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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Ryan
    vertraute sich zuerst den schwankenden Leitern an und er-
    reichte vor den anderen den Grund der Kohlengrube.
    Sir W. Elphiston und die Beamten folgten ihm alsbald
    nach.
    Die runde Grundfläche des Yarow-Schachts erschien
    vollkommen leer, aber Sir W. Elphiston erstaunte nicht we-
    nig, als er Jack Ryan ausrufen hörte:
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    »Hier liegen einige Überreste der Leitern, sie sind jedoch
    halb verbrannt!«
    »Verbrannt?« wiederholte Sir W. Elphiston. »Wahrhaftig,
    da liegt noch erkaltete Asche.«
    »Glauben Sie, Sir«, fragte Jack Ryan, »daß der Ingenieur
    James Starr ein Interesse daran gehabt haben könnte, diese
    Leitern zu verbrennen und die Verbindung mit der Außen-
    welt abzuschneiden?«
    »Nein«, erwiderte Sir W. Elphiston nachdenklich.
    »Vorwärts, mein Sohn, zum Cottage! Dort werden wir
    die Wahrheit erfahren.«
    Jack Ryan zog den Kopf ein, als zweifle er daran. Er
    nahm jedoch eine Lampe von einem der Beamten und ging
    rasch durch die Hauptgalerie der Grube Dochart voran.
    Alle folgten ihm.
    Eine Viertelstunde später hatten Sir W. Elphiston und
    seine Begleiter die Aushöhlung erreicht, in deren Grund Si-
    mon Fords Cottage errichtet war. Kein Lichtschein erhellte
    die Fenster.
    Jack Ryan stürzte auf die Tür zu, die er hastig aufstieß.
    Das Cottage war verlassen.
    Man durchsuchte alle Räumlichkeiten der dunklen Woh-
    nung. Im Innern zeigte sich keine Spur einer Gewalttätig-
    keit. Alles stand in der Ordnung, als ob die alte Madge noch
    hier wäre. Lebensmittel waren genügend vorhanden und
    hätten für die Familie Ford noch mehrere Tage gereicht.
    Die Abwesenheit der Bewohner des Cottage erschien
    also unerklärlich. Vermochte man vielleicht wenigstens mit
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    Gewißheit zu bestimmen, wann sie es verlassen hatten? – Ja,
    denn in dieser Umgebung, wo Tage und Nächte einander
    nicht folgten, hatte sich Madge gewöhnt, jeden angefange-
    nen Tag im Kalender durch ein Kreuz zu bezeichnen.
    Dieser Kalender hing an einer Wand des Zimmers. Das
    letzte dieser Kreuze stand bei dem 6. Dezember, dem zwei-
    ten Tag seit der Ankunft des Ingenieurs – was Jack Ryan ja
    bestätigen konnte. Seit dem 6. Dezember, das heißt also seit
    10 Tagen hatten Simon Ford, sein Sohn und seine Frau mit
    ihrem Gaste das Cottage verlassen. Konnte eine neue Un-
    tersuchung der Grube seitens des Ingenieurs eine so lange
    Abwesenheit rechtfertigen? Nein, gewiß nicht.
    So urteilte wenigstens Sir W. Elphiston. Nach genauester
    Besichtigung des Cottage schien er in große Verlegenheit zu
    geraten, was nun zu anzufangen war.
    Es herrschte tiefe Finsternis. Allein der Schein der Lam-
    pen, welche die Beamten hielten, schimmerte in der dunk-
    len Umgebung.
    Plötzlich stieß Jack einen Schrei aus.
    »Da! Da!« rief er.
    Er zeigte dabei mit dem Finger nach einem Lichtpunkt,
    der sich im dunklen Hintergrund der Galerie hin und her
    bewegte.
    »Eilen wir diesem Feuer nach, meine Freunde!« drängte
    Sir W. Elphiston.
    »Einem Geisterlicht!« warf Jack Ryan ein, »was sollte uns
    das nützen, wir erreichen es doch niemals!«
    Der Präsident der Royal Institution und die Beamten
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    waren zu frei vom Aberglauben, um sich dadurch von dem
    Versuch einer Verfolgung abhalten zu lassen. Trotz seines
    Widerstrebens schloß sich auch Jack Ryan ihnen an, und
    zwar nicht als der letzte.
    Es kam zu einer langen, ermüdenden Verfolgung. Der
    leuchtende Punkt schien von einer kleinen, aber sehr be-
    weglichen Gestalt getragen zu werden. Jeden Augenblick
    verschwand die Erscheinung hinter einem Felsenvorsprung,
    dann sah man sie plötzlich in einem Quergang wieder.
    Durch rasche Seitensprünge wußte sie sich immer wieder
    den Blicken der Verfolger zu entziehen. Schon hielt man sie
    für vollständig verschwunden, doch plötzlich schimmerte
    der Lichtschein wieder in desto hellerem Glanz. Jedenfalls
    gewann man keinen spürbaren Vorsprung, und Jack Ryan
    bestand auf seiner Ansicht, daß man sich fruchtlos abmü-
    hen werde.
    Bei dieser schon 1 Stunde andauernden Verfolgung
    drangen Sir W. Elphiston und seine Gefährten tief in den
    nordwestlichen Teil der Grube Dochart ein. Beinah kamen
    auch sie auf den Gedanken, es nur mit einem Irrlicht zu tun
    zu haben.
    Jetzt schien es aber doch, als wenn sich die Entfernung
    zwischen ihnen und dem Lichtschein verminderte. Ermü-
    dete vielleicht das vor ihnen fliehende Wesen oder wollte es
    sie etwa eben dahin verführen, wohin es vielleicht die Be-
    wohner des Cottage

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