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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Oberfläche, zu befördern.
    7 Meilen entfernt von hier, im Südwesten von Callander,
    lief ein schräger, an seinem Eingang mit Türmchen, Zinnen
    und anderem Schmuck monumental verzierter Tunnel aus,
    der bei genügender Weite und sanftem Abfall direkt in das
    wunderbare, unter dem Boden Schottlands ausgehöhlte Ge-
    wölbe führte.
    Auf doppelten Schienengleisen rollten, durch hydrau-
    lische Kraft bewegt, Stunde für Stunde die Wagen herauf
    und hinab, die dem im Untergrund der Grafschaft entstan-
    denen Dorf, das den vielleicht etwas zu anspruchsvollen
    Namen ›Coal City‹, das heißt Kohlenstadt, führte, als Kom-
    munikation mit der Außenwelt dienten.
    In Coal City angelangt, befand sich der Besucher in ei-
    nem Bereich, in dem die Elektrizität als Licht- und Wärme-
    quelle eine hochwichtige Rolle spielte.
    Die zahlreichen, senkrecht aufsteigenden Luftschächte
    hätten nämlich nicht gereicht, die tiefe Finsternis in New
    Aberfoyle genügend zu verdrängen. Es erglänzte aber alles
    in blendendem Licht, da zahlreiche elektrische Strahlen-
    bündel dort die Sonne des Himmels ersetzten. Hier in den
    Bogenrundungen der Gewölbe, dort an natürlichen Pfei-
    lern angebracht und stets von einem kräftigen, durch ma-
    gneto-elektrische Maschinen erzeugten Strom gespeist, be-

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    leuchteten sie, hier einer Sonne, dort einem Stern ähnlich,
    die weiten Räume. Schlug die Stunde der Ruhe, so genügte
    eine einfache Unterbrechung des Stroms, um in den tiefen
    Abgründen des Werks nach Belieben die Nacht eintreten zu
    lassen.
    Alle jene größeren oder kleineren Apparate arbeiteten im
    Vakuum, das heißt, ihre Lichtbogen standen nirgends mit
    der umgebenden Atmosphäre in Berührung. Sollten sich
    letzterer also auch einmal Wettergase in größerer Menge bei-
    gemischt haben, so konnte es dennoch nicht zu einer Explo-
    sion kommen. Die Elektrizität diente auch ohne Ausnahme
    allen Bedürfnissen des industriellen und häuslichen Lebens,
    ebenso in den Wohnstätten von Coal City, wie in den im Be-
    trieb befindlichen Stollen von New Aberfoyle.
    Wir erwähnen hier auch im voraus, daß die Vermutungen
    James Starrs – bezüglich der von der neuen Grube zu erhof-
    fenden Ausbeute – nach keiner Seite hin getäuscht wurden.
    Der Reichtum dieser Kohlenadern erwies sich als fast nicht
    abschätzbar. Im Westen der großen Aushöhlung, 1/4 Meile
    von Coal City, hatte man zuerst mit dem Betrieb begonnen.
    Die Arbeiterstadt lag also nicht im Mittelpunkt. Vor Beginn
    des eigentlichen Betriebs stellte man die nötigen Luft- und
    Förderschächte her, welche die verschiedenen Etagen des
    Bergwerks untereinander verbanden. Der große Tunnel mit
    seiner durch Wasserkraft betriebenen Bahn diente nur zur
    Beförderung der Bewohner und Besucher von Coal City.
    Der Leser erinnert sich wohl der bemerkenswerten Form
    jener ungeheuren Höhle, bis zu welcher der alte Oberstei-
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    ger und seine Begleiter bei dem ersten Besuch vordrangen.
    Über ihnen wölbte sich da eine Art von Dom mit geripp-
    ten Bögen. Dessen Stützpfeiler verliefen in der schiefrigen
    Felsmasse in einer Höhe von 300 Fuß – eine Höhe, die der
    des Mammut-Doms in den Grotten von Kentucky nahezu
    gleichkommt.
    Bekanntlich vermag diese ungeheure Halle, die größte
    unter dem ganzen amerikanischen Kontinent, bequem
    5.000 Personen aufzunehmen. Der erwähnte Teil von New
    Aberfoyle zeigte dieselben Größenverhältnisse und dieselbe
    Anordnung. An Stelle der wunderbaren Stalaktiten jener
    berühmten Grotte aber haftete hier der Blick an den rei-
    chen Kohlenadern, die unter dem enormen Druck des dar-
    über lagernden Gesteins überall geradezu hervorzuquellen
    schienen, wobei die glatten Bruchflächen der Pechkohlen-
    flöze im Glanz der elektrischen Strahlen flimmerten.
    Unter diesem gewaltigen Dom dehnte sich ein See aus,
    seiner Größe nach ähnlich dem Toten Meer, den Mam-
    mouth Caves – ein tiefer See, dessen klares Wasser von au-
    genlosen Fischen wimmelte und dem der Ingenieur den
    Namen Malcolm-See gab.
    Hier in dieser ungeheuren, natürlichen Höhle hatte Si-
    mon Ford sein neues Cottage erbaut, das er nicht gegen das
    schönste Hotel der Princes Street in Edinburgh vertauscht
    hätte. Das Häuschen lag am Ufer des Sees, und seine fünf
    Fenster boten eine Aussicht über das dunkle, bis über die
    Grenzen des Gesichtskreises reichende Wasser.
    2 Monate später erhob sich eine zweite Wohnung in der
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