sie aus dem Haus geworfen. Sie hätte die Schule nicht beenden können. Aber vor allem hätten Thomas und die anderen beiden gesehen, dass das Baby gar nicht schwarz war.
    Als der Mann ihre Beine spreizte und nach einem silbernen Gegenstand griff, einer Art Skalpell, das auf einem Tablett bereitlag, hatte sie die Augen geschlossen und sich vorgestellt, sie sei weit weg. Nachher hatte sie schrecklich geblutet und noch wochenlang Schmerzen im Unterleib gehabt.
    Jahre später war sie zum ersten Mal bei einer Ärztin gewesen, die sie gründlich untersuchte. Sie war inzwischen mit Thomas verheiratet, und sie warteten auf Nachwuchs. Die Ärztin hatte sie untersucht und eindringlich angesehen.
    »Sie studieren doch Medizin, oder?«, hatte sie mit unbewegter Miene gesagt.
    Sie hatte genickt.
    »Dann können Sie sich vermutlich denken, dass Sie nie Kinder haben werden. Und ich nehme an, Sie wissen auch, warum das so ist.«
    Sie war aus der Praxis geflüchtet und ziellos durch die Stadt gelaufen. Ja, natürlich hatte sie geahnt, woran es lag, dass sie nicht schwanger wurde, aber sie hatte es nicht wahrhaben wollen. Monatelang hatte sie danach das Gesicht des Mannes verfolgt, der ihren Unterleib verstümmelt hatte. Die fettigen Haare, der intensive, gierige Blick. Manchmal hatte sie sogar geglaubt, seinen Schweißgeruch wahrzunehmen.
    Sie schloss kurz die Augen, dann drehte sie den Zündschlüssel im Schloss. Zeit für die Wahrheit.

16
    Als sie ins Krankenzimmer traten, lag Rosemary Alcott scheinbar unverändert in dem weißen Bett, nur das Fehlen des Beatmungsgerätes zeigte an, dass das nicht stimmte.
    »Sie schläft«, flüsterte May. »Sie ist sehr schwach, ich möchte sie ungern wecken. Aber sie hat mir etwas erzählt. Kommt mit.«
    Sie traten in den Flur und ließen sich in einer Sitzecke nieder, die man versucht hatte, mit Grünpflanzen und einigen Farbdrucken an den Wänden etwas freundlicher zu gestalten.
    »Heute Morgen ganz früh habe ich plötzlich ein Stöhnen gehört. Ich saß im Sessel, war eingenickt, und das Geräusch weckte mich. Ich sah zu Rose, sie hatte die Augen offen und sah mich an. Im ersten Augenblick bekam ich einen Riesenschreck, dann habe ich vor Freude geweint. Sie hat gelächelt. ›Tante May‹, hat sie gesagt, ›wie schön, dass du da bist.‹ Einfach so, als wäre ich auf einen Drink vorbeigekommen. Danach hat sie angefangen, von einer Frau zu sprechen, die auf sie warte, sie müsse sie dringend anrufen. Rose war ganz aufgeregt, weil ich nicht wusste, welche Frau sie meint.«
    »Petra Klamm«, sagte Katrin automatisch. »Sie war mit

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