Schwarz und Weiss (German Edition)
zu seinem Schwert wandern.
„Wollen wir uns nicht woanders unterhalten? Ich bin nicht so gut im Flüstern“, schlug der Unbekannte vor.
„Mit Vergnügen“, antwortete Aracas und verbarg seine Genugtuung.
Zufälligerweise führte der Unbekannte ihn zu genau der Klippe, an der er sich vor nicht allzu langer Zeit noch mit Solyce gestritten hatte. Man hatte von hier aus eine gute Sicht auf den gesamten Wald und Aracas fiel jetzt auch der schmale Streifen Wasser am Horizont auf. Der Pass!
„Na also, hier ist es besser“, meinte der Unbekannte zufrieden und bemühte sich jetzt nicht mehr um eine leise Stimme.
„Da hast du recht“, sagte Aracas langsam, zog dann blitzschnell sein Schwert und überwältigte den Unbekannten innerhalb von Sekunden. Auf dem Rücken liegend und das Schwert an der Kehle meinte er: „Das war aber nicht gerecht, ich hatte doch keine Ahnung...“
„Halt die Klappe!“, befahl Aracas, „was willst du wirklich hier? Bist du uns gefolgt?“
„Ja zum zweiten, zum ersten kann ich mich nur wiederholen, ich führe nichts Böses im Schilde.“ Er grinste Aracas durch die Maske hindurch an.
„Jemand in deiner Lage sollte nicht scherzen“, zischte Aracas.
„In meiner Lage?“, lachte der Unbekannte, „was kannst du mir schon anhaben? Willst du mich töten? Nur zu.“ Er legte den Kopf leicht zur Seite.
Aracas lockerte seinen Griff. Der Unbekannte spielte mit ihm.
„Töten werde ich dich nicht“, murmelte Aracas, „aber es wird mir ein Vergnügen sein, dich zu foltern.“
„Ach nein“, meinte der Unbekannte belustigt, „so bist du nicht.“
„Woher willst du das wissen? Wir haben uns lange nicht gesehen.“ Er drückte wieder fester zu.
„ Du kannst mich nicht verletzen. Aber weißt du was?“ Er drehte seinen Kopf wieder gerade. „Ich glaube, jemand anderes verfolgt mich. Jemand, der gut genug ist, dass ich ihn nicht sehe. Also dachte ich, wenn ich hier bin, bin ich sicher.“
„Willst du dich uns anschließen?“, fragte Aracas verblüfft. Der Unbekannte nutzte diese Verblüffung und warf Aracas von sich herunter. Da stand er nun, am Rande der Klippe und grinste Aracas zu.
„Ich bitte dich“, rief er aus, „was wollt ihr schon bewirken? Ihr seid zu sechst: einer, der nicht kämpfen kann, einer, der es nicht will, einer, der vollkommen den Verstand verliert, ein mehr oder weniger guter Magier, den Camar im Handumdrehen ausschalten kann, ein Mädchen und eine alte, verrückte Dame...“
„Es ist nicht so, dass ich nicht töten will.“ Aracas Stimme zitterte. „Ich darf es nicht tun.“
„Oh bitte, du bist einfach so mitfühlend, das ist wirklich rührend.“ Der Unbekannte drehte Aracas den Rücken zu. „Ich bin da ganz anders.“
Aracas nutzte seine Chance und griff an. Kurz bevor er aber sein Ziel erreicht hatte, fuhr der Unbekannte herum und hielt ihn auf. „Warum willst du so unbedingt mit mir kämpfen?“
„Ich will nur...“
„Nein, willst du nicht“, unterbrach ihn der Unbekannte ruhig, „aber jetzt lass mich reden. Wie gesagt, ich fühle mich verfolgt, also werden wir uns bald wieder sehen. Ich werde schon nichts Blödes anstellen.“ Er grinste.
„Ich glaube dir nicht! Du hast dich Persephone schon von Anfang an widersetzt!“
„Was hätte ich denn tun sollen? Mein Leben gehört schließlich mir, und ich werde mir nicht vorschreiben lassen, was ich machen darf und was nicht.“
„Ich doch auch nicht...“
„Aber trotzdem tust du alles, was man dir sagt“, entgegnete der Unbekannte unbeeindruckt, „mein großes Ziel ist es, Camar zu finden, und das werde ich, aber ohne euch.“ Er senkte den Kopf und machte eine verabschiedende Geste.
„Bis demnächst. Glaub mir, das wird früher sein, als du denkst.“ Und vor Aracas' Augen verschwand er, noch während er ihm mit einem kleinen Schlüsselbund winkte.
Aracas war müde. Er hasste es, sich zu streiten, und heute hatte er es gleich zweimal getan, noch dazu mit den beiden Männern, die er am besten kannte. Oder es zumindest glaubte.
Langsam machte er sich auf den Rückweg zum Lager. Warum war der Unbekannte nur hier erschienen? Und warum nur hatte Aracas ihn nicht gefangen genommen, dann hätte er ihn immer im Auge gehabt.
Zu seinen sowieso schon bestehenden Schuldgefühlen mischten sich neue. Aracas hasste sich für seine ewig falschen Entscheidungen, und auch sonst hasste er sein Leben.
Was hatte er der Welt nur getan, dass er so bestraft wurde?
Er war nicht einmal von Nutzen
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