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Schwanentanz

Schwanentanz

Titel: Schwanentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Francis
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der so verloren klang, wie sie sich fühlte. Vorbei war das lustvolle Intermezzo, zurück blieb bloß Eifersucht. Wütend auf sich und diesen verwirrend schönen, wilden Mann, rollte sie sich auf die Seite und presste das Gesicht ins Kissen, um nicht zu heulen.

     
    Tropf. Tropf. Tropf.
    Hin und wieder Schritte irgendwo über ihm. Und Stimmen, er hörte sie gedämpft, wenn sie sich anbrüllten. Es war kalt, so kalt. Sein Fleisch musste fort sein, abgeschält, die Knochen zertrümmert und seine Seele lag schutzlos im Dreck.
    Er stellte sich vor, dass sie seinen Körper längst aus dem Keller geholt und nach oben gebracht hatten. Vermutlich hing er dort an einem Fleischerhaken und blutete aus wie eine Schweinehälfte. Genau das war es, was er hier hörte. Sein stetig tropfendes Blut, das im Erdgeschoss durch den Boden drang und im Keller von der Decke tropfte.
    Er wollte schreien, um Hilfe brüllen, weil sie seinen Geist hier unten vergessen hatten. Aber wie sollte er schreien ohne einen Körper?
    Tropf. Tropf. Tropf.
    Wie viel Blut mochte ein Mann haben, wenn man es in Tropfen zählte?

     
    Das Zwielicht war zu Dunkelheit verloschen, als Suzanna die Augen öffnete. War sie eingeschlafen? Es musste so sein, denn der kühle Umschlag war ihr vom Knie gerutscht, das Laken hatte die Feuchtigkeit aufgesogen. Es musste bereits Nacht sein, so schwarz, wie es draußen war. Sie tastete nach der Lampe neben dem Bett, doch ehe ihre Finger den Schalter fanden, bemerkte sie ein trübes Licht hinter der Fensterscheibe. Sie zog die Hand zurück, stand auf, schlich durchs Zimmer und verbarg sich hinter dem Vorhang. Vorsichtig spähte sie nach draußen und sah dasselbe wie in der ersten Nacht, bevor sie die Vorhänge an jedes Fenster gehangen hatte. Lichter glitten im Nebel dicht über den Boden. Was sie vor wenigen Tagen noch bis ins Mark erschreckt hatte, ließ Hoffnung aufleuchten. Was immer das da unten war, es war nicht normal. Nicht erklärbar. Ebenso wenig … wie Feen.
    Auf Strümpfen huschte sie ins Erdgeschoss. Wieder war alles unnatürlich still, die Spinne Charlotte hatte sich versteckt, keine Ameise eilte über die Küchendielen. Auch vom Küchenfenster aus sah sie nur knapp über dem Boden schwebende, matte Lichter. Mal blieben sie stehen, bewegten sich ein paar Zentimeter nach oben oder unten, dann glitten sie weiter. Suzanna presste die Hände so fest auf die Fensterbank, dass das Holz ächzte, während sie die Lichter zählte. Ein knappes Dutzend, aber möglicherweise waren im Nebel weitere verborgen. Was immer sie waren – vielleicht nur besonders große Glühwürmchen – sie würde verrückt werden, wenn sie es nicht herausfand. Rasch zog sie eine Strickjacke über, die über der Stuhllehne gehangen hatte, nahm ihre Taschenlampe und schlüpfte in ihre Sneakers. Sie ging durch die Vordertür, ließ diese geöffnet, um kein Geräusch zu verursachen, und schlich ums Haus. Eine Weile geschah nichts. Was immer in ihrem Garten war, es irrlichterte ungerührt umher, während sie sich vorsichtig näherte.
    Dann ertönte ein schriller Pfiff wie von einer Ratte. Die Lichter stoben auf, flitzten davon. Suzannas Instinkte riefen ebenfalls zur Flucht, ihr entkam ein leiser Schrei, aber sie riss sich zusammen und lief den Lichtern hinterher. Eines lag am Boden, flackerte und erlosch. Sie beugte sich hinab und schaltete die Taschenlampe ein. Im Gras lag eine Öllampe, fragil und winzig wie aus einer Puppenstube. Sie berührte sie, das Messing war noch heiß. Einen halben Schritt entfernt lag ein aus Stroh geflochtenes Körbchen, zur Hälfte gefüllt mit Wildkräutern. Es war so klein, dass gerade ein Apfel hineingepasst hätte. In Suzannas Kopf breiteten sich Gedanken aus wie Pilze unter feuchtem Laub.
    Feen.
    Sie überlegte nicht, was sie tat, sondern eilte den fliehenden Lichtern hinterher. Sie bewegten sich auf die alte Eiche zu. Der Lichtkegel der Taschenlampe zitterte über die Wiese, huschte an Gänseblümchen und Butterblumen vorbei und erfasste weitere Körbchen, die von – was auch immer da weglief – fallengelassen worden waren. Suzanna machte dunkle Gestalten aus, klein wie Eichhörnchen und ebenso flink, doch sie liefen auf zwei Beinen. Hatten Arme, menschliche Umrisse. Herrgott, sie trugen sogar Kleidung! Es war zu skurril, zu unglaublich, um es zu begreifen. Trotzdem zweifelte sie keinen Moment an dem, was sie sah. Es war real, so real wie die winzige Lampe in ihrer Hand und der Geruch nach Petroleum, der von

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