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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Schlimmes?«
    »Bravo, Simon«, sagte der Ingenieur, der sich eines Lä-
    chelns über den Enthusiasmus des alten Obersteigers nicht
    enthalten konnte. »Wir treiben unsere Stollen hinaus unter
    das Meer. Wir durchlöchern das Bett des Atlantiks wie ein
    Sieb! Wir arbeiten uns mit der Spitzhaue unter dem Ozean
    hindurch bis zu unseren Stammverwandten der Vereinigten
    Staaten. Wir wühlen uns bis an den Mittelpunkt der Erde
    ein, um ihr das letzte Stückchen Kohle zu rauben!«
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    »Lachen Sie mich aus, Mr. James?« fragte Simon Ford
    ganz ernsthaft.
    »Ich lachen, alter Simon, nein! Aber Euer Enthusiasmus
    reißt Euch fort bis zum Unmöglichen! Halten wir uns nur
    an die Wirklichkeit, sie verspricht uns ja genug. Wir wollen
    jetzt die Werkzeuge ruhig hier liegenlassen und wieder den
    Weg zum Cottage einschlagen.«
    Etwas anderes war für jetzt wirklich nicht vorzunehmen.
    In der nächsten Zukunft wollte der Ingenieur in Begleitung
    einer Truppe von Bergleuten mit vollständiger Ausrüstung
    die Ausbeutung von New Aberfoyle wieder in die Hand
    nehmen. Jetzt empfahl es sich jedoch, zur Grube Dochart
    zurückzukehren. Der Weg war ja leicht zu finden. Die Ga-
    lerie verlief bis zu der gesprengten Öffnung fast in gerader
    Linie, also konnte man sich nicht wohl verirren.
    Aber als James Starr sich schon zum Aufbruch an-
    schickte, hielt ihn Simon Ford noch einmal zurück.
    »Mr. James«, begann er, »Sie sehen hier diese ungeheure
    Höhle, den unterirdischen See, den sie bedeckt, das Ufer,
    das die Wasser zu unseren Füßen bespülen? Nun, hierher
    werde ich meine Wohnung verlegen, und wenn einige wa-
    ckere Kameraden meinem Beispiel folgen wollen, so wird es
    binnen einem Jahr tief im Erdboden von Alt-England ein
    Dörfchen mehr geben!«
    James Starr billigte lächelnd die Projekte des alten Si-
    mon, drückte ihm die Hand, und alle begaben sich, Madge
    voran, zurück zur Galerie und zur Grube Dochart.
    Während der ersten Wegmeile trug sich nichts Beson-
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    deres zu. Harry ging allen voraus und hielt die Lampe über
    den Kopf empor. Er folgte aufmerksam der Hauptgalerie
    und mied die engeren Tunnels, die rechts und links da-
    ran ausliefen. Es schien, als ob der Rückweg mit derselben
    Leichtigkeit wie der Hinweg beendet werden sollte, als ein
    unangenehmer Zwischenfall die Situation der Wanderer
    plötzlich zu einer sehr verzweifelten machte.
    Eben als Harry seine Lampe einmal höher halten wollte,
    entstand eine heftige Bewegung der Luftschichten, als wür-
    den sie durch unsichtbare Flügelschläge fortgetrieben. Die
    von der Seite getroffene Lampe entfiel Harrys Hand und
    zerbrach auf dem Steinboden der Galerie.
    James Starr und seine Begleiter befanden sich plötzlich
    in der tiefsten Finsternis. Ihre Lampen, denen das Öl ausge-
    gangen war, konnten ihnen nichts mehr nützen.
    »Nun, Harry, du meinst wohl, wir sollen uns den Hals
    brechen, ehe wir zum Cottage gelangen?«
    Harry erwiderte nichts. Ihm fesselten seine Gedanken
    die Zunge. Sollte er auch in diesem letzten Zufall die Hand
    eines rätselhaften Wesens erblicken? Hauste in diesen Tie-
    fen ein Feind, dessen unerklärlicher Widerstand dereinst
    vielleicht ernstere Schwierigkeiten herbeiführen sollte? Wer
    hatte ein Interesse daran, die Ausbeutung des neuen Koh-
    lenlagers zu verhindern? Das erschien ja sinnlos, und doch
    sprachen die Tatsachen dafür und häuften sich derartig, um
    bloße Voraussetzungen zur Gewißheit zu erheben.
    Jedenfalls war die Lage der Wanderer jetzt nicht benei-
    denswert. Sie mußten in der dunklen Tiefe etwa 5 Meilen

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    — 123 —
    weit der Galerie folgen, die zur Grube Dochart führte. Dann
    hatten sie immer noch 1 Stunde Weg, bevor sie das Cottage
    erreichten.
    »Lassen wir uns nicht aufhalten«, drängte Simon Ford,
    »wir haben keinen Augenblick zu verlieren. Marschieren
    wir tastend, wie die Blinden. Verirren können wir uns un-
    möglich. Die Tunnels, die sich auf unseren Weg öffnen, sind
    nichts weiter als Eingänge zu Maulwurfshöhlen, und wenn
    wir nur der Hauptgalerie nachgehen, müssen wir offenkun-
    dig auf die Mündung treffen, durch die wir vorher herein-
    kamen. Dann sind wir in dem alten Kohlenbergwerk, das ist
    uns bekannt, und nicht zum ersten Mal durchwandern wir
    es in tiefster Dunkelheit. Dort finden wir ja auch noch die
    zurückgelassenen Lampen. Vorwärts also! – Harry, geh du
    voran; Sie folgen ihm zuerst, Mr. James, dann Madge, und
    ich werde den Zug schließen. Nur

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