Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
und schmetterte einen freudigen Ton hinaus, als sollte sein Kehlkopf das dreigestrichene
A
produciren.
    Die Bahnlinie von Glasgow nach Balloch, zwischen der Haupthandelsstadt des Landes und dem Südende des Lomondsees, mißt nur etwa zwanzig Meilen.
    Der Zug passirte Dumbarton, eine königliche »Burg« und Hauptort der Grafschaft, dessen, einem Artikel der Union gemäß, stets befestigtes Schloß eine höchst pittoreske Lage auf den Gipfeln zweier Basaltfelsen zeigt.
    Dumbarton liegt am Zusammenflusse des Clyde und Leven. Hier erinnerte James Starr an verschiedene Ereignisse aus der abenteuerlichen Geschichte Maria Stuart’s. Von dieser Burg aus reiste sie ab, um sich mit Franz II. zu vermählen und Königin Frankreichs zu werden. Hier gedachte im Jahre 1815 der englische Minister Napoleon zu interniren; zuletzt erhielt hierfür aber die Insel Helena den Vorzug, und deshalb starb, sehr zum Vortheil seines legendenhaften Andenkens, der Gefangene Englands auf jenem einsamen Felsen des atlantischen Oceans.
    Bald hielt der Zug in Balloch, nahe einer hölzernen Verpfählung an, welche zum Niveau des Sees hinabführte.
    Dort wartete ein Dampfboot, der »Sinclair«, der Touristen, welche die schönen Seen besuchen. Nell und ihre Begleiter schifften sich ebenfalls ein und versahen sich mit Billets bis Inversnaid, am nördlichen Ende des Lomond.
    Der Tag begann mit schönem Sonnenschein, der heute die britannischen Nebel, welche ihn so oft verschleiern, siegreich verdrängte. Kein Detail der Landschaft, welche sich hier bei einer Fahrt von dreißig Meilen entrollt, konnte dem Auge der Passagiere des »Sinclair« entgehen. Nell hatte mit James Starr und Harry auf dem Hinterdeck Platz genommen und erfreute sich empfänglichen Sinnes an dem hochpoetischen Reize, mit dem diese Landschaft Schottlands so verschwenderisch ausgestattet ist.
    Jack Ryan ging auf dem Verdecke des »Sinclair« auf und ab und richtete unermüdlich seine Fragen an den Ingenieur des Schiffes, der übrigens, je weiter sich das Land Rob Roy’s vor ihnen ausdehnte, als enthusiastischer Bewunderer eine Beschreibung desselben lieferte.
    Zuerst traten im Lomond eine große Menge kleiner Inseln und Eilande auf, als wären sie dahin gesäet. Der »Sinclair« streifte fast ihre steilen Ufer, welche einander nahe gegenüber liegend manchmal ein einsames Thal, manchmal eine wilde, von zerrissenen Felsen umrahmte Schlucht bildeten.
    »Sieh, Nell, begann der Ingenieur, jedes dieser Eilande hat seine Legende und vielleicht sein Volkslied, ebenso wie die Berge, welche sich um den See herum aufthürmen. Man könnte ohne Uebertreibung behaupten, die Geschichte dieser Gegenden sei mit gigantischen Lettern, mit Inseln und Bergen niedergeschrieben.
    – Wissen Sie, Herr Starr, sagte Harry, an was mich diese Partie des Lomondsees erinnert?
    – Nun, Harry?
    – An die Tausend Inseln des Ontariosees, welche Cooper so wundervoll beschreibt. Du, liebe Nell, mußt diese Aehnlichkeit doch ebenso wie ich herausfühlen, denn erst vor kurzer Zeit las ich mit Dir jenen Roman, den man nicht mit Unrecht das Meisterwerk des amerikanischen Verfassers nennt.
    – Wahrhaftig, Harry, antwortete das junge Mädchen, das ist hier ganz das nämliche Bild, und der »Sinclair« gleitet zwischen diesen Inseln dahin wie der Kutter Jasper Süßwasser’s auf dem Ontariosee.
    – Nun, das beweist, meinte der Ingenieur, daß diese beiden Oertlichkeiten von zwei Dichtern gleichmäßig besungen zu werden verdienten. Ich kenne die Tausend Inseln des Ontario nicht, Harry, aber ich bezweifle, daß sie einen so reizvoll wechselnden Anblick gewähren wie dieser Archipel des Lomond. Betrachtet nur diese Landschaft! Da liegt die Insel Murray mit ihrem uralten Schlosse Lenox, wo die alte Herzogin von Albany residirte nach dem Tode ihres Vaters, ihres Gemahls und ihrer beiden Söhne, welche auf Jakob’s I. Befehl enthauptet wurden. Hier erheben sich die Inseln Clar, Cro und Torr u. a. m., die einen felsig und wild, ohne Spur einer Vegetation, die anderen geschmückt mit dem herrlichsten Grün. Hier dunkle Lärchenbäume und weißstämmige Birken, dort gelbliches, halbdürres Haidekraut. Wahrhaftig, ich muß es bezweifeln, daß die Inseln des Ontariosees eine solche Abwechselung zeigen.
    – Wie heißt jener kleine Hafen? fragte Nell, die sich nach dem östlichen Ufer des Sees gewendet hatte.
    – Balmaha, antwortete der Ingenieur. Er bildet den Eingang zu den Highlands (Hochlanden). Dort beginnen unsere

Weitere Kostenlose Bücher