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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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auch hin-
    sichtlich mehrerer Erscheinungen recht geben, bist du mit
    mir nicht darüber wenigstens einer Meinung, daß euch ir-
    gendein guter Geist durch das Herbeischaffen von Brot und
    Wasser das Leben rettete und ...«

    — 176 —
    — 177 —
    »Jack«, unterbrach ihn Harry, »jenes hilfreiche Geschöpf,
    das du zu einem übernatürlichen Wesen machen möchtest,
    existiert unzweifelhaft ebenso wie der betreffende Böse-
    wicht, und ich wiederhole dir, ich werde sie beide bis in die
    letzten Ausläufer der Grube suchen.«
    »Hast du denn irgendeine Vermutung, die dich dabei auf
    den richtigen Weg führen könnte?« fragte Jack Ryan.
    »Vielleicht«, antwortete Harry. »Hör mir aufmerksam zu.
    5 Meilen westlich von Aberfoyle, unter den Schichten, die
    den Lomond-See tragen, findet sich ein natürlicher Schacht,
    der senkrecht in die Tiefe hinabführt. Vor etwa 8 Tagen ver-
    suchte ich schon, seine Tiefe zu messen. Da, als ich mich
    über die obere Mündung beugte, um meine Sonde hinab-
    gleiten zu lassen, schien mir die Luft im Innern heftig be-
    wegt, wie von kräftigen Flügelschlägen.«
    »Es wird sich ein Vogel in die unteren Galerien der
    Grube verirrt haben«, bemerkte Jack.
    »Das ist noch nicht alles«, fuhr Harry fort. »Noch am
    selben Tag kehrte ich einmal zu dem Schacht zurück und
    glaubte da in dessen Grund ein leises Wimmern zu hören.«
    »Ein Wimmern!« rief Jack, »du hast dich getäuscht,
    Harry. Das ist nur der Luftzug gewesen ... wenn nicht etwa
    ein Berggeist ...«
    »Morgen, Jack, werde ich wissen, woran ich bin.«
    »Morgen?« fragte Jack, der seinen Kameraden mit gro-
    ßen Augen ansah.
    »Gewiß! Morgen steig’ ich in den Abgrund hinab.«
    »Harry, das heißt Gott versuchen!«
    — 178 —
    »Nein, mein Freund, ich werde seine Hilfe erbitten zu
    diesem Unternehmen. Morgen begeben wir beide uns mit
    einigen Kameraden zu dem Schacht. Ich schlinge mir ein
    langes Seil um den Leib, an dem ihr mich hinablassen und
    auf ein gegebenes Zeichen wieder hinaufziehen könnt. – Ich
    kann doch auf dich zählen, Jack?«
    »Harry«, antwortete Jack sehr ernst, »ich werde alles tun,
    was du von mir verlangst, und doch wiederhole ich dir: Du
    tust unrecht!«
    »Es ist besser, einmal unrecht zu tun, als sich die Vor-
    würfe machen zu müssen, etwas unterlassen zu haben«, er-
    widerte Harry mit entschiedenem Ton. »Also, morgen früh
    6 Uhr, und – schweigen können! Leb wohl, Jack!«
    Um ein Gespräch nicht weiter fortzusetzen, bei dem Jack
    Ryan sicher versucht hätte, ihm von seinem Vorhaben ab-
    zubringen, verließ Harry schnell seinen Kameraden und
    kehrte zum Cottage zurück.
    Man muß übrigens zugeben, daß Jacks Befürchtungen
    nicht übertrieben waren. Wenn Harry ein persönlicher Feind
    bedrohte und sich in dem Schacht verborgen hielt, den der
    junge Bergmann untersuchen wollte, so setzte er sich der au-
    genscheinlichsten Gefahr aus. Warum sollte es nicht so sein
    können?
    »Und überdies«, wiederholte sich Jack, »warum einer
    möglichen Gefahr in die Arme laufen, um eine Reihe von
    Tatsachen zu erklären, die sich durch die Annahme des Ein-
    schreitens übernatürlicher Wesen ganz von selbst erklärt?«
    Trotzdem fanden sich am kommenden Morgen Jack
    — 179 —
    Ryan mit drei Kameraden in Begleitung Harrys an der
    Mündung des verdächtigen Schachts ein.
    Harry hatte sein Vorhaben sowohl James Starr, als auch
    dem alten Obersteiger verheimlicht. Auch Jack Ryan war
    seinerseits verschwiegen gewesen. Als die anderen Berg-
    leute die kleine Gesellschaft aufbrechen sahen, glaubten sie,
    es handle sich nur um irgendeine Untersuchung der Mäch-
    tigkeit des Flözes an einer anderen Stelle.
    Harry trug ein 200 Fuß langes Seil, das zwar nicht dick,
    aber besonders fest war. Da er mit Hilfe der Hände und
    Arme weder hinab- noch hinaufklettern konnte, mußte er
    ein Seil gebrauchen, welches das Gewicht seines Körpers si-
    cher trug. Seine Begleiter sollten ihn also hängend in den
    Abgrund hinuntersinken lassen und ebenso wieder empor-
    ziehen. Eine Erschütterung des Seils sollte zwischen ihm
    und jenen als Signal dienen.
    Der ziemlich weite Schacht mochte im Durchmesser 12
    Fuß messen. Oben wurde ein Pfosten wie eine Brücke dar-
    über gelegt, so daß der Strick sich beim Nachgleiten immer
    in der Mitte halten mußte, um Harry bei seiner Fahrt in die
    unbekannte Tiefe vor dem Anstoßen an den Seitenwänden
    zu bewahren.
    Harry war bereit.
    »Du bestehst also auf deiner Absicht,

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