Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia
Es roch nach gegrilltem Fleisch und gebackenem Knoblauchbrot.
Aurelius hatte seinen Arm um ihre Hüfte gelegt, und während sie die Auslagen der Stände betrachtete, besah er sich die Menschen, die an ihnen vorbeigingen.
Das heidnische Dorf war brechend voll. Bei dem guten Wetter war das kein Wunder. Viele Besucher gingen schwarz gewandet, aber ein großer Prozentteil trug auch mittelalterliche Gewandungen, wobei auf diese dasselbe zutraf, wie auf die Becher im Regal – das meiste davon war ganz klar fantastisch und keineswegs historisch korrekt. Weite Röcke und Ärmel aus allen nur erdenklichen Stoffen waren darunter. Vieles sah schön aus, manches umwerfend, und einiges unmöglich.
Sie ging näher an die Auslage heran und griff nach einem der Tonbecher. Er hatte vier Trinkkanten und schimmerte in einem hellen Grau. Sie wog ihn unter den wachsamen Blicken des Verkäufers in der Hand und stellte ihn vorsichtig wieder ab.
Gemütlich schlenderten sie weiter. Es gab hier alles, was es auf anderen Mittelaltermärkten auch gab – Fressbuden, Stände mit Kleidern und Fruchtweinen, ein orientalisches Zelt, in das man sich auf bunte Kissen an niedrige Tische setzen konnte. Es war mit einem Stand für orientalische Süßigkeiten verbunden und duftete nach Honig und Jasmin-Tee.
Der gesamte Platz war umgeben vom Grün der wogenden Bäume.
„Ein schöner Ort“, stellte Amalia fest.
„Und sehr abgeschieden, wenn man nur ein paar Schritte geht.“
Amalia öffnete den Mund. „Du meinst doch nicht … wir haben erst …“ Konnte er tatsächlich schon wieder Lust auf sie haben? Sie betrachtete sein Profil ungläubig von der Seite. Er war so beeindruckend in seinen Bewegungen. Sein Gesicht schien im Licht des Tages noch weißer und strahlender. Sie musste sich eingestehen, dass auch sie einem weiteren Mal nicht abgeneigt war.
Er zog sie näher an sich. „Ich weiß. Es ist erst zwei Stunden her, aber du bist wie eine Droge. Der Suchtfaktor ist nicht zu unterschätzen.“
Amalia schwieg. Sie hatte plötzlich das ungute Gefühl, er machte das alles mit Absicht. Er war einfach viel zu nett zu ihr. Er bezahlte ihr Kleider, brachte Frühstück an ihr Bett und war viel zu offensichtlich verrückt nach ihr. Als ob er mit ihr schlafen wollte, um etwas Bestimmtes zu erreichen. Aber das war verrückt. Es ergab keinen Sinn. Was sollte er erreichen wollen? Falls das Ziel gewesen war, mit ihr zu schlafen, hatte er es erreicht, und es war ein Ziel, das sich mit ihren Wünschen deckte. Vermutlich stand sie sich nur selbst im Weg.
„Ich brauche eine Pause, tut mir leid. In einer halben Stunde spielt eine der Bands. Wir sollten uns das anhören.“
„Wie du möchtest.“ Seine Stimme klang verständnisvoll.
Amalias Hand wanderte an ihren Hals. Sie hatte das schwere Halsband abgelegt und es in seinem Hotelzimmer zurückgelassen. Danach war sie sich umziehen gegangen. Da sie keine historischen oder fantastischen Kleider hatte, trug sie eine ihrer Lieblingslackhosen, dazu hohe Schuhe, ebenfalls aus Lack, und ein eng anliegendes Oberteil aus schwarzer Spitze, unter dem man den schwarzen BH erkennen konnte. Darüber trug sie eine eng anliegende schwarze Jacke aus glänzendem Stoff. Ihre Haare hatte sie kunstvoll zu mehreren Zöpfen geflochten und es zufrieden hingenommen, dass einige Haarsträhnen sich bereits wieder lösten. Das gab der Frisur genau die Spontaneität, die sie trotz allem Styling mochte.
Immer wieder begegnete sie im Weitergehen den Blicken von Männern. Oft waren diese zuerst auf ihre Brust gerichtet, und fanden ihre Augen erst anschließend. Ihr Outfit schien ebenfalls aufzufallen, wenn es auch nicht schreiend pink war, wie das einer Frau in einem Neon-Reifkleid.
„Du bist ein Blickmagnet“, murmelte Aurelius neben ihr, als wieder ein junger Mann zu ihr starrte. „Vielleicht sollte ich den Kerlen Manieren beibringen.“
„Untersteh dich. Wenn ich mich schon so anziehe, dann tue ich es auch, damit man mich betrachtet. Ich hasse Frauen, die ihre Brust zur Schau stellen und dann beleidigt sind, weil Männer ihre Brüste ansehen.“
„Du hast auch ein schönes Gesicht.“
Charmeur. „Ja. Trotzdem verrät es doch eine ganze Menge über einen Kerl, wie dezent oder indezent er eine Frau anstarrt. Meinst du nicht?“
Er machte einen Laut, der einem Grunzen nicht unähnlich war, und sah tatsächlich ein klein wenig eifersüchtig aus. Sie hoffte, dass dies nicht wirklich zutraf. Schließlich hatten sie sich nicht
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