Schwartz, S: Blutseelen 1: Amalia
und trat an Amalia heran. Plötzlich hielt sie inne, als habe sie einen Schlag ins Gesicht erhalten. Ihre Stimme klang gepresst. „Was hast du da an?“ Sie wies auf die silberne Kette um Amalias Hals. Ein Familienerbstück, soweit Amalia wusste, sie trug sie sehr oft, sie mochte den schweren Anhänger, der einen Engel darstellte.
„Mein Vater hat sie mir gegeben. Er hat seinen Vater niemals kennengelernt, weil er ein uneheliches Kind war, und sein Vater sich nie zu ihm bekannte. Aber diese Kette hat er von seiner Mutter im Andenken an meinen Großvater geschenkt bekommen.“
Grace‘ Augen waren schmale Schlitze. „Ist das so? Nun ja.“ Ihr Gesichtsausdruck entspannte sich. „Ich hatte einmal eine ganz ähnliche Kette und warf sie fort. Aber das ist lange her.“
Amalia runzelte die Stirn. „Du hast eine Kette aus echtem Silber weggeworfen?“
Grace machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand. „Nur ein Scherz. Vergiss es einfach. Widmen wir uns der Gegenwart.“ Sie trat auf Amalia zu.
Amalia wusste nicht, wie ihr geschah. Vielleicht waren es diese Augen, die in allen nur erdenklichen dunklen Braun- und Schwarztönen schimmerten, wenn das Licht auf sie fiel. Vielleicht war es auch der Geruch nach Kirschblüten und Schneesturm. Sie rührte sich nicht, während Grace wie in Zeitlupe auf sie zukam und ihre schlanken Finger auf ihre Brust presste.
„Warm und voll Leben. Süß und naiv. Alles Eigenschaften, die ich mag.“ Ihre Finger streiften die silberne Kette um Amalias Hals und berührten den schweren Engel mit den ausgebreiteten Flügeln.
„Was hast du vor?“ Amalia erschrak darüber, wie dünn ihre Stimme klang.
Grace beugte sich herab. Ihre roten Lippen streiften Amalias Schlüsselbein. Sie zuckte zusammen. Grace‘ Haut war kalt wie Eis. Trotzdem bewegte sie sich nicht vom Fleck. Ob Grace sie hypnotisierte? Hatte sie ähnliche Fähigkeiten wie Aurelius?
„Hypnotisierst du mich?“, fragte sie kurzatmig.
„Müsste ich das?“ Grace‘ Lippen wanderten tiefer, eine raue Zunge leckte über ihre Haut, so vertraut, dass Amalia erneut zusammenfuhr. Sie kannte dieses Gefühl. Kannte diese Zunge, die über sie leckte und sich anfühlte wie die Zunge eines Tiers.
„Ich … das will ich nicht“, brachte sie kläglich hervor.
„Du wirst es vergessen“, sagte Grace beschwichtigend. „Alles, was in der nächsten Stunde geschieht, wirst du vergessen. Du wirst dich nur daran erinnern, wie nett wir uns unterhalten haben.“
„Du benutzt mich.“
„Du glaubst nicht, was Darion mir zahlen würde, wenn ich dich ihm anbieten würde.“
„Verschwinde!“ Noch immer regte sie sich nicht. Sie wollte Grace zurückstoßen, aber ihr Körper gehorchte nicht. Grace war eine Gefahr. Sie war nicht das, was sie zu sein vorgab.
„Langsam verstehe ich Aurelius. Du bist tatsächlich willensstark. Aber gegen mich kommst du nicht an. Niemand tut das. Und warum auch.“ Ihre dunkeln Augen sahen in Amalias. „Bin ich dir etwa zuwider? Nein. Du sehnst dich nach mir. Willst mich schon, seit du mich das erste Mal gesehen hast. Aber die Gitter in deinem Kopf verbieten dir, dich mir hinzugeben. Wie albern ist es, mit nur einem anderen Geschöpf seinen Körper zu teilen? Du verpasst eine ganze Welt. Tausend Welten.“
Grace trat zurück und öffnete ihr Kleid. Sie tat es schnell und geschickt. Amalia bemerkte den dünnen eingenähten Reißverschluss erst, als er sich öffnete. Grace streifte das Kleid ab und stand nahezu nackt vor ihr. Sie trug nichts weiter als hohe weiße Strümpfe und rote, hochhackige Schuhe mit silbernen Schnallen. Weder eine Unterhose noch ein Oberteil verdeckten ihre Haut. Amalia konnte nicht anders als sie anzustarren. Ihr Körper war wunderschön, die Brüste weder zu groß noch zu klein und perfekt geformt. Die glutvollen Augen machten sie zu einer Göttin. Ein etwas überhebliches Lächeln lag auf ihren Lippen.
„Verabscheut haben mich viele. Aber sie haben immer auch genossen.“
Sie näherte sich Amalia erneut und leckte über ihre Wange. Amalia wollte das Gesicht zur Seite drehen. Sie bewegte sich keinen Zentimeter.
„Heb die Arme“, flüsterte Grace.
Wie eine Marionette hob sie ihre Arme in die Höhe, über ihren Kopf, als hinge sie gefesselt an einem unsichtbaren Seil.
„Und nun spreiz deine Beine.“
Auch das tat Amalia, halb verwirrt, halb benommen. Sie sah zu, wie Grace die Träger ihres BHs mit einem spitzen Fingernagel durchtrennte. Danach zerfetzte sie ihren
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