Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia

Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia

Titel: Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
sie erkannt hatte, was hier geschah, würden die beiden sie aufhalten.
    Er blieb stehen, als er spürte, wie die Erde unter seinen Füßen steil abfiel. Instinktiv öffnete er die Augen. Vor ihm lag ein Graben, auf dessen Grund das Wasser eines Bachs plätscherte. Büsche wucherten an den abfallenden Seiten.
    Aurelius schlug sich durch sie hindurch. Sein Herzschlag verlangsamte sich, als er Amalia am Boden liegen sah. Einen Moment glaubte er, sie sei tot. Mit einem weiten Satz war er bei dem reglosen Körper und hob ihn behutsam an. Er sah auf ihrer Stirn getrocknetes Blut, das süß und verführerisch roch, und seinen Hunger entfachte. Er schluckte.
    „Amalia?“
    Sie öffnete die Augen und sah ihn schlaftrunken an. „Marie“, flüsterte sie. „Sie heißt Marie …“
    Aurelius hätte ihren Oberkörper beinahe losgelassen. Hastig packte er sie fester. Wenn er nicht ohnehin überzeugt davon gewesen wäre, dass sie das Seelenblut war – jetzt hatte er einen endgültigen Beweis. Sie erinnerte sich an Frankreich. An das Leben von Marie.
    Er schloss die Augen. Wenn er sich recht entsann, war er in dieser Periode seiner Existenz ein ziemliches Arschloch gewesen. Aber wann war er das eigentlich nicht? Hatte er je zu seiner menschlichen Seite zurückgefunden? Oder zu dem, was von einigen Humanisten als menschlich angesehen wurde?
    Was war Menschlichkeit?
    Er musste an die Zeit in Frankreich denken, in der Marie gelebt hatte. An die Folterungen, denen er hatte zusehen müssen. Einmal hatten sie auch ihn gefoltert, ehe er entkommen konnte, und seine Peiniger leer getrunken hatte. Menschen waren nicht anders als Vampire, wenn es um Grausamkeit ging. Der Virus veränderte den Körper, nicht den Geist.
    „Ich bringe dich ins Hotel“, sagte er leise und hob Amalia auf seine Arme. Obwohl sie über einen Meter siebzig groß war, wog sie für ihn so gut wie nichts. Sein Knochenbau war schwerer, seine Kraft größer als die eines Menschen.
    Sie murmelte einen Satz, den er nicht verstand, und schmiegte sich an ihn wie eine junge Katze. Warm und weich lag sie in seinem Griff. Ihre roten Haare fluteten über seine Arme. Das Korsett war lose geschnürt und entblößte mehr von ihrer Brust, als es verdeckte.
    Er betrachtete ihren langen Hals, roch das Blut in den Adern unter der hellen Haut. Wenn er sich konzentrierte, konnte er ihren Herzschlag hören.
    Sie war hilflos. Ein Wesen, das beschützt werden musste.
    Er versuchte sich einzureden, dass es nur ein Job war. Er war ein Krieger und seine Aufgabe war es, seinen Klan zu beschützen. Alles andere war nebensächlich. Es zählte nur, ihr Vertrauen zu gewinnen, damit er seinen Auftrag erledigen konnte.
    Mit harten Schritten trug er sie zu seinem Wagen.
    „Was ist das?“ Amalia schüttelte sich und setzte erschöpft die Tasse ab, die Aurelius ihr gereicht hatte. Sie saß auf einem der mit rotem Samt bespannten Polsterstühle nahe der Hotelbar. Nicht weit entfernt spielte ein Pianist auf einem Flügel die Mondscheinsonata von Beethoven.
    „Ein Tee aus Sri Lanka mit Whisky und … das verrate ich lieber nicht.“ Er lächelte. „Hilft es denn?“
    Sie nickte. Noch immer war sie nicht ganz im Hotel angekommen. Ihre Gedanken waren zähflüssig und zogen sich qualvoll. Sie wusste, dass sie weggelaufen war. Sie hatte eine Art Panikattacke gehabt. Warum wusste sie nicht mehr. Dunkel erinnerte sie sich an einen Traum. Wölfe und Schnee. Die Sache mit den vorherigen Leben. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Es gab keine vorherigen Leben. Keine Seelenwanderung.
    Aurelius betrachtete ihr Gesicht. „Die Wunde sieht nicht schlimm aus, sonst hätte ich dich sofort ins Krankenhaus gefahren. Aber du bist ziemlich durchfroren. Am besten begleite ich dich auf dein Zimmer und du nimmst ein warmes Bad.“
    Ein Anflug von Scham ließ sie zur Seite sehen. „Du … du musst mich für verrückt halten.“
    Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich denke, ich habe dich überfordert. Wir kennen uns kaum und ich bin … ich war zu besitzergreifend.“
    Sie sah in diese zärtlichen braunen Augen. In sein Engelsgesicht. Vorsichtig stellte sie die leere Teetasse ab. „Also gut. Ich wäre dir dankbar, wenn du mich nach oben bringst.“
    Ihre Knie waren weich. Vermutlich war ihr Kreislauf noch im Keller. Schwerfällig stützte sie sich auf seinen Arm.
    „Zum Glück hast du mich gefunden“, sagte sie leise und war ehrlich dankbar darüber. „Ich meine … wenn ich nun mehrere Stunden da in dem Graben gelegen

Weitere Kostenlose Bücher