Schwarz wie Samt
„Wirst du mich jeden Tag besuchen?“, fragte ich. Marek sah mich erstaunt an. „Ich weiß, dass Salman in deinem Haus wohnt. Hat er nichts dagegen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Salman ist tolerant. Er weiß, dass ich Freunde brauche und er hat mir versprochen, sich um alles zu kümmern. Er wird eine Zeit lang in Berlin bleiben, bis es mir besser geht.“
Marek blickte auf seine Hände, dann antwortete er: „Auch ich hätte mich um alles kümmern können, das weißt du!“ Leichter Vorwurf war aus seiner Stimme zu hören. „Ich brauche Euch jetzt beide!“, sagte ich mit fester Stimme und sah ihn dabei eindringlich an. Marek nickte.
Doch ich fühlte, dass er eifersüchtig war und nicht verstehen konnte, dass ich nach Salman gerufen hatte. Er war Muslim und für Marek waren Muslime zu sehr in ihrem Glauben verankert und die Vorschriften Mohammeds erschienen ihm völlig unsinnig. Doch das war jetzt wirklich völlig unwichtig. Ich hoffte, er würde das irgendwann verstehen.
18. Kapitel
Mein neues Krankenzimmer war zwar freundlicher als die Intensivstation, doch ich fühlte mich trotzdem nicht wohl. Die häufigen Besuche der Schwestern, die immer dann hereinkamen, wenn ich einschlafen wollte, gingen mir schrecklich auf die Nerven. Auch die täglichen Besuche meiner Mutter waren immer wieder Anlass für Aufregung und Tränen. Ich war deshalb sehr erleichtert, als mir der Chefarzt am Wochenende mitteilte, dass ich das Krankenhaus am Montag verlassen durfte. Eine Nachuntersuchung hatte nicht mehr stattgefunden. Er erklärte mir nur kurz, dass ich ab sofort eine ganze Reihe Medikamente einzunehmen hatte, darunter auch Morphiumtabletten, die ich nach Bedarf einnehmen durfte. Als ich ihn befragte, ob es nicht zu einer Abhängigkeit kommen konnte, lächelte er milde und sagte: „In ihrem Fall ist das nicht relevant. Die Schmerzen werden stärker werden und diese Tabletten“, er zeigte mit dem Finger auf die angebrochene Packung“, werden ihnen am Anfang gute Dienste leisten. Später wird es nötig sein, über eine Sonde Schmerzmittel einzuleiten. Aber vorerst sollte das genügen.“
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Ich fühlte im Moment keine Schmerzen. Der Tropf war schon seit zwei Tagen abgeklemmt und ich nahm nur ein paar Tabletten ein. Eigentlich hätte ich noch weitere Fragen gehabt, aber die Aussicht, dass die Schmerzen schnell wieder stärker werden könnten, versetzten mich in Panik. Von einer weiteren Operation war inzwischen auch keine Rede mehr gewesen. Ich wurde einfach entlassen.
Ich rief Salman an. Er war schon kurz danach da und wir packten meine paar Sachen zusammen. Eigentlich hätte ich noch bis zum Montag warten sollen, aber ich unterschrieb einen Zettel, auf dem ich erklärte, dass ich auf eigenen Wunsch die Klinik verließ. So ließ man mich gehen.
Zuhause angekommen, ging ich erst einmal ins obere Stockwerk und legte mich auf mein Bett. Ich hatte zittrige Knie, nur vom Ein- und Aussteigen aus dem Auto und mein Kopf fühlte sich leer an. Salman kochte mir fürsorglich einen Tee und setzte sich zu mir ans Bett. Er sagte: „Ruh dich jetzt aus, denn ich werde einkaufen gehen und uns ein schönes Couscous kochen, damit du schnell wieder zu Kräften kommst.“
Ich wachte erst wieder auf, als ich im Erdgeschoss Stimmen hörte. Salman war zurückgekehrt und hatte Frau Koch mitgebracht. Sie kam an mein Bett und ihre leise Stimme klang wie von fern, als sie sagte: „Wir sind alle so froh, dass du wieder daheim bist. Du musst nur sagen, was du dir zu essen wünscht und alle in der Hotelküche werden sich freuen, dir jeden Wunsch zu erfüllen. Ich setzte mich auf und bedankte mich bei Frau Koch, die wie immer adrett aussah, mit ihrem weißen Kragen und der Hochsteckfrisur. „Deine Mutter ist heute in der Stadt, um Möbel für die Suite im zweiten Stock zu kaufen. Eigentlich hätte sie das gerne mit dir zusammen getan, aber die Zeit drängt, denn wir haben schon Buchungen.“ Sie sah mich entschuldigend an. Ich nickte nur und antwortete: „Sie hat einen guten Geschmack und braucht mich nicht dazu. Außerdem geht sie gerne einkaufen im Gegensatz zu mir.“ Frau Koch lächelte und sagte: „Ja, das war schon immer eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen.“
Ich spürte, wie mich die Unterhaltung anstrengte, es fiel mir schwer, mich auf eine lockere Konversation zu einzulassen, denn meine Gedanken waren wo ganz anders. Frau Koch schien zu bemerken, dass ich noch zu schwach war, mich weiter
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